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Pressestimmen von Montag, 23. Februar 2004

22. Februar 2004

Wahlsieg der Konservativen im Iran/ Selbstmordanschlag in Jerusalem/ Diskussion über EU-Beitritt der Türkei

https://p.dw.com/p/4hel

Themen der Presseschau an diesem Montag sind der Wahlausgang im Iran, der Selbstmordanschlag in Jerusalem und die Diskussion über einen EU-Beitritt der Türkei.

Zu dem Sieg der Konservativen bei der Parlamentswahl im Iran lesen wir in der in Hamm erscheinenden Zeitung WESTFÄLISCHER ANZEIGER:

'Der Wächterrat, die einzig reale Macht des Landes, meldet zynisch Vollzug: Ende eines Experiments, das sie sieben Jahre lang grollend erduldete, das in der Person von Staatspräsident Khatami so etwas wie Demokratie versprach und das letztlich am langen Arm der Mullahs verhungerte. Schlagzeilen aber wird der Rückfall nicht machen. Weil jene, die gern davon berichten würden, längst zu den ruhig gestellten Opfern der angeblichen neuen Freiheit gehören.'

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin fügt hinzu:

'Wollte man der Wahl etwas Positives abgewinnen, dann vielleicht dies: Das jahrelange Versteckspiel mit dem Titel "Wer hat wirklich die Macht im Staate?" ist vorbei. Die Reformer sind nun weg und machen den Blick frei auf das, was Iran auch unter Chatami nie aufgehört hat zu sein: Ein Staat, der die Terrororganisation Hisbollah mit Waffen und Geldmitteln im Wert von geschätzten 100 Millionen Dollar jährlich unterstützt. Ein Staat, der mit palästinensischen Terrorgruppen kooperiert und stets versucht, einen Frieden in Nahost zu hintertreiben. Ein Staat, der kurz davor steht, eine Atombombe bauen zu können - und den man deshalb genau kontrollieren muss.'

DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen hingegen kommt zu folgendem Schluss:

'Die Konservativen werden trotz ihrer Rückeroberung des Parlaments keinen unbegrenzten Spielraum haben. Die Stärke der Reformer ist jetzt, dass die Hälfte der iranischen Wähler und 70 Prozent der Wahlberechtigten in der Hauptstadt Teheran nicht wählen gegangen sind, weil sie sich nichts mehr vom Parlament erwarten. Das ist eine große Gruppe, die Veränderungen wünscht, und die auch eine konservative Mehrheit im Parlament nicht ignorieren kann.'

Den jüngsten Selbstmordanschlag auf einen vollbesetzten Linienbus in Jerusalem kommentiert die Zeitung DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN:

'Das verheerende Attentat bestärkt jene Israelis, denen die Mauer zu den Palästinensergebieten nicht hoch und nicht lang genug sein kann. Beim Anblick der Toten und Verletzten eine verständliche Reaktion. Aber nur auf den ersten Blick. Die Grenzanlagen schaffen neue Probleme, ohne die alten zu lösen. Für die ausgesperrten Palästinenser wird das Leben noch schwieriger. Das Reservoir potenzieller Terroristen wächst. Leider geht es im Nahost- Stabilisierungsprozess - von Friedensprozess kann man längst nicht mehr sprechen - seit geraumer Zeit stets einen Schritt vor und zwei Schritte zurück.'

Die in Potsdam erscheinende MÄRKISCHE ALLGEMEINE bemerkt:

'Bei der an diesem Montag beginnenden Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof werden die Israelis argumentieren, der Sicherheitszaun solle solche Attentate verhindern helfen. Allerdings - und das darf auch angesichts der schrecklichen Bilder aus Jerusalem nicht vergessen werden - ist weniger der Zaun selbst umstritten als sein Verlauf. Auf etlichen Kilometern reicht er tief in palästinensisches Gebiet hinein und greift somit einer endgültigen Grenzvereinbarung vor, die erst in einem Friedensvertrag besiegelt werden kann.'

Mit der Stellungnahme von Bundespräsident Johannes Rau zu dem Bemühen der Türkei um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union befasst sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'Am bedauerlichsten an den Einlassungen des Präsidenten ist ihr negativer Grundton. Kein Wort der Anerkennung für das bisher von der Türkei Geleistete. Kein Wort der Ermutigung, dass die Regierung in Ankara zumindest auf dem richtigen Weg ist. Damit aber verleiht der Präsident seinen Äußerungen auch innenpolitisch einen fragwürdigen Beiklang. - Johannes Rau, dem die Eingliederung der Türken in Deutschland unzweifelhaft ein Anliegen ist, hätte eine positivere Botschaft über den Zusammenhang dieser Integration mit der Europäisierung der Türkei weit besser zu Gesicht gestanden', kritisiert die SÜDDEUTSCHE, mit der wir diese Presseschau beenden.

Die Redaktion hatte Eleonore Uhlich.