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Pressestimmen von Montag, 15. Januar 2007

Michael Wehling14. Januar 2007

Streit um Stoiber in der CSU / US-Irak-Strategie / Sarkozy nominiert / Köhler in Ghana

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Die Führungskrise in der CSU um den Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber hält an und ist damit natürlich ein zentrales Thema in den Kommentarspalten der deutschen Tageszeitungen. Weitere Themen sind die neue Irak-Strategie der USA, die Nominierung des französischen Innenministers Srakozy zum Präsidentschaftskandidaten der Konservativen sowie die Ghana-Reise von Bundespräsident Köhler.

Zunächst zur Führungskrise in der CSU. Die BERLINER ZEITUNG beleuchtet den bundespolitischen Aspekt der Auseinandersetzungen in Bayern.

'Mit zwiespältigen Gefühlen dürfte Kanzlerin Angela Merkel Edmund Stoibers Abschiedsspiel verfolgen. Natürlich hat sie nicht vergessen, wie rücksichtslos der Bayer immer wieder mit ihr umgesprungen ist, wie er im Ringen um die Gesundheitsreform das Regieren ein ums andere Mal erschwerte. ... Andererseits ist für Merkel die Nach-Stoiber-CSU als dritter Regierungspartner in Berlin nicht minder schwierig kalkulierbar. Die CSU war die letzte Konstante im nachkriegsdeutschen Parteiengefüge.'

Das in Düsseldorf herausgegebene HANDELSBLATT analysiert:

'Der Gewinner, besser gesagt: die Gewinnerin heißt Angela Merkel. Wieder hat sich ihr Politikstil bewährt, mit scheinbar unendlicher Geduld und freundlichem Gesicht den eingeschlagenen Weg weiter zu fahren und stoisch zu warten, bis sich ihre Widersacher in selbst gelegten Schlingen verheddern.'

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER notiert:

'Noch ist es zu früh, von einer Ausbreitung des großkoalitionären Mittelmaßes nach Bayern zu sprechen. Aber die Gefahr besteht. Denn hinter dem innerparteilichen Gezerre wird ein wachsender Vorbehalt gegen die Modernisierungspolitik sichtbar. Ein deutliches Signal dafür war Stoibers Scheitern, als er die eigene Fraktion für die Liberalisierung des Ladenschlusses gewinnen wollte. Angela Merkels politischer Verzicht, Reformpolitik zu betreiben, fände dann seine bayerische Entsprechung.'

DER TAGESSPIEGEL geht nicht davon aus, dass sich Stoiber halten kann:

'.... Edmund Stoiber ruiniert sich und die CSU ganz. Sein Zögern, bald schon legendär, und sein Mangel an Einsicht, auch schon allseits bekannt, verhindern, dass einer der bedeutenden Politiker der Union in Würde abtritt. Die Chance, dass es ihm doch noch gelingt, einen Rest davon zu bewahren, wird mit jedem Tag geringer.'

Die in Heidelberg erscheinende RHEIN-NECKAR-ZEITUNG wagt einen Vergleich:

'Die Situation erinnert lebhaft an einen hochorganisierten Primaten-Verband. Das Alpha-Tier schwächelt. ... Die Jagdszenen in Bayern werden nicht mehr aufhören. Und weil ein Ende mit Schrecken für die CSU einem Schrecken ohne Ende eindeutig vorzuziehen ist, dürfte das politische Schicksal Stoibers besiegelt sein. Die Treueschwüre der möglichen Erben dienen ausschließlich dem politischen Selbstschutz.'

GENERAL-ANZEIGER aus Bonn merkt an:

'Edmund Stoiber irreparabel beschädigt, überzeugende Nachfolger nicht in Sicht, Umfragewerte im Keller - fürwahr: Die Bayern machen keine halben Sachen. Und das alles, weil Edmund Stoiber Bayern schlecht regiert? Das behauptet im Ernst niemand. Dennoch: Stoiber wird nach dem Debakel dieser Tage abtreten müssen. Nicht heute, aber bald.'


Damit zu außenpolitischen Themen.

Zur neuen Irak-Strategie des US-Präsidenten schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'Zu Bushs neuer Irak-Politik gehört eine härtere Gangart gegenüber Syrien und Iran. Teheran bekommt das als Erstes zu spüren. Die abermalige Festnahme von Iranern im Irak hat nur vordergründig etwas mit deren mutmaßlicher Unterstützung der Aufständischen zu tun. Solche Aktionen zielen auch bewusst darauf ab, das Gefühl der Unantastbarkeit zu erschüttern, das große Teile der iranischen Elite seit längerem zur Schau stellen. ... Wegen der Sturheit Irans im Atomstreit kann Washington mit dieser Politik auf die - stillschweigende - Zustimmung der arabischen Nachbarstaaten zählen und führt zugleich dem jungen, unsicheren syrischen Präsidenten Assad die Folterinstrumente vor.' In Frankreich hat die konservative UMP nach innerparteilichen Querelen Innenminister Srakozy zum Präsidentschaftskandidaten nominiert:

Das BADISCHE TAGEBLATT erläutert:

'Noch entscheidender als der parteiinterne Streit ist für Sarkozy aber, ob er die Mehrheit der Franzosen davon überzeugen kann, dass er sich vom Hardliner zu einer Integrationsfigur gewandelt hat, die alle Bevölkerungsgruppen vertreten möchte. Seine gestrige Selbstinszenierung lässt die Zweifel daran eher größer werden.'

Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Leutkirch kritisiert den Wahlkampf Sarkozys und seiner sozialistischen Konkurrentin Royal:

'Je näher der Wahltermin rückt, desto mehr Baldrian träufeln die Kontrahenten in ihren Wein. Aus Angst, die Wähler zu verschrecken, wird plötzlich doch wieder beschwichtigt, beruhigt, schöngeredet. Die harte Wirklichkeit sieht anders aus. Wer immer am Ende die Wahl gewinnt, wird den Franzosen beibringen müssen, dass ihr Land ohne schmerzhafte Reformen Gefahr läuft, seine Zukunft zu verspielen. Dazu gehört aber ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und zwar schon vor der Wahl.'


Damit zur Ghana-Reise des Bundespräsidenten. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg bemerkt:

'Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas, hatte Bundespräsident Horst Köhler in seiner Bundestags-Antrittsrede 2004 erklärt. Dass dies alles andere als ein Lippenbekenntnis war, beweist seine bisherige Amtsführung. Gleich die erste Auslandsreise führte das Staatsoberhaupt nach Afrika, die jüngste ebenfalls: Köhler hat tatsächlich ein Herz für Afrika. Sein Engagement, das auf den persönlichen Erfahrungen als Chef des Internationalen Währungsfonds aufbaut, nötigt Respekt ab. ... Dass der Präsident beim Thema Afrika nicht locker lässt, steht zudem für eine Geradlinigkeit, die die Politik allzu oft vermissen lässt.'