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Pressestimmen von Montag, 3. Februar 2003

Reinhard Kleber2. Februar 2003

Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen / Absturz der Columbia

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Die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen beherrschen die Kommentarspalten der deutschen Tageszeitungen. Ein weiteres Thema ist der Absturz der US-Raumfähre 'Columbia' und die Folgen.

Zu den Wahlen schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl sind die Deutschen von gewaltiger Wahlreue erfasst. Die Republik wird schwarz und schwärzer. Deutschland sieht im Licht der Landtagswahlen aus wie ein Schokoladenpudding - garniert mit einer dicken roten Kirsche und einer grünen Pistazie. Was den Pudding ziert, ist in der Politik ein Problem. Steuert Deutschland nun auf die Unregierbarkeit zu? Mit den tiefschwarzen Wahlergebnissen in den Ländern wird jedenfalls die rot-grüne Politik der Regierung Schröder scharf konterkariert. Neu sind solche Gegenbewegungen nicht. Neu ist nur ihre Heftigkeit. Im Bundesrat nähert sich die CDU/CSU jetzt der Zweidrittel-Mehrheit."

Die Zeitung DIE WELT meint, das Wahlergebnis sei ein "wirklicher Gewinn, weil es das "Signal zum Aufbruch" sei, und fährt fort:

"Reformkurs statt Zickzackkurs, der Wähler hat entschieden! Der Kanzler, der sich nicht zwischen Traditionalisten und Reformern seiner Partei entscheiden konnte, ist in die richtige Richtung gestoßen worden. Gerhard Schröder ist jetzt zur Generalüberholung des Landes gezwungen. Auch gegen den Widerstand der Gewerkschaften. Denn Rot-Grün ist ab sofort auf die Union angewiesen, im Bundesrat wie im Vermittlungsausschuss. Ob Gesundheitsreform, Arbeitsmarktreform oder Zuwanderung, die Bundesregierung kommt an der Opposition nicht mehr vorbei. Es bleibt nur die Flucht nach vorn: radikale Reformen."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU richtet den Blick vor allem auf den hessischen Wahlsieger Roland Koch:

"Wo selbst sein sozialdemokratischer Vorgänger Hans Eichel noch auf einen grünen Partner angewiesen war, kann Koch nun auf die Unterstützung der FDP verzichten, die diese selbst in schweren Schwarzgeld-Tagen großherzig gewährte. Mit solchem Meisterbrief in der Tasche kann sich der Hesse getrost für künftige Berliner Aufgaben empfehlen. Darum ging es doch im Grunde bei diesen Wahlen, nach denen nicht allein Rot-Grün, sondern auch der Föderalismus als solcher zerschmettert am Boden liegt."

Dagegen hebt die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg die bundespolitischen Aspekte hervor:

"Eine schärfere Ohrfeige hätte es für die Politik von Gerhard Schröder nicht geben können: Gleich zwei Mal wurde die SPD gestern abgestraft wobei man nicht weiß, ob nun Roland Kochs absolute Mehrheit im einst so roten Hessen oder die Abwahl des Schröder- Kronprinzen Gabriel in Niedersachsen den Kanzler mehr schmerzen muss. Die Wähler der beiden Bundesländer haben die Karten jedenfalls neu gemischt. Die Union kann nun über den Bundesrat mitregieren, den Inhalt von Reformen erzwingen."

In der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG schließlich lesen wir:

"Offenbar war den Wählern diesmal klar, dass sie nicht über Krieg und Frieden im Weltmaßstab abzustimmen hatten. Sie wussten aber auch, dass es um mehr ging als die Schulpolitik zwischen Harz und Heide oder die Ausstattung der hessischen Bereitschaftspolizei. Sie verteilten bei diesen Wahlgängen Zensuren über das seit September bundespolitisch Geleistete. Die fielen für Rot-Grün angesichts des Debakels auf dem Arbeitsmarkt und den auf den aktuellen Lohnzetteln leicht nachvollziehbaren Griffen des Staats in die Bürgertaschen
verständlicherweise katastrophal aus."

Abschließend zitieren wir die DRESDNER NEUESTEN NACHRICHTEN zum Columbia-Unglück:

"Mit Sicherheit wird die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit jetzt einige Tage lang von der Frage der Gefahr oder der 'Notwendigkeit' eines neuen Golfkrieges abgelenkt werden. Wie sich das Erleben des Unfalls im Raum auf die Psyche der Nation auswirken wird, kann derzeit niemand voraussagen. Und auch nicht, ob die Regierung von US-Präsident Bush im Windschatten der Zeit der Trauer und des Schocks ihre Kriegsvorbereitungen beschleunigen oder behindern wird. Was sich am Sonnabend über dem Himmel von Bushs Heimatstaat Texas ereignete, ist deshalb nicht nur ein 'technischer Zwischenfall' mit möglichen Konsequenzen für die Zukunft der bemannten Raumfahrt. Die verglühte Columbia mit sieben Menschen an Bord stellt den Lebenden die Frage: Was können, dürfen und sollen wir tun, im All und auf der Erde?"