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Pressestimmen von Montag, 5. Juli 2004

Annamaria Sigrist 4. Juli 2004

Neue Linkspartei / Streit um Reformen

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit deutscher Innenpolitik. Thema sind die Gründung der neuen Linkspartei und der Reformkurs der Bundesregierung.

Zur Linkspartei schreibt die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel.

"Die Sozialdemokraten haben in der Tat schwer zu tragen an den Reformen, die ihnen die Agenda 2010 aufbürdet. Und die Partei ächzt vernehmlich unter der Bürde, zumal sie das Gefühl hat, es gehe nicht gerecht zu und nur sie und ihre Klientel müssten alle Lasten schultern. Folglich ist die Stimmung an der Basis schlecht, sie schwankt zwischen Resignation und Empörung. Die Wahlalternative will sich dies zu Nutze machen, will die Enttäuschten und Abgewanderten aufnehmen. Dabei setzt sie bislang auf die gebräuchlichen Mittel aller Populisten: Viele Versprechungen und wenig Finanzierungsaussagen; massive Kritik und kaum tragfähige Alternativen."


Die BERLINER ZEITUNG meint:

"Nach außen demonstrieren Schröder, Müntefering und Genossen Gelassenheit, wenn sich jetzt langjährige Mitglieder in einem Verein zusammenfinden, aus dem schon im Herbst eine neue, linke Partei werden könnte. Bisher handelt es sich um eine Initiative von Namenlosen aus der zweiten und dritten Reihe der Politik - und der Gewerkschaften! Trotzdem herrscht hinter den Kulissen Alarmbereitschaft."


Auch die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam gibt der neuen Linkspartei wenig Chancen.


"Die wirtschaftliche Stagnation geht ins vierte Jahr, die etablierten Parteien haben sich in der Reformdebatte zerrieben und massiv an Vertrauen verloren. Das Feld scheint beackert für Verführer jeglicher Couleur, die einfache Antworten auf komplizierte Fragen bieten. Ideale Voraussetzungen, könnte man meinen, für eine Neugründung links der SPD. Und doch hat das Projekt wenig Aussicht auf Erfolg. Eine Partei -oder Bewegung-, deren einzige Antwort auf die Reformpolitik 'Weg damit' ist, hat ein ernstes Glaubwürdigkeitsproblem."


Auch die KIELER NACHRICHTEN gehen auf den Reformkurs der Bundesregierung ein.

"Es gehört zu den unerfreulichen Eigenschaften des marktwirtschaftlichen Systems, dass das so dringend benötigte Wachstum eher entsteht, wenn sich die Unterschiede bei Löhnen, Gehältern und staatlichen Zuwendungen vergrößern. Das widerspricht zwar dem Gerechtigkeitsempfinden weiter Teile der Bevölkerung und vor allem dem traditioneller SPD-Anhänger. Es ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Kuchen, von dem alle leben wollen, überhaupt noch wächst. So lange die SPD an der Regierung ist, muss sie sich dieser Realität stellen."


In den STUTTGARTER NACHRICHTEN heißt es:

"Der Kanzler wird derzeit von allen Seiten getrieben. Den Oppositionsparteien gehen seine Reformen nicht weit genug, die Gewerkschaften geißeln die Agenda 2010 als unsozial, und die verunsicherte Wählerschaft kehrt der SPD den Rücken. Die Linke zerfasert, keine Frage. Solange die Erfolge fehlen, bleibt es beim aktuellen Trend: Intrigen, Streit und Niedergang."


Die LANDESZEITUNG LÜNEBURG kann die Kritik an den Reformen wenig nachvollziehen:

"Dass Reformen, die heute sehr wehtun, zur Wohlstandssicherung von morgen entscheidend beitragen können, ist inzwischen kaum noch zu vermitteln. Das im Zusammenhang mit den Reformversuchen am meisten ge- und missbrauchte Wort ist "soziale Gerechtigkeit". Aber im Großen und Ganzen wird in der Bundesrepublik doch nur geklagt und gejammert auf einem Niveau, um das die Deutschen die meisten anderen Länder beneiden."


Abschließend wagt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG einen Rundumschlag:

"Es ist in diesen Tagen offenbar opportun, die Menschen in Panik zu versetzen. Diejenigen, die einen Job haben, sollen für das gleiche Geld mehr arbeiten und auf eine Woche Urlaub verzichten. Denjenigen, die arbeitslos sind, stehen harte Einschnitte und Hausbesuche von Arbeitsamtsschnüfflern bevor. Der Wandel ist bedrohlich - dieser Eindruck entsteht bei den Menschen, weil Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeber sich derzeit lieber selbst oder gegenseitig zerfleischen als gemeinsam Reformen als Chance zu vermitteln."


Soweit die Presseschau.