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Pressestimmen von Samstag, 01. November 2003

Marko Langer31. Oktober 2003

Jukos-Affäre in Moskau / Steuerkonzept der CDU / Hohmann und der Antisemitismus

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Die Vorgänge um den russischen Ölkonzern Jukos und die Ablösung des Stabschefs im Kreml sind eines der bestimmenden Kommentarthemen. Die Zeitungen beschäftigen sich außerdem mit dem Steuerkonzept der CDU und mit den Äußerungen des christdemokratischen Abgeordneten Hohmann.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt über die Ereignisse in der russischen Hauptstadt:

"In der Bewertung der Vorgänge im Kreml in der explosiven Yukos-Affäre fällt es schon ins Gewicht, dass Präsident Putin Gefolgsleute aus Sankt Petersburg im Zentrum der Macht in Moskau plaziert. Das ist 'Putins Weg'. Auf ihm wird jetzt der neue Stabschef Medwedjew ganz vorne marschieren."

In der Zeitung DIE WELT heißt es:

"Putin hat ein autoritäres Regime installiert, in dem nicht Exekutive, Legislative und Judikative, sondern der Geheimdienst FSB die entscheidende Rolle spielt. Rechtsstaat und Marktwirtschaft sind diesem Regime gleichgültig, wenn es um die Macht geht. Auf diese Weise ist Russland dabei, weitere Jahre sein enormes Potenzial zu verspielen. Das Land, das reich an Rohstoffen, Raketen und Reaktoren ist, bleibt ein Risiko für den Rest der Welt."

Zum Machtkampf mit Konzernchef Chodorkowski bemerkt DER TAGESSPIEGEL aus Berlin:

"Putin bekämpft Chodorkowski erst offen, seitdem es heißt, dass der politische Ambitionen habe. Ist also die Demokratie gefährdet? Darauf kann man nur mit einer Gegenfrage antworten: welche Demokratie? Russland ist keine Zivilgesellschaft, Putin selbst bezeichnet das System als gelenkte Demokratie. Der Rechtsstaat ist gelenkt und die Wirtschaft ist es auch. Zumindest wenn es um machtrelevante Branchen wie Öl, Banken und Medien geht. Da hat sich der Kreml stets vorbehalten, jederzeit einzugreifen."

Ins Inland. Das Steuerkonzept des stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Merz, wird vom KÖLNER STADT-ANZEIGER gelobt:

"Politisch hat es das Zeug zum Befreiungsschlag. Der Arbeitsmarkt erhält Impulse, weil kleine Einkommen wieder von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe unterscheidbar sein dürften. Von hier aus kann man weitere Reformen anpacken. Und weil die so dringend sind, darf sich die Union die Merz-Idee nicht als Trumpf für die Bundestagswahl 2006 aufheben. Vielmehr muss sie schon bald vorangetrieben werden - am besten parteiübergreifend. Dann ist auch die Chance am größten, das Geschrei der Lobbyisten nach Sonderregeln und Ausnahmen von Anfang an zu ignorieren."

Bedenken hat dagegen die TAGESZEITUNG aus Berlin:

"Spätestens bei der Umsetzung wird schnell das Geschacher um jede kleine Pauschale losgehen. Merz selbst geht mit schlechtem Beispiel voran: So sieht der Christdemokrat vor, dass die Kirchensteuer, bei der es sich ja streng genommen um einen Mitgliedsbeitrag handelt, nach der Reform von der Steuer absetzbar bleiben soll. In der Theorie ist der Vorschlag von Merz ein guter Plan. In der Praxis aber könnte er sich schnell als technokratisches Monster entpuppen."

Zu den Äußerungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann ist in der NEUEN PRESSE aus Hannover zu lesen:

"Wie aus einem rechten Guss präsentiert sich der stramme Major der Reserve - und das eben nicht erst seit gestern. Völlig unverständlich, dass dieser Mann Berichterstatter der Unionsfraktion für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter werden konnte. Mehr als merkwürdig, dass der Rechtsaußen erst jetzt blankes Entsetzen bei seinen Parteikollegen auslöst. Hat ihm zuvor etwa niemand zugehört? Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass Hohmann kein unbedarfter Hinterwäldler ist, der sich ein bisschen vergaloppiert hat."

Und die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock fragt:

"Hat Hohmann nur laut das gesagt, was seine Zuhörer dachten? Im Grunde seien die Juden für Verbrechen der Stalin-Zeit verantwortlich. Von da aus ist es nur ein kleiner Schritt bis zur Geisteshaltung alter und neuer Nazis. Es müsste im christdemokratischen Interesse liegen, sich von solch braunstichigen Abgeordneten zu trennen."