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Pressestimmen von Samstag, 23. Oktober 2004

Helmut Schmitz22. Oktober 2004

Union-Streit / Eigenheimzulage / Russland-Klimaschutz

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Zentrales Thema der Kommentare der deutschen Tagespresse ist an diesem Samstag der Streit innerhalb der CDU/CSU über die Gesundheitspolitik. Kommentiert wird auch der mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen gefasste Bundestagsbeschluss, die Eigenheimzulage abzuschaffen.

Zur unionsinternen Debatte schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Wenigstens für einen Punkt muss man die Union loben. Sie ist nicht langweilig. Bisher galt im Berliner Polit-Betrieb die Regel: Keiner kann einen Streit in den eigenen Reihen so gut inszenieren wie Rot-Grün, man denke an die quälenden Debatten über die Afghanistan-Einsätze. Inzwischen aber haben CDU und CSU von der Koalition gelernt, wie das Ringen um die Gesundheitspolitik zeigt. Parteichefin Angela Merkel kämpft um ihr Image als Radikalreformerin, Edmund Stoiber für das Soziale in der Union und fast die gesamte CDU gegen Horst Seehofer, weil dieser als Buhmann gilt, was wiederum in der CSU Solidaritätsbekundungen mit dem Gescholtenen auslöst. Schade nur, dass der wichtigste Punkt weiter unklar ist - die Sache selbst.'

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es:

'Die Zwischenbilanz im innerkonservativen Gesundheitsgerangel lautet dennoch: es geht wieder einmal vorwiegend um personelle Machtansprüche. Und genau deshalb haben die Bayern am Ende nur eine Alternative: einem Konsens zuzustimmen, der nach "Pauschale soft" klingt, ohne den Staat vollends zu ruinieren, wie vage dies letztlich auch im Detail formuliert werden wird. Nur: Dahinter wird immer deutlicher, wie sehr in der Union auch nach sechs Oppositionsjahren ein politischer Kompass fehlt, der die Grundrichtung anzeigt.'

Die AACHENER ZEITUNG meint:

'Wüst wird Seehofer von CDU-Größen wie Peter Rauen und Hildegard Müller beschimpft. Rauen nennt ihn gar einen Nestbeschmutzer. Aha. Das hat in vielen Jahren keiner mehr gesagt. Aber oft war das in der Union gemeint, wenn Parteifreunde ausgegrenzt und beargwöhnt wurden: Richard von Weizsäcker wegen seiner Position zur Ostpolitik der sozialliberalen Koalition, Herbert Gruhl wegen seiner richtigen Ansätze in der Umweltpolitik, Kurt Biedenkopf wegen seiner frühen Festlegung für die Grundrente, Heiner Geißler wegen seiner klugen Thesen über die multikulturelle Gesellschaft. So gesehen befindet sich Horst Seehofer in einer ehrenwerten Runde. Manchmal kommt es stark darauf an, wer einen beleidigt. Dann ist sogar der ungeheuerliche Nestbeschmutzer-Vorwurf am Ende eine Auszeichnung.

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER befasst sich mit der Eigenheimzulage:

'Es wird Zeit, dass sich die Opposition einen Ruck gibt. Die Eigenheimzulage ist eines der Instrumente aus der Vergangenheit, deren Tage zu Recht gezählt sind. Das alles weiß auch die Opposition. Sie sagt es nicht laut, aber der bisherige Widerstand gegen das Streichen der Eigenheimzulage speist sich nicht so sehr aus Sorge um die Nöte des kleinen Mannes. Das Geld soll vielmehr erst dann wegfallen, wenn es um die Gegenfinanzierung einer grundlegenden Steuerreform geht. Doch diese große Steuerreform gibt es bislang nur auf dem Papier.'

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock bemerkt:

'Die verbissen parteipolitisch geführte Debatte um das Für und Wider der Eigenheimzulage offenbart auch einige Denkblockaden. So weigert sich die Union, im Bunde mit der FDP, anzuerkennen, dass der bisherige Zuschuss überlebt ist. In Zeiten, da hunderttausende Wohnungen leer stehen - und zwar nicht nur in unattraktiven Plattenbauten - machen weitere milliardenschwere Finanzspritzen an Häuslebauer volkswirtschaftlich keinen Sinn. Die Union sollte endlich den Mut finden, diese lieb gewordene Subvention auslaufen zu lassen.'

Abschließend die NÜRNBERGER NACHRICHTEN zu der Ratifizierung des Klimaschutzprotokolls durch das russische Abgeordnetenhaus:

'Immerhin ist Russland jetzt mit im Boot und hat den Weg freigemacht: Das Abkommen von 1997 kann schon bald völkerrechtlich verbindlich in Kraft treten. Es ist ein wichtiger, aber dennoch nur halbherziger erster Schritt. Zum einen, weil die größten Verschmutzer - neben den USA auch Australien und das Schwellenland China - draußen bleiben. Zum anderen, weil die Reduktionsziele sehr tief gesteckt sind. Die angestrebte Verminderung von Treibhausgasen wird den drohenden Klimawandel keinesfalls bremsen, sondern allenfalls verzögern.'