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Pressestimmen von Montag, 19. Juli 2004

Christian Walz.18. Juli 2004

Chaos im Gazastreifen / Streit um Arbeitszeit

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen richten ihr Augenmerk an diesem Montag vor allem auf die chaotische Sicherheitslage im Gazastreifen. Wichtiges innenpolitisches Thema ist die Debatte um Lohnkürzungen und Arbeitszeit-Verlängerungen.

Zunächst jedoch in den Nahen Osten, wo sich Palästinenser-Präsident Arafat mit einer beispiellosen Protestwelle konfrontiert sieht.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Ansicht:

"Kidnapping aus Protest gegen Korruption, Anarchie in Folge arroganter Allüren - an diesen Problemen trifft den PLO-Chef erhebliche Mitschuld. Denn Arafat will um keinen Preis auf Machtansprüche verzichten. Wenn sich politisch gar nichts bewegt, brechen irgendwann mit Gewalt die Verhältnisse auf. Zumindest steckt in dieser Krise die Chance, einem alternden, visionslosen Guerillaführer Grenzen zu zeigen. Ein Stein ist ins Rollen gekommen. Das bedeutet noch nicht, dass Arafat stürzt, aber vielleicht entsteht eine neue Balance zwischen seiner großteils korrupten Clique und den Demokratie-hungrigen Reformern. Noch zeigt Arafat keine Spur von Einsicht. Doch auch wer zu spät hinhört, den bestraft bisweilen das Leben."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf schreibt:

"Arafat könnte erneut versuchen wollen, der wachsenden Opposition im Volk mit einer Flucht nach vorne zu begegnen. Vor vier Jahren nutzte er die Intifada, um von seiner Unfähigkeit abzulenken, das Leben der Palästinenser zu verbessern. Der Kampf gegen die israelische Besatzung stärkte intern seine Position, Korruptionsvorwürfe wurden vergessen. Allein, dieses Ventil kann Arafat jetzt nicht mehr benützen. Die Palästinenser sind müde. Sollte ihnen Arafat kein besseres Leben ermöglichen, werden sie sich endgültig von ihm abwenden."

Auch die in Berlin erscheinende Tageszeitung DIE WELT befasst sich mit der Zukunft des palästinensischen Präsidenten:

"Jassir Arafat wurde schon mehrfach totgesagt. Doch je größer der außenpolitische Druck auf ihn wurde, desto entschiedener scharte sich sein Volk hinter ihn - bisher. Jetzt ist etwas Wesentliches geschehen: Die Palästinenser selbst wollen seinen Polit-Despotismus, seine Selbstherrlichkeit und Reformunwilligkeit nicht mehr länger hinnehmen. Arafats Traum vom eigenen Staat Palästina ist indes zum Albtraum verkommen: Es droht nichts Geringeres als Bürgerkrieg zwischen den Günstlingen des Systems Arafat und den aufstrebenden, machtvollen Hoffnungsträgern der palästinensischen Massen. Einen einzigen Gefallen kann Arafat den Palästinensern, dem siechen Nahost-Friedensprozess und der Weltgemeinschaft noch tun: zurücktreten."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG beschäftigt sich mit dem Streit zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften um Arbeitszeiten und Lohnkürzungen. Das Blatt aus Sachsen bezieht eine klare Position:

"Starre Wochenarbeitszeiten hemmen unternehmerische Initiative. Vielmehr ist eine Von-bis-Spanne tarifvertraglicher erlaubter Stunden zu verankern. Ähnlich offensiv ist mit Lohnvereinbarungen umzugehen. Mehr als bisher sind leistungsabhängige Einkommens- Elemente einzubeziehen. Das spart in schlechten Zeiten Kosten, in guten Zeiten haben alle etwas davon. Ein Prinzip, dass sich auch in den Manager-Etagen breitmachen sollte. Der Daimler-Chrysler-Vorstand hat das begriffen. Allerdings ist es für die Konzernoberen im Vergleich zu den Untergebenen um ein Vielfaches leichter, Geldeinbußen zu verkraften."

Das sieht auch der Bonner GENERAL-ANZEIGER so:

"Irgendwo zwischen 7,5 und 10,8 Millionen Euro soll das Gehalt von DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp liegen. Pro Jahr versteht sich. Jetzt kommt etwas zusätzliche Bewegung in den Personalkosten-Streit. Schrempp und seine Top-Manager wollen angeblich auf zehn Prozent Gehalt verzichten. Otto Normalverdiener wird sich wohl ein Lächeln nicht verkneifen können, wenn er sich das verbleibende Gehalt ansieht. Sehr weit von einem populistischem Gag ist die Aktion auch nicht entfernt, aber -immerhin- es geschieht etwas, was die Arbeitnehmer als Zeichen des Entgegenkommens werten können."