1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Montag, 16. August 2004

Helmut Schmitz15. August 2004

Schröder-Hartz IV/Krisenherde Irak und Afghanistan

https://p.dw.com/p/5Rrh

Die Kritik des Bundeskanzlers an seinen Kritikern ist am Montag ein herausragendes Thema in den Kommentaren deutscher Tageszeitungen. Weitere Themen sind die Krisenherde Irak und Afghanistan.

Zunächst die STUTTGARTER NACHRICHEN zu Schröder:

'Hätten Sie es nicht eine Nummer kleiner gehabt, Herr Kanzler? Auch wenn Wahlkampf ist und die Lage für die SPD sehr ungemütlich: Gerhard Schröder hat sich in der Wortwahl vergriffen, als er seine Hartz-IV-Kritiker von Union und PDS jetzt in einen Topf warf und mit Schimpftiraden überzog. Nein, 'abartig' ist es nicht, wenn Einzelne aus der Union und viele von der PDS jetzt ins gleiche Horn stoßen. Es ist vielmehr verlogen, weil die Union noch im Vermittlungsausschuss viel härtere Regeln durchsetzen wollte. Und es ist populistisch, weil jetzt sämtliche Nichtregierungsparteien auf einer gefälligen Welle reiten, ohne Rücksicht auf das Wohl des Landes zu nehmen.'

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN meinen:

'Je mehr die Nervosität der Oppostition steigt, desto leichter tut sich Schröder auch mit harten Attacken: 'Volksfront', das war jenes Schmähwort, das die Union stets aufgriff, wenn die SPD mit der PDS gemeinsame Sache machte. Nun leiht er sich diesen Kampfbegriff, um das in der Tat merkwürdige Bündnis gegen eine von der Union maßgeblich geprägte Reform anzuprangern. Und sehr spät erläutert der Kanzler auch, warum Hartz IV nötig ist. Dass es etwa keineswegs gerecht war, wenn schlecht bezahlte Arbeiter die relativ hohen Lohnersatzleistungen von erwerbslosen Akademikern mitfinanzieren mussten. Nur so hat Schröder eine letzte Chance. Er scheint sie nützen zu wollen.'

Die NEUE PRESSE aus Hannover schreibt:

'Schröder hat sich gewandelt, er gibt inzwischen den eisernen Kanzler. Da ist nichts mehr von der populistischen Geschmeidigkeit zu spüren, mit der er einst auf Herausforderungen wie die Flutkatastrophe im Osten reagiert hat. Damals kündigte er werbewirksam an, er werde das Inkrafttreten der nächsten Steuerreform-Stufe verschieben, damit mit den eingesparten Milliarden den Hochwasser-Opfern geholfen werden könne. Anschließend gewann Schröder prompt die Wahl. Nun herrscht wieder Alarmstimmung im Osten, nur gehts diesmal nicht um Hochwasser sondern um Hartz. Doch die Frustwelle ist weitaus gefährlicher für Schröder als damals die Flutwelle.'

Themenwechsel: In Bagdad ist die irakische Nationalversammlung zu Beratungen über die Zukunft des Landes zusammengetreten.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München kommentiert:

'Die Konferenz jedoch krankt an zweierlei: Zum einen bleiben die Einflussmöglichkeiten des künftigen Nationalrats, der von der Versammlung als Kontrollorgan der Übergangsregierung gewählt werden soll, sehr bescheiden. Zum anderen haben sich radikale Gruppen wie Muktada al-Sadrs schiitische Bewegung oder der sunnitische Rat der Islamischen Rechtsgelehrten einer Teilnahme verweigert. Sie wählen den Weg des frontalen Widerstands, und die US-Truppen halten mit voller Kraft dagegen. Was in Bagdad gewonnen werden könnte, wird deshalb in Nadschaf oder Samarra zunichte gemacht.'

Im Bremer WESER-KURIER heißt es:

'Der Versuch, die radikalen Anhänger des Schiiten-Predigers Muktada El Sadr einzubinden, war ebenso ehrenwert wie aussichtslos. Auch die Afghanen wären gescheitert, hätten sie den Taliban angeboten, als politische Partei an der Zukunft ihres Landes mitzuwirken. Mit demokratischen Prozessen sind Extremisten nun einmal nicht zu versöhnen - erst recht, wenn religiöser Eifer und Todesbereitschaft nicht einmal schlichten Pragmatismus zulassen.'

Abschließend das HANDELSBLATT aus Düsseldorf zu Afghanistan:

'Nun haben die UN eine eindeutig positive Nachricht geliefert. Denn von den geschätzten 10,5 Millionen Wahlberechtigten für die Präsidentschaftswahlen haben sich bis zum Ablauf der Frist am Sonntag mehr als 9,6 Millionen Afghanen registrieren lassen - und damit wesentlich mehr als erwartet. Sicher darf man unterstellen, dass es bei der Registrierung zahlreiche Fehler gegeben haben dürfte, etwa durch Doppelnennungen. Sicher muss man zudem einräumen, dass die Registrierungsrate im Südosten deutlich niedriger liegt. Denn dort hatte es die meisten Anschläge und Drohungen gegen UN-Wahlhelfer und Wahlwillige gegeben. Doch Fortschritte in Afghanistan müssen am Machbaren gemessen werden.'

Helmut Schmitz.