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Pressestimmen von Montag, 24. Oktober 2005

Zusammengestellt von Eleonore Uhlich23. Oktober 2005

Union debattiert über Wahlergebnis

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Gegen den Willen von CDU-Chefin Merkel haben Spitzenpolitiker von CDU und CSU den Parteitag ihrer Nachwuchsorganisation benutzt, um eine Debatte über das enttäuschende Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl in Gang zu setzen. Für die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen ist es d e r Anlass für Analysen, Spekulationen und Prophezeiungen.

'War dies ein Besuch bei Parteifreunden oder beim politischen Gegner?', fragt der in Hamm erscheinende WESTFÄLISCHE ANZEIGER und führt aus:

'Was Spitze und Basis der Jungen Union im munteren Gleichklang mit Kritikern der designierten Bundeskanzlerin mit auf den Heimweg nach Berlin gegeben haben, hat mit konstruktiver Kritik nur noch wenig zu tun, sondern grenzt an offene Meuterei. Wenn Parteinachwuchs, der soziale Flügel und schließlich mit Horst Seehofer auch das erste künftige Mitglied des Kabinetts den Merkel-Reformkurs unisono schon jetzt zu Grabe tragen, dann brennt es.'

In der WESTDEUTSCHEN ZEITUNG aus Düsseldorf lesen wir:

'Merkel ist zu raten, die Debatte um die Wahlanalyse nicht länger zu unterdrücken und genau hinzuhören. Auch bei Seehofer, der ihr ein Scheitern beim Radikalkurs bescheinigt. Es gilt, Konsequenzen aus Fehlern zu ziehen - und zugleich klar zu sagen, was noch geht und was nicht. Zudem sollte sie auch erklären, ob es noch mit Edmund Stoiber geht. Für die Große Koalition ist der CSU-Chef eine größere Belastung als die gesamte SPD geworden.'

Mit der Rolle des bayerischen Ministerpräsidenten befasst sich auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'Es sei nicht gelungen, «positive Emotionen» zu wecken, hat Stoiber die Kritik so umfassend wie punktgenau zusammengefasst', stellt der Kommentator fest. 'Das zielt, jedermann weiß es, auf Frau Merkel,... Zu nennen wäre indessen auch der Beitrag des ewigen Zauderers Stoiber zum schwachen Abschneiden der Union, der jetzt, während der Koalitionsverhandlungen, schon wieder die Grenzen der innerparteilichen Solidarität testet.'

Die ESSLINGER ZEITUNG unterstreicht:

'Merkels größte Herausforderung heißt derzeit allerdings Stoiber ... Die Drohungen aus München und Stoibers Mitmischen bei der Analyse des Unionswahlergebnisse dürften Merkel vor allem eines vor Augen führen: Der CSU-Chef sucht die Kraftprobe. Hierauf muss die designierte Kanzlerin eine Antwort finden, sonst ist ihre Autorität beschädigt, bevor sie die erste Kabinettssitzung leitet', prophezeit die ESSLINGER ZEITUNG.

Die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg hält fest:

'Stoiber ist dabei, sich als das ewige Magendrücken der Union in einer schwierigen Koalition zu etablieren. Das allerdings verleiht der Rolle von Angela Merkel als der eigentlichen Verhandlungspartnerin von Franz Müntefering zunehmend Gewicht.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG notiert:

'Die «Wahlanalyse» dient vorerst offenbar vor allem dazu, die Schuld am schlechten Wahlergebnis von Merkel auf Edmund Stoiber umzulenken - auf dass der CSU-Chef nicht so tue, als sei er zusammen mit Müntefering der Wirt und Angela Merkel die Kellnerin der Koalition. Stoiber lässt die Schuldzuweisung aber zu Recht nicht auf sich sitzen. Er distanziert sich, wie dies auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers tut, von einer sozialvergessenen Programmatik.'

Die BERLINER ZEITUNG verweist auf einen anderen Aspekt und urteilt:

'Mit den sozialstaatlichen Versprechen der SPD oder gar der Linkspartei kann die Union ohnehin nicht konkurrieren. Wenn das so ist, muss Merkel es ihrer Partei und der deutschen Öffentlichkeit erklären, und zwar besser als bisher. In der großen Koalition hat die Kanzlerin nur eine Chance, wenn sie überzeugen kann. Jetzt, wo sie ihren Anspruch auf das Kanzleramt durchgesetzt hat, sollte sie die Debatte über das Wahlergebnis für diese Debatte nutzen. Angela Merkel hat Grund, sich bei der Jungen Union zu bedanken...' lautet das Fazit der BERLINER ZEITUNG, mit der wir diese Presseschau beenden.