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Pressestimmen von Montag, 23. Mai 2005

Barbara Zwirner22. Mai 2005

Landtagswahl in NRW

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In Nordrhein-Westfalen wurde die SPD nach 39 Jahren Vorherrschaft abgewählt. Die CDU ist nach der Landtagswahl nun stärkste politische Kraft. Als Konsequenz aus der Niederlage will Bundeskanzler Gerhard Schröder die nächste Bundestagswahl auf den Herbst dieses Jahres vorziehen. In der deutschen Tagespresse ist dieser Wahlsonntag das beherrschende Kommentarthema.

Die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera schreibt:

"Der Machtwechsel zwischen Rhein und Weser hat in rasanter Geschwindigkeit Nebenwirkungen entwickelt, die so wahrlich nicht erwartet werden konnten. Keine halbe Stunde nach den ersten Hochrechnungen aus Düsseldorf verkündete Franz Müntefering, dass noch in diesem Jahr vorgezogene Bundestagswahlen stattfinden sollten. So könnte Jürgen Rüttgers, am Vorabend der NRW-Wahl vom SPD-Chef noch ziemlich unfein als Weichei tituliert, mit seinem Wahlsieg für die CDU an Rhein und Ruhr das Ende von Rot-Grün auch auf der Bundesebene eingeläutet haben."

Die Berliner Zeitung NEUES DEUTSCHLAND merkt an:

"Da hat er also stattgefunden - der schon lange vorhergesagte Infarkt in der Herzkammer der deutschen Sozialdemokratie. Die seit Jahren kränkelnde Patientin SPD liegt seit gestern Abend auf der Intensivstation. Schon hat Müntefering wieder eine Notbremse gezogen - und vorgezogene Bundestagswahlen angekündigt. Die Zeit ist für die SPD verdammt kurz, um ihren Wählern jetzt noch die Spur eines Politikwechsels glaubhaft zu machen."

In der Zeitung DIE WELT lesen wir:

"Von den vielen Schlußfolgerungen, die aus der NRW-Wahl gezogen werden, liegt also eine besonders nahe: Der Bundestagswahlkampf hat begonnen. Oder er dauert die sonst üblichen vier heißen Monate - wenn sich die Parteien im Bundestag zu vorgezogenen Neuwahlen ermannen. Das wäre besser. Vermutlich für alle Beteiligten, bestimmt aber für Deutschland."

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kommentiert:

"Die Wähler sind wendisch geworden. Der Wechsel in NRW gründet weniger im Zuspruch für die CDU als in der Ablehnung der SPD. Diese Art von Ablehnung kann sich schnell gegen alle Parteien wenden. Darum ist die Ankündigung der SPD vernünftig, vorzeitig Neuwahlen herbeizuführen. Sie ist innerparteilich motiviert, weil Müntefering so die eigenen Reihen im Wahlkampf besser zusammen halten kann. Aber Neuwahlen sind auch staatspolitisch sinnvoll, weil sie dem Land ein verlorenes Jahr des Wahlkampfs ersparen."

Die in Halle erscheinende MITTELDEUTSCHE ZEITUNG resümiert:

"Die Entscheidung in der SPD-Parteiführung, schon für diesen Herbst Neuwahlen anzustreben, ist nur konsequent. Wie anders ließe sich herausfinden, ob die Bevölkerung dieser Bundesregierung und ihrer Reformpolitik noch vertraut, oder aber, wie in Nordrhein-Westfalen geschehen, ihr die Gefolgschaft verweigert? Die Union wird angesichts der angekündigten Neuwahlen nicht umhin kommen, die Kanzlerkandidaten-Frage jetzt schnell zu beantworten. Nach dem Wahlerfolg der CDU in Nordrhein-Westfalen dürfte dabei kein Weg mehr an der Parteivorsitzenden Angela Merkel vorbeiführen."

Auch die STUTTGARTER ZEITUNG unterstützt vorgezogene Bundestagswahlen:

"Das Plädoyer zu Gunsten von Neuwahlen ist ein Befreiungsschlag für die Republik. Der Republik ist zwar für einige Monate weiterer Stillstand verordnet, aber mit der Aussicht, dass danach klare Verhältnisse herrschen so oder so. Mit Rüttgers ist zugleich die K-Frage der Union endgültig entschieden: Angela Merkel ist die Kanzlerkandidatur nicht mehr zu nehmen. Die CDU-Chefin kann sich damit ernsthafte Chancen ausrechnen, schon im Herbst die erste Kanzlerin der Bundesrepublik zu werden. Eine Frau und dazu noch aus dem Osten - das wäre schon ein bemerkenswertes Signal und die historische Ironie der Sache bestünde darin, dass es von niemand anderem als einer konservativen Partei ausginge."

Abschließend ein Blick in die SCHWERINER VOLKSZEITUNG:

"Gerhard Schröder sieht sich einem spürbaren Machtverlust ausgesetzt. Das schmerzt. Trat er doch als Erneuerer und Reformer in die Pedale der Agenda 2010. Doch den Wählern war das rot-grüne Projekt bis jetzt nicht vermittelbar. Nun ist es Zeit, die Verhältnisse zu klären. Zum Beispiel durch Neuwahlen. Aber reicht die Zeit im schwerfälligen Reformländchen Deutschland, mehr Verständnis für die Reformnotwendigkeit zu gewinnen?"