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Pressestimmen von Samstag, 12. April 2003

zusammengestellt von Peter Wagen. 11. April 2003

Irak: Aktuelle Lage und Wiederaufbau/ Ladenschluss

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Samstag vor allem mit dem Thema Irak. Ein weiteres Kommentar-Thema ist die Novellierung des Ladenschluss-Gesetzes.

Zum Irak schreibt der EXPRESS aus Köln:

'Es sind abstoßende Bilder: Überall in den von den Alliierten eroberten Städten gehen Irakis auf Beutezug - Männer, Frauen jeden Alters, selbst Kinder. Ohne Rücksicht wird geplündert. Ist das die neue Freiheit? Es ist schon paradox, wie aus Opfern über Nacht Diebe werden, die sich selbst in Kliniken schamlos bedienen und offene Rechnungen begleichen. Das Schlimme daran: Die Besatzer schauen tatenlos zu, obwohl es laut Genfer Konvention ihre verdammte Pflicht wäre, diese Anarchie umgehend zu stoppen. Stattdessen wirken sie wie Eroberer vergangener Zeiten, die nach Siegen die Emotionen der Beutegierigen bedienten. Was nützen Bushs Versprechen einer besseren Zukunft für den Irak, wenn seine Kommandeure zulassen, dass mit dem Ende des Unrechtsstaates sogleich massenhaft neues Unrecht begangen wird? So schürt man nur neuen Hass. Die Opfer von heute werden die Täter von morgen sein.'

Zum Wiederaufbau des Irak meint der Kommentator der STUTTGARTER NACHRICHTEN:

'In der deutschen Außenpolitik muss jetzt wieder diplomatisches Augenmaß die halsstarrige Maßlosigkeit ersetzen. Natürlich ist es richtig, wenn sich Berlin für eine entscheidende Rolle der Uno beim Wiederaufbau im Irak stark macht. Auch Amerika ist daran gelegen, wenn seine Nachkriegsaktionen den Uno-Stempel der Zustimmung tragen. Doch es wäre fatal, wenn Deutschland deshalb in einer Verbindung mit Russland und Frankreich erneut eine kompromisslose - und weltfremde - Haltung gegenüber Washington einnehmen würde.'

Im KÖLNER STADT-ANZEIGER heißt es:

'Chirac, Schröder und Putin wissen, dass sie derzeit schlechte Karten haben, schlechtere jedenfalls als Bush und Blair. Trotzdem werden sie sich darum bemühen, dass der Irak nicht zur Startpiste für amerikanische Hegemonialpolitik, Öl-Dominanz und Umerziehungsversuche in der ganzen Region wird. Auf Totalverweigerung verzichteten die Petersburger Drei. Bush hätten sie damit nicht besonders beeindruckt und letztlich der irakischen Bevölkerung geschadet. Denn gegen den Willen der Amerikaner läuft an Euphrat und Tigris vorerst nichts.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in München meint:

'Schröder muss innenpolitisch aufpassen: Der Respekt, den er sich erworben hat mit seiner standfesten Haltung gegen den Krieg, die ihm viele nicht zugetraut hatten, ist schnell wieder verspielt. Er ist aber das einzige Pfund, mit dem der Kanzler wirklich wuchern kann. Eine konsequente deutsche Haltung sähe so aus: So viel technische und medizinische Hilfe in den Irak zu schicken, wie nur irgend geht und so bald es nur irgend geht, ... aber ansonsten abzuwarten; ein Buhlen um Aufträge für die deutsche Wirtschaft ist angesichts der Geschichte des Irak-Krieges nur peinlich und ohnehin nicht erfolgversprechend.'

Themenwechsel. Zu den neuen Ladenöffnungszeiten schreibt das in Baden-Baden erscheinende BADISCHE TAGBLATT:

'Von daher ist die Gesetzesänderung ein Schritt in die richtige Richtung. Weil sie auf Flexibilität und Kreativität statt auf staatliche Regulierung setzt. Allerdings ist sie nicht konsequent. Denn es gibt einen regional und branchenspezifisch sehr unterschiedlichen Bedarf. Und dem würde man sicher besser gerecht werden können, wenn man die Regelung den Ländern oder gar Regierungsbezirken überließe.'

Die FULDAER ZEITUNG sieht es so:

'Ein kleiner Schritt, kein großer Sprung. So hat Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust das Ergebnis bewertet. Und er hat Recht. Zwar ist der Ansatz von Wirtschaftsminister Clement, die Daumenschrauben des Gesetzgebers zu lockern, durchaus der Richtige. Es ist aber nicht einzusehen, warum dieser Schritt nur halbherzig erfolgte. Denn was spricht dagegen, die Gesetze des Marktes wirken zu lassen und eine völlige Freigabe des Ladenschlusses - zumindest von Montag bis Samstag - zu beschließen? Andere Länder wie beispielsweise die USA machen es vor und lassen die Geschäftsleute selbst entscheiden, wann und ob sie ihre Läden schließen. Das hat eben nicht zu einer massiven Mehrbelastung der vorhandenen Arbeitnehmer geführt. Da seit April die Regelung der Minijobs in Deutschland gilt, hätte eine mutigere Liberalisierung Signalwirkung für diesen Teil des Arbeitsmarktes haben können.'