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Pressestimmen von Montag, 26. September 2005

Stephan Stickelmann25. September 2005

Regierungsbildung in Deutschland / Porsche-Einstieg bei VW

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Der mühsame Weg zu einer neuen Bundesregierung - er bleibt eines der Hauptthemen der deutschen Tageszeitungen. Viele Kommentatoren beschäftigen sich an diesem Montag aber auch mit dem geplanten Einstieg von Porsche bei VW. Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU blickt auf das politische Treiben in der Bundeshauptstadt, um dann festzustellen: "Berlin brodelt. Eine Woche nach der Bundestagswahl mit ihrem verstörenden Ergebnis vergeht kein Tag ohne neue Theorien, Spekulationen und Prognosen über den Ausgang des Machtpokers. Die Bilanz des Wochenendes: In der CDU schwören die Reservekanzler Roland Koch und Christian Wulff ewige Merkel-Treue. Ferner stellt die Union eine Art Ultimatum an die SPD. Erst wenn die vom Machtanspruch Schröders abrückt, könnten inhaltliche Verhandlungen über eine große Koalition beginnen. Und in der SPD bröckelt die Schröder-Front tatsächlich. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck schloss jedenfalls eine große Koalition ohne Schröder nicht aus."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt allerdings zu bedenken:

"Schröder steht in seiner Partei stabiler da als Merkel in ihrer. Solange die SPD ihn auf dem Schild trägt, wird die Union sie aus Prestigegründen nicht fallen lassen. Sollte aber Schröder vom Schild springen, würde die Union Angela Merkel aus dem Spiel nehmen. Ihr Schicksal hängt also von Schröder ab, die beiden sind eine Schicksalsgemeinschaft. Was im Negativen gilt, gilt aber auch im Positiven: Ein starker Schröder stärkt Merkel. Sie kann sich stabilisieren und aufsteigen, wenn sie sich mit Schröder auf die Aufteilung der Kanzlerschaft einigt."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG in Düsseldorf ist hier allerdings weitaus kritischer gestimmt. Sie resümiert:

"Der Machtpoker um das Kanzleramt hat lächerliche Formen angenommen. Da stellt der glücklose Generalsekretär der CDU, Volker Kauder, der SPD ein Ultimatum - sie darf nur dann auf Verhandlungen über eine Große Koalition hoffen, wenn sie den Anspruch der Union auf den Kanzlerjob akzeptiert. Ebenso wenig überzeugen die SPD und Bundeskanzler Gerhard Schröder. Neuerdings sind nur noch ein Jahr Kanzlerschaft Schröder und drei Jahre Kanzlerschaft Merkel im Gespräch. Vielleicht wird uns bald die Tageslösung angeboten - vormittags Merkel, nachmittags Schröder?"

Und damit Themenwechsel. Porsche will 20 Prozent des stimmberechtigten Kapitals der Volkswagen AG übernehmen. Dazu notiert das in Düsseldorf erscheinende HANDELSBLATT:

"Noch vor einem Jahr wäre das Szenario bei Investoren auf größte Skepsis gestoßen. Zu Recht. Denn der Einstieg hätte die Gefahr in sich getragen, das System VW zu zementieren. Der Konzern erschien damals wie ein gefesselter Riese, der die Zukunft verschläft. Die Situation hat sich aber grundlegend geändert: Alles steht zurzeit auf dem Prüfstand, bislang heilige Kühe werden reihenweise zur Schlachtbank geführt. VW treibt die Umstrukturierung hin zu einem zukunftsfähigen Unternehmen mit einer Dynamik voran, die dem Konzern niemand zugetraut hatte. Dieser Druck wird durch den neuen Großaktionär mit Sicherheit nicht kleiner. Darauf wird mit Porsche- Chef Wendelin Wiedeking einer der erfolgreichsten Manager der Republik, achten."

Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN in Münster ergänzen:

"Ohne den Porsche-Einstieg wäre VW vielleicht schon bald ein verlockender Übernahmekandidat. Die EU-Kommission will schließlich das VW-Gesetz aus dem Jahr 1960 zu Fall bringen. Es verhindert, dass ein Aktionär mehr als 20 Prozent der Stimmen bei der Hauptversammlung auf sich vereinigen kann und das dem Land Niedersachsen mit seinem 18,2-Prozent-Paket eine Vormachtstellung garantiert. Der Porsche- Vorstoß ist also ein Grund für die VW-Mitarbeiter aufzuatmen, denn die Arbeitsplätze werden durch diesen Einstieg sicherer."

Der in Berlin herausgegebene TAGESSPIEGEL warnt die VW-Mitarbeiter allerdings vor zu viel Optimismus und begründet dies wie folgt:

"Eine Aufgabe nimmt auch die Porsche-Lösung dem VW-Konzern nicht ab: Er muss seine Wettbewerbsfähigkeit sichern. Gegen den Einzug der gefürchteten Hedge-Fonds ist er vorläufig gefeit. Gegen den Unmut der Autokäufer, denen die Modelle zu teuer sind, noch lange nicht. Die Sanierungsarbeiten bei VW und die Diskussion über einen möglichen Stellenabbau werden deshalb weiterlaufen - auch mit dem neuen Großaktionär."