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Pressestimmen von Montag, 21. Juni 2004

Annamaria Sigrist20. Juni 2004

EU-Verfassung / Börsengang Postbank

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit der neuen EU-Verfassung. Auch das überraschende Verschieben des Börsengangs der Postbank wird aufgegriffen.


Die STUTTGARTER ZEITUNG sieht die EU-Verfassung noch lange nicht am Ziel:

"Die jetzt von den Regierungschefs beschlossene Verfassung Europas muss in den kommenden Monaten die nationalen Hürden überwinden - in einigen Ländern darf das Volk darüber abstimmen. Dies kann nur dann gelingen, wenn den Menschen die politischen Ziele und Werte der europäischen Einigung vermittelt werden können. Die immer engere Integration Europas, die für die Zukunftsfähigkeit des alten Kontinents entscheidend ist, kann nur dann gelingen, wenn neben den nationalen und regionalen Identitäten auch eine europäische Identität, eine Art von europäischem Verfassungspatriotismus entsteht."

Der EXPRESS aus Köln schreibt:

"Trotz aller Fortschritte - Europa ist meilenweit von einer politischen Harmonie entfernt. Das zeigt auch das unwürdige Gefeilsche um den Posten des EU-Kommissionschefs. Einer nach dem anderen wird auf den Schild gehoben und rüde wieder runtergekippt. Nicht die Qualifikation ist für die Strippenzieher ausschlaggebend, sondern das richtige Parteibuch. Schade, Europa könnte groß dastehen."

Die OSTTHÜRINGISCHE ZEITUNG aus Gera fürchtet, die EU-Verfassung könnte wegen nationaler Unstimmigkeiten nicht zum Zuge kommen.


"Die Verfassung erhöht die Chance, dass die EU endlich zu einem politischen Schwergewicht wächst. Dafür muss der Verfassungstext aber auch erst einmal die Chance zum Praxistest bekommen. Es steht zu befürchten, dass in einigen nationalen Parlamenten die Ratifizierung von innenpolitischen Scharmützeln überlagert wird. Und bei den Volksabstimmungen in einigen Ländern ist wahrscheinlich, dass die Unzufriedenheit mit der heimischen Regierung entscheidet."


Themenwechsel. Die Postbank wird ihren Börsengang um zwei Tage verschieben. Dazu schreibt die Zeitung DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN:

"Die Verspätung ist eine peinliche Panne. Vor allem für Post-Chef Klaus Zumwinkel, der gebetsmühlenartig immer wieder beteuerte, dass alles wie geplant über die Bühne gehen werde. Zudem musste der Manager hinsichtlich der Preisspanne der Aktien eine herbe Schlappe einstecken. Die Papiere werden nun deutlich billiger angeboten."

Der SÜDKURIER aus Konstanz meint dazu:

"Natürlich ist es das Recht eines Konzern-Chefs, ein Tochterunternehmen so teuer wie möglich zu verkaufen. Und vielleicht hätten die Anleger ohne das Bewertungspapier der Deutschen Bank bei der höheren Preisspanne eher zugegriffen. Trotzdem muss sich Zumwinkel den Vorwurf gefallen lassen, dass er auf die Warnungen des Marktes nicht gehört hat. Schon seit Tagen signalisierten viele Fonds, dass ihnen der anvisierte Aktienpreis zu hoch ist. Immerhin hat der Post-Chef noch rechtzeitig eingelenkt."

Die OFFENBACH-POST sieht das ähnlich:

"Warum nicht gleich so, Herr Zumwinkel? Mit der Senkung der Preisspanne hat die Post gerade noch rechtzeitig das Ruder herumgerissen und einen unabsehbaren Schaden für das gerade wieder aufkeimende Pflänzchen der deutschen Aktienkultur abgewendet. Der Börsengang der Postbank ist die wichtigste Neuemission in Deutschland seit dem Ende der Börsen-Euphorie vor vier Jahren. Insofern hat der Parkettgang eine wichtige Signalwirkung. Wahrlich, Herr Zumwinkel: Sie haben sich bei ihrem Pokerspiel verzockt."

Abschließend kommentiert die ABENDZEITUNG aus München:

"Anleger, die die Aktie zum bisherigen Niedrigst-Preis von 31,50 Euro gezeichnet haben, müssen sich verschaukelt fühlen. Wenn es jetzt möglich ist, nur 28 Euro zu bieten - warum war es dies nicht schon vor zwei Wochen? Der tollpatschige Versuch Zumwinkels, die Finanzwelt durch schiere Sturheit zum Nachgeben zu zwingen, hat nicht nur das Ansehen der Postbank beschädigt. Wenn deutsche Geldinstitute, allen voran die Deutsche Bank, sich wider besseres Wissen für derlei Preis-Poker hergeben, befremdet dies Investoren - nicht nur in Deutschland."

Soweit die Presseschau.