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Pressestimmen von Montag, 13. Mai 2002

zusammengestellt von Walter Lausch13. Mai 2002

Kanzlerkandidatur von FDP-Chef Guido Westerwelle / UN-Kindergipfel in New York

https://p.dw.com/p/2B4Y

Im Mittelpunkt dieser Presseschau steht die Kanzlerkandidatur von FDP-Chef Guido Westerwelle. Ein weiteres Thema ist der Kindergipfel der Vereinten Nationen in New York, der zum Abschluss einen Aktionsplan verabschiedet hat. Wenig Begeisterung über die Westerwelle-Kandidatur zeigt das HANDELSBLATT in Düsseldorf:

"Westerwelle und seine Marketing-Experten bewegen sich
gegenwärtig auf dem schmalen Grat zwischen Anerkennung und Lächerlichkeit. Schon jetzt steht fest, dass die FDP gemessen an dem von den Liberalen anvisierten Ziel 18 Prozent, zu den Verlierern der Bundestagswahl gehören wird. Denn dieses Ziel war von Anfang an völlig unrealistisch. Das Projekt 18 zeugt vielmehr von maßloser Selbstüberschätzung. Die guten Wahlergebnisse, die die FDP bei den letzten Landtagswahlen erzielen konnte, sind keineswegs das Resultat einer neuen liberalen Attraktivität. Sie sind letztlich in erster Linie auf den Unmut über die Erfolglosigkeit der rot-grünen Koalition und die Konturlosigkeit des Unions-Spitzenkandidaten Stoiber zurückzuführen. Die Krönung Westerwelles zum Kanzlerkandidaten gehört in die Kategorie Größenwahn."

Auch die SAARBRÜCKER ZEITUNG warnt vor Übermut:

"Westerwelle und seine Spaßpartei gehen einen riskanten Weg. Bei aller verständlichen Euphorie über den Höhenflug müssen sie höllisch aufpassen, dass sie die Schraube nicht überdrehen. Dass Westerwelle sich hat küren lassen, ist nicht kühn, sondern tollkühn. Wer in zu große Schuhe schlüpft, sieht nämlich albern aus und droht zu schlurfen. Ab heute wandelt Westerwelle jedenfalls auf einem schmalen Grat, und wenn er nicht Obacht gibt, wird er leicht das Gleichgewicht verlieren. Dann ist es vorbei mit der gleichen Augenhöhe, von der die Partei inbrünstig träumt."

Die in Berlin erscheinende WELT kann der Kandidatur mehr abgewinnen:

"Zumindest in der Union wächst die Erkenntnis, dass Westerwelles öffentlichkeitswirksames Aufmuskeln nur deshalb reüssieren kann, weil die Liberalen all die drängenden Fragestellungen plakativ aufgreifen, über die andere zu schweigen für opportun halten. Denn für die großen Volksparteien und die Grünen in der Koalitionsfalle gilt das ebenso. Sie sehen sich offenbar nicht in der Lage, den dringenden Veränderungsbedarf in diesem Land scharf genug zu skizzieren, ohne ihre Integrationsfähigkeit zu riskieren. Wer nicht will, dass die wohlfeilen Beruhigungspillen aus den Apotheken der Volksparteien die Wähler nach anregenderen Stimulanzien greifen lassen, dem muss es Recht sein, dass aus dem bürgerlichen Parteienspektrum selbst die notwendigen Weckrufe und Veränderungsimpulse wachsen, auch wenn mitunter die Blödelgrenze touchiert wird."

Zum Abschluss des UN-Kindergipfels in New York, der nach langem Ringen mit einem Aktionsplan für die weltweite Verbesserung der Situation der Kinder beendet wurde. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU wertet den Gipfel trotz einiger Einschränkungen als Erfolg:

"Es hängt von jeder einzelnen Regierung ab, wie es um die Lage der Kinder in ihrem Land bestellt ist. Dieser Gedanke wurde in New York gestärkt. Weltweit haben sich die Staaten in die Pflicht nehmen lassen, Rechenschaft über ihr Handeln abzulegen. Der UN-Gipfel hat mal wieder gezeigt, Politik für Kinder ist die Politik der ganz kleinen Schritte."

Die SÜDWEST PRESSE in Ulm meint dagegen, dass diese kleinen Schritte in New York nicht unternommen wurden:

"Der hehre UN-Aktionsplan zur Besserung der Lage der Kinder steckt voller Krokodilstränen, Heuchelei und falscher Versprechen. Oder wie Kinder sagen würden: alles Lüge. Der Plan wird kaum eingehalten werden, weil denjenigen, die entscheiden, anderes wichtiger ist. Viele Drittwelt-Staatschefs kümmern sich lieber um die Versorgung der eigenen Herrschaftsclique, anstatt die Bedürfnisse der Kinder zu
erfüllen. Andere machen aus ihnen Killermaschinen für den Krieg. Die USA wollen weiter Minderjährige nach höchstrichterlichem Urteil töten dürfen. Und Deutschland nimmt sich wie bisher das Recht, Kinderflüchtlinge abzuschieben, auch wenn das Wohl des Kindes dem entgegensteht."