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Pressestimmen von Samstag, 13.Juli 2002

Roswitha Schober12. Juli 2002

Entwurf der Union zur Arbeitsmarktreform / AIDS-Konferenz in Barcelona / Stasi-Unterlagengesetz

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Vorrangiges Kommentarthema der Tageszeitungen ist an diesem Samstag die "Offensive 2002", das Konzept der Union zur Arbeitsmarktreform.
Beachtung finden auch die zu Ende gegangene AIDS-Konferenz in Barcelona und die Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU siedelt die Antwort der Union auf das Hartz-Papier an zwischen 'zu vage' und 'unglaubwürdig'. Das für die Reform notwendige Geld konterkariere Stoibers Ziel der Konsolidierung der Haushalte. Der Kommentator schreibt weiter:

"Und wer diese 'Offensive 2002' gar an der Dimension des zu lösenden Problems misst, dem fällt rasch der Kleinmut auf, der in dem Konzept steckt. Nein, auch mit ihrer neuen Initiative konnten die Konservativen den Schröder- Gefolgsmann Peter Hartz nicht aus dem Zentrum der Arbeitsmarktdebatte vertreiben."

Auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hat Zweifel an der Finanzierbarkeit der Vorschläge und führt aus:

"Jetzt verspricht Stoiber eine Arbeitsmarkt-Offensive für mehrere Milliarden Euro. Die Finanzierungsfrage wird noch spekulativer beantwortet: Rückflüsse aus der EU, Privatisierungserlöse und Haushaltsumschichtungen. Das sind, mit Verlaub, Luftbuchungen. Wo sollen bei der jetzigen Kapitalmarktlage Privatisierungserlöse herkommen?"

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hält Stoibers Offensive für umfassender als die anderen Konzeptionen und meint:

"In Stoibers Konzept bildet der Hinweis, dass es einen
'millionenfachen Mangel' an Arbeitsplätzen gebe, einen der beiden Pole der Diagnose wie der Therapie. Der andere Pol ist natürlich die Flexibilisierung des Arbeitsrechts und der Vermittlungsverfahren. Die Union sucht mit ihrer Lösung an beiden Seiten anzusetzen und dennoch oder gerade dadurch wohlfeilen Vorwürfen vorzubauen, sie sei entweder
wirtschaftsfeindlich oder unsozial."

Die BERLINER ZEITUNG bescheinigt den Vorschlägen der Union Glaubwürdigkeit und fragt:

"Warum haben Stoiber und Späth die Nase vorn? Das Programm, das sie gestern vorstellten, enthält die Gründe: Im Zentrum steht nicht die Vermittlung (SPD), sondern das Schaffen von Arbeitsplätzen. Investition, nicht neue bürokratische Tricks. Förderung des Mittelstandes: Dort gibt es Arbeit, während die Großindustrie immer mehr Arbeit durch Maschinen ersetzt. Stoiber und Späth vermeiden utopische Staatsversprechungen. Was sie sagen, dient nicht den Bossen, sondern den Arbeitnehmern."

Themenwechsel. Zur Welt-AIDS-Konferenz in Barcelona schreiben die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN:

"Auf den Wohlstandsinseln ist die Behandlung der HIV-Erkrankten weitgehend gesichert. Sie können auf Medikamente zurückgreifen, die inzwischen meist ihr Leben erhalten. 98 Prozent der Kranken in der dritten Welt haben diese Chance nicht. Absurd, denn Medikamente sind vorhanden, aber sie kommen nicht an, wo sie gebraucht werden. Auch weil sie mit 10.000 Euro pro Jahr und Kopf zu teuer sind. Abhilfe kann jetzt nur ein globales Bündnis schaffen, eine Allianz gegen den Tod."

Die WESTFALENPOST hält Medikamente und Aufklärung nach den vielen Jahren Kampf gegen AIDS noch immer für gleichrangig und kommentiert:

"20 Millionen Menschen sind weltweit bereits gestorben, mindestens 40 Millionen infiziert. Und was die Industriestaaten für die Dritte Welt tun, ist lächerlich. Dabei können Medikamente die HIV- Übertragung von Mutter auf Kind ziemlich sicher ausschließen. Dabei könnten Projekte zur Gesundheitserziehung und zur Förderung der sexuellen Selbstbestimmung junger Frauen unzählige Leben retten. Und bei uns? Es gibt weniger Geld für Safer-Sex-Kampagnen und die soziale Arbeit der Aids-Hilfen. Bei deutschen Jugendlichen geht der Gebrauch von Kondomen zurück. Aids? Kein Thema."

Zum Schluss noch eine Meinung zum Stasi-Unterlagengesetz, das den Bundesrat passiert hat und damit in den kommenden Wochen in Kraft treten kann. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG schreibt:

"Die Bundesrepublik wird nun vermutlich das Novum der Klage eines Ex-Kanzlers gegen ein von ihm als Regierungschef gebilligtes Gesetz vor dem Verfassungsgericht erleben. Auf die Argumentation darf das Publikum gespannt sein. Kernstück der Novelle ist die nochmalige Stärkung des Opferschutzes dergestalt, dass die Behörde bei der Herausgabe ausdrücklich prüfen muss, ob die Stasi die Informationen durch Verletzung der Menschenrechte erlangte. Hier hat das Gesetz zweifelsfrei eine Verbesserung erfahren - wenngleich das einige leugnen. Die offene Frage ist, ob Karlsruhe das reicht. Zu wünschen ist es allemal."