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Pressestimmen von Samstag, 26. Juli 2003

Siegfried Scheithauer25. Juli 2003

Pannen bei US-Geheimdiensten vor dem 11. September/ Veröffentlichung der Fotos getöteter Saddam-Brüder/ Gesundheitsreform belebt Debatte um Bürgerversicherung

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Die Leitartikler der deutschen Tagespresse beschäftigen sich ausführlich mit dem Washingtoner Untersuchungsbericht über die schweren Pannen bei den US-Geheimdiensten vor den Terroranschlägen vom 11. September, aber auch mit der Veröffentlichung der Fotos von den getöteten Saddam-Brüdern durch die USA.

Die BERLINER ZEITUNG schreibt zur Debatte über ein Versagen der amerikanischen Agenten:

"Die Vorstellung, dass die viel bewunderten Profis von CIA und FBI zu naiv waren, um den Plan der Terroristen aufzudecken, ist deprimierend. In dem Bericht sind vor allem die Seiten geschwärzt, in denen sich die Kommission mit der Rolle Saudi-Arabiens auseinander setzt. Die Bush-Regierung hat die Erkenntnisse unter Verschluss gesetzt und niemand wird erfahren, ob die Regierung in Riad die Attentäter finanziell unterstützt hat."

Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE richtet ihr Augenmerk auf die Beurteilung Saudi-Arabiens:

"Es sind die geschwärzten Passagen in dem Bericht des Kongresses über das, was CIA und FBI vor dem '11. September' gewusst und was sie unterlassen haben, was amerikanische Politiker an die Decke gehen lässt. Hat es eine saudische Komplizenschaft gegeben, deren Linien so weit nach oben führen, dass daraus politischer Sprengstoff wird? Heute hält man es wieder mit dem Partner in Riad, den man, gewiss auch aus Selbstschutz, nicht bloßstellen will (...). Die Stabilisierung des Iraks kommt nicht voran, der Neuordnungsimpuls kann sich gegen Alltags-Chaos und Polit-Desperados kaum durchsetzen", meint die FAZ.

Hohe Wellen schlug auch die Propaganda-Politik der USA in Bagdad und der Einsatz der Saddam-Fotos. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München kommentiert:

"Eines ist gewiss: Wenn sich der Schau-Effekt im Show-Effekt erschöpft, dann wird der tote Mensch zur Sache degradiert, dann wird die Menschenwürde verletzt. Das Vorführen getöteter Feinde zum Ergötzen der Gaffer, zur eigenen Erhöhung oder zur Erniedrigung der Gegner muss also unterbleiben - ob es um Helden wie Hector oder um Mörder wie Saddams Söhne geht."

Der BERLINER KURIER bringt in Erinnerung:

"Noch vor kurzem empörte sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld lauthals, dass die Iraker es wagten, Fotos von getöteten US-Soldaten zu veröffentlichen. Ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konvention sei das, tönte es aus dem Weißen Haus. Doch plötzlich präsentiert Rumsfeld Bilder der getöteten Saddam-Söhne wie Jagdtrophäen. Eine öffentliche Zurschaustellung, die zeigt, wie verzweifelt die US-Regierung ist. Wahrscheinlich haben die Amerikaner sogar ein Eigentor geschossen - wenn die Brüder posthum zu Märtyrern werden." Breiten Raum nimmt bei den Meinungsmachern weiterhin das Tauziehen um die künftige Sozialversicherung in Deutschland ein:

So wundert sich die PFORZHEIMER ZEITUNG:

"Als hätte es die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition um Eckpunkte des neuen Gesundheitswesens gar nicht gegeben, taucht nun, nachdem die Verhandlungsführer nach Hause gegangen sind, plötzlich wieder ein längst in der Versenkung geglaubtes Gespenst wieder auf: die Bürgerversicherung. Warum, fragt sich der Bürger, wurde denn nicht gleich über den Systemwechsel - was die Bürgerversicherung ist - verhandelt? Warum nicht in dieser großen Koalition wirklich Nägel mit Köpfen gemacht und ein Zukunfts-Fahrplan entworfen? Die Gesellschaft, das untermauern Umfragen seit Monaten, ist zu Einschnitten und echten Reformen bereit. Die Politik offenbar nicht."

Ähnlich sieht es die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz:

"So schnelllebig und rücksichtslos kann Politik sein. Da lobten zu Wochenanfang Gesundheitsministerin Schmidt und CSU-Vize Seehofer den nach allen Regeln der politischen Kunst austarierten Kompromiss zur Gesundheitsreform als eine der größten sozialpolitischen Taten. Doch nur wenige Tage später ist offensichtlich: Der parteiübergreifende Kraftakt war nicht mehr als ein Fingerhakeln. Entscheidend ist die Frage des künftigen Systems. Endlich ist die Debatte an diesem Punkt angelangt. Denn längst ist offensichtlich, dass sich die Gesetzliche Krankenversicherung in der jetzigen Form nicht halten lässt."

Die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN winken bereits ab:

"Irgendwie erinnert es an das Märchen vom süßen Brei. Das Wort Bürgerversicherung wurde ausgesprochen. Und nun quillt es und quillt es und will gar nicht mehr aufhören. (...) Doch Ineffizienz und Bürokratie werden damit nicht geschmälert. Im Gegenteil."