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Pressestimmen von Montag, 29. November 2004

Barbara Zwirner28. November 2004

Lage in der Ukraine / Aufbau-Ost-Milliarden / Weihnachtsgeschäft

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Die politische Entwicklung in der Ukraine nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl beschäftigt weiterhin die Kommentatoren der deutschen Tagespresse. Im Blickpunkt auch die in die Kritik geratene Verwendung der Milliarden für den Aufbau-Ost.

Die HAMBURGER MORGENPOST schreibt zu den Massenprotesten in Kiew:

"Ein bisschen Staunen darf erlaubt sein: Im Vergleich mit der orange-farbenen Rebellion in Europas zweitgrößtem Flächenstaat war Lenins Oktober-Revolte 1917 ein Laienspiel. Was die Kiewer Opposition da seit Tagen auf die Beine stellt - gratis warme Kost, orange- farbene Textilien und Bustransfer für Tausende sowie die organisierte Müllabfuhr für Parlamentsbelagerer - ist eine organisatorische Meisterleistung. In einem Land, in dem regelmäßig der Strom ausfällt, spielt sich so etwas wie ein Wintermärchen ab. Oder geht es hier nur darum, mit viel Auslandsgeld einen Moskau-hörigen Despoten durch einen West-hörigen zu ersetzen?"

In der AUGSBURGER ALLGEMEINEN lesen wir:

"In pessimistischeren Zeiten sähe man einen Bürgerkrieg heraufziehen, der andere ansteckt. Diese Sorge bleibt. Zum Glück haben sich die Demonstranten, die Politiker vor Ort und die Großmächte in der Krise klug und friedlich verhalten. Hoffentlich geht man nun den einzig vernünftigen Ausweg: eine neue, saubere Stichwahl. Schön wäre ein Juschtschenko-Sieg. Gewönne am Ende aber der Ostler Janukowitsch auf saubere Art, so wäre auch dies ein ideeller Sieg des Westens."

Zur Rolle des russischen Präsidenten Wladimir Putin meint DIE WELT:

"Seit einiger Zeit bemüht sich Präsident Putin darum, die Macht wiederherzustellen, welche die Sowjetunion besaß vor allem im Inneren, aber auch im Äußeren. Während des ukrainischen Wahlkampfes war es fast mit Händen zu greifen: Er will das Land so weit wie möglich zurück ins Reich holen. Sein Vertrauter Jastrschembski bringt es auf den Punkt: Was sich Ende der 80er Jahre in Polen zutrug und in Georgien vor einem Jahr, werde Russland in der Ukraine nicht dulden."

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert:

"Mit der Ukraine werden erstmals seit 15 Jahren auch wieder ernsthaft die Beziehungen zu Russland getestet. Der schlafende Riese, seiner Satellitenstaaten nach dem Fall der Berliner Mauer weitgehend verlustig gegangen, ist aufgewacht. Moskau ist nicht länger bereit, der Erosion seiner Einflusssphäre weiter tatenlos zuzusehen. Präsident Wladimir Putin, der im eigenen Land jede Opposition systematisch ausgehöhlt hat, hat in dem Nachbarstaat von Anfang an unzweideutig Stellung bezogen: Für den Regierungskandidaten Viktor Janukowitsch, der als Vertreter des Ostens und Südostens des Landes weiterhin engste Beziehungen zu Russland garantieren würde."

Zu den Vorwürfen von Finanzminister Hans Eichel, Aufbau-Ost- Milliarden würden zweckentfremdet eingesetzt, merken die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN an:

"Der Verdacht drängt sich auf, dass der Finanzminister mit seiner schlagzeilenträchtigen Initiative vor allem eines im Sinn hat: Von den eigenen Versäumnissen abzulenken. Tatsächlich nämlich hat der Hesse weder Macht noch Möglichkeiten: Die Länder entscheiden selbst, wie sie mit ihrem Geld umgehen. Leider, wie in Berlin und andernorts zu besichtigen, nicht immer zum Wohle der Allgemeinheit."

Und der MÜNCHNER MERKUR resümiert:

"Bundesfinanzminister Eichel beklagt, dass jedes Jahr 10 Milliarden Euro Aufbauhilfe für den Osten Deutschlands nicht investiert, sondern schlicht verfrühstückt und damit zweckentfremdet wird. So viel Frechheit ist atemberaubend. In zweierlei Hinsicht: Die Fehlverwendung gewaltiger Steuermittel ist in der Tat ein Skandal, aber allen Politikern schon lange bekannt...Schon die Regierung Kohl hat augenzwinkernd geduldet, dass der von den Steuerzahlern aufgebrachte 'Soli' zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht wird."

Abschließend ein Blick in die KÖLNISCHE RUNDSCHAU zum diesjährigen Weihnachtsgeschäft:

"Das Weihnachtsgeschäft ist in diesem Jahr unerwartet gut angelaufen. Das ist eine wirklich gute Nachricht. Jedenfalls dann, wenn sich die Daten des ersten Adventwochenendes in den nächsten Wochen zum zuverlässiger Trend erhärten. Offenbar haben sich viele Bürger endlich dazu entschlossen, das Glas nicht länger als halb leer, sondern - für diesmal - als halb voll anzusehen. Offenbar hat sich so mancher Konsument dazu entschlossen, mal etwas zu riskieren. In der Tat wäre dieser Mut genau das, was unsere Volkswirtschaft gerade bräuchte."