1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 18. Oktober 2003

Eleonore Uhlich18. Oktober 2003

Bundestagsabstimmung zu Arbeitsmarktgesetzen

https://p.dw.com/p/4D0R

Die Bundestagsabstimmung über die neuen Gesetze zur Reform des Arbeitsmarkts steht im Mittelpunkt der Kommentare deutscher Tageszeitungen an diesem Samstag.


Zunächst der Bonner GENERAL-ANZEIGER:

'Gerhard Schröder hat es geschafft. Seine Koalition brachte mehrfach die eigene Mehrheit auf die Waage. Dass dies zu erwarten war, ändert nichts daran, dass es dazu erheblicher Anstrengungen der rot-grünen Fraktionsführungen und des Kanzlers selbst bedurfte. Einmal mehr hatte Schröder mit Rücktritt gedroht und seinen Kritikern Zugeständnisse machen müssen. Ein Kraftakt also. Aber keineswegs der entscheidende Durchbruch.'

Der BERLINER KURIER meint:

'Ende gut - alles gut. So hätte es Bundeskanzler Gerhard Schröder gern. Doch der knappe Abstimmungssieg gestern war nur eine von vielen Hürden, die noch zu nehmen sind. Und diese Hürden werden von der Opposition und auch den Gewerkschaften immer höher gelegt. Was also soll Schröder tun? Der einzige Rat kann nur heißen: Auf Sanierungskurs bleiben, auch wenn es hart sein wird. Denn ohne die 'Agenda 2010' wird Deutschland noch tiefer in die Krise rutschen.'

Auch die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG geht auf den Kanzler ein:

'Das Problem von Schröder ist, dass die Menschen bei dem Wust an Gesetzentwürfen, Zugeständnissen, Kompromissen und Papieren gar nicht mehr wissen, um was es genau geht. Nur eines haben sie verstanden, dass der Kanzler ihnen etwas wegnehmen will. Deshalb laufen sie der SPD in Scharen davon. Deshalb sind seit dem Amtsantritt von Schröder 100 000 Menschen aus der SPD ausgetreten. Wenn erst einmal alle Reformen beschlossen sind, geht es aufwärts. Dann wird alles gut. Glaubt der Kanzler. Aber damit dies gelänge, dafür müsste der SPD-Vorsitzende den Menschen die Angst vor Veränderungen nehmen. Er müsste ihnen Mut machen. Aber das ist Schröder nicht gelungen, auch weil er den Eindruck vermittelte, als ginge es vor allem um seine Person.'


Die FRANKFURTER RUNDSCHAU analysiert:

'Das ist keine gute Ausgangslage zu Beginn der zweiten Hälfte des Entscheidungsprozesses rund um die Agenda 2010. Jetzt steht bis Weihnachten die Phase bevor, in der die Opposition die Schlüsselrolle hat. Wo die Regierung im Bundesrat die Union braucht, bei allem Finanzrelevanten, speziell Steuern, wird es immer schwerer, ein Ergebnis zu erreichen, in dem Rot-Grün die eigenen Vorwahlziele noch halbwegs wiedererkennen könnte. Denn die Neigung bei CDU und CSU sinkt, dem Kanzler Geschenke zu machen. Weniger wegen der Inhalte, vor allem aus Machtkalkül.'


Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG meint:

'Man kann CDU und CSU nicht die Erinnerung daran ersparen, dass es die Kohl-Regierung war, die sich bei den Ost-Renten oder im Zuge der Familienpolitik hemmungslos aus der Rentenkasse bedient hat. Was erheblich zur heutigen Malaise beigetragen hat. Nun wird auch die daraus resultierende Verantwortung die Merkel, Merz und Stoiber nicht bewegen, daran mitzuarbeiten, wie man das Finanzloch schließt. Das wird Rot-Grün am Wochenende allein erledigen müssen.'


Auch die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle geht auf die Opposition ein:

'CDU und CSU haben genügend Möglichkeiten, die rot-grüne Koalition in die Bredouille zu bringen - durch Kooperation. Nahezu alle Reformen, die gestern im Bundestag verabschiedet wurden, müssen in den Bundesrat. Dort und im Vermittlungsausschuss kann die Union die Gesetze in ihrem Sinne verändern. Schließlich kann die Union warten, bis ihr die Regierungsgewalt wie eine reife Frucht in den Schoß fällt. Die Zeit arbeitet für sie.'

Optimistisch außert sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'Schröder hat immerhin den kleinen Vorteil, dass die Union insgesamt nicht in der Verfassung ist, in nächster Zeit die Regierung übernehmen zu können. Was dem Ansehen der Regierung nützen würde, wäre eine vorübergehende Einstellung des Kampfes "wir gegen uns". Auch eine Kabinettsumbildung ist mehr als erwägenswert, weil einige Minister und Staatssekretäre zu wahrnehmbar nach Misserfolg riechen. Sollte dieser Kanzler auch nach Weihnachten noch regieren, wäre es allemal Zeit für einen neuen Anfang, empfiehlt die SÜDDEUTSCHE, mit der wir diese Presseschau beenden.