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Pressestimmen von Montag, 05. April 2004

Barbara Zwirner4. April 2004

Demonstrationen gegen Sozialabbau / Vorwürfe gegen Welteke

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Die Kommentare in der deutschen Tagespresse widmen sich an diesem Montag unter anderem den bundeweiten Demonstrationen gegen Sozialabbau und den Vorwürfen gegen Bundesbank-Präsident Ernst Welteke.

Die Dresdner SÄCHSISCHE ZEITUNG schreibt:

"So verständlich es ist, dass viele Menschen die Nase voll haben von sozialen Einschnitten oder auch nur vom dissonanten Chor der Kürzungsbeauftragten - eine prinzipielle Alternative zum Sparkurs gibt es nicht. Insofern ähnelt das 'klare Signal' des DGB eher einem Irrlicht. Es ist auch nicht redlich, den Bürgern Alternativen zu versprechen, wo gar keine sind."

In der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG lesen wir:

"Die Gewerkschaften haben ein mächtiges Zeichen gesetzt. Das hat manche überrascht - das ist auch gut so. Denn Demokratie braucht Bewegung - und Bewegung braucht Gegenbewegung. Aber jetzt müssen sie ihrer eigenen Kundschaft auch sagen, was wirklich Sache ist. 700 Milliarden Euro werden im deutschen Sozialstaat umverteilt. Die Summe ist so gewaltig, das sich leider viele mit der These beschränkt haben, das müsse doch für alle reichen. Tut es aber nicht. So viel wie benötigt wird, um die Sozialsysteme ins Lot zu bringen, wird selbst eine wirklich mächtige Gewerkschaftsbewegung den Reichen nicht weg nehmen können."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU bewertet die Rolle der Gewerkschaften so:

"Die Gewerkschaften machen es ihren Kontrahenten wieder schwerer, sie haben sich nach der tiefen Krise berappelt. Zu lang sind die Protagonisten Kritikern auf den Leim gegangen, die von der unbegrenzten Gewerkschaftsmacht schwadronieren... Mit der aus Überheblichkeit gespeisten Realitätsverweigerung leitete die IG Metall das Streikfiasko im Osten ein und führte die Gewerkschafts-Bewegung auf den Tiefpunkt. In zäher Kleinarbeit bemühen sich Gewerkschafter wieder um die Menschen."

Die WESTFALENPOST aus Hagen kommentiert:

"Wenn an einem Tag in Deutschland 500.000 Menschen friedlich an Demonstrationen gegen den Sozialabbau teilnehmen, ist das zunächst einmal bemerkenswert. Es spiegelt Zukunftsangst, Unzufriedenheit und auch Verärgerung wider. Angesichts zahlreicher Wahlen, den Umfragetiefs hat sich die Regierung den Gewerkschaften hinsichtlich Garantien bei der Mitbestimmung und den Tarifautonomien sowie der Ausbildungsplatz-Abgabe bereits genähert. Doch das können auch die Gewerkschaften nicht anzweifeln: Dieser Staat benötigt soziale Veränderung, weil man nicht mehr ausgeben als einnehmen kann."

Das HAMBURGER ABENDBLATT sucht nach Hintergründen für die Vorwürfe gegen den Bundesbankpräsidenten Welteke:

"Vier Nächte im Hotel Adlon. In einer Luxussuite. Wer würde sich nicht gerne in der Berliner Nobelherberge verwöhnen lassen? Bundesbankpräsident Ernst Welteke hat sich den Traum erfüllt - mit seiner Familie. Und er hat keinen Cent dazubezahlt. Denn die Rechnung ging an die Dresdner Bank. Die Geschichte dürfte den vielen Beamten in Polizeistuben, Finanzämtern und anderen Behörden wie Hohn vorkommen. Während sie nicht einmal einen Kugelschreiber als Geschenk annehmen, weil sie fürchten, dies könnte ihnen als Bestechung ausgelegt werden, lässt sich einer der höchsten Bundesbeamten ohne Schuldgefühle von einer Privatbank eine Hotelrechnung über 7661,20 Euro bezahlen."

Und das Düsseldorfer HANDELSBLATT merkt an:

"Unpassend ist vor allem, dass sich Welteke von einer Bank hat einladen lassen. Die Forderung nach Rücktritt ist dennoch überzogen. Welteke ist ein integerer Mann, der sich bisher nichts hat zu Schulden kommen lassen."

Schließlich ein Blick in den MANNHEIMER MORGEN:

"Sollte zutreffen, dass es sich Welteke zum Jahrewechsel 2001/2002 vier Tage lang mit Kind und Kegel auf Rechnung der Dresdner in der Nobelherberge gut gehen ließ, dann wären die Grenzen des Üblichen weit überschritten und das Vertrauen in die Integrität des Bundesbankers nachhaltig erschüttert. Nicht allein der Umstand, dass sich ein Spitzenbeamter mit Spitzengehalt von einer Bank über Silvester aushalten lässt, macht Otto-Normal-Verbraucher betroffen. Bemerkenswert sind auch die Art und Weise, wie der öffentlich Gescholtene auf die Vorwürfe bisher reagiert hat. Statt sofort alle Details auf den Tisch zu legen, um Schaden von sich und seinem Amt abzuwenden, spricht er nebulös von einer Kampagne."