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Pressestimmen von Montag, 03. März 2003

Christina Pannhausen2. März 2003

Türkeivotum gegen Stationierung amerikanischer Soldaten / Festnahme von mutmaßlichem Topterrorist

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Im Blickpunkt der Kommentatoren der deutschen Tagespresse steht an diesem Montag die Abstimmung des türkischen Parlaments gegen eine Stationierung von mehr als 60.000 Soldaten an der Grenze zu Nordirak. Weiterhin wird die Festnahme des mutmaßlichen El-Kaida-Terroristen Chalis Scheich Mohammed kommentiert.

Zum Votum der Türkei gegen eine Stationierung der 60.000 US-Soldaten schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'Die Türkei an einem Krieg gegen ein muslimisches Nachbarland zu beteiligen und dabei zunächst geopolitisch, dann auch innenpolitisch die Kurdenfrage neuerlich aufzuwerfen - das war ziemlich genau das, was die Führung in Ankara nun ganz und gar nicht brauchen konnte. Auch wenn das türkische Parlament sein negatives Votum vom Samstag noch einmal korrigieren sollte: Der politische Schaden ist da, die Opferliste der amerikanischen Brachialdiplomatie ist länger geworden.'

Die Zeitung DIE WELT betont die Bedeutung der Partnerschaft beider Länder für die USA:

'Für Ankara steht die strategische Partnerschaft zur Weltmacht USA auf dem Spiel. Und Washington? Bush, Cheney, Rumsfeld und Co lernen: Es geht nicht ohne Partner. Ein Krieg gegen den Irak ist genauso eine internationale Angelegenheit wie der weltweite Kampf gegen den Terror. Auch die Supermacht braucht die "Kleinen": Chile, Angola oder Guinea im Weltsicherheitsrat genauso wie die Türkei, Ägypten oder Polen. Es geht um moralische Legitimation, die der UN-Sicherheitsrat geben kann. Sollten die USA sich darüber hinwegsetzen, werden sie eine einsame Supermacht mit isolationistischen Tendenzen sein.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt die negativen Folgen des Votums für die Türkei heraus:

'Ministerpräsident Gül und Parteichef Erdogan versuchen sich nun in Schadensbegrenzung. US-Präsident Bush sieht sich vom wichtigsten und stärksten Verbündeten seines Landes in der Region im Stich gelassen. Zu neuem Nachdenken über Sinn und Risiken seines geplanten Krieges wird ihn der Beschluss des Parlamentes in Ankara gewiss nicht veranlassen. Vielleicht aber dazu, der Türkei künftig die kalte Schulter zu zeigen, wenn es um Finanzhilfen für das chronisch krisengeplagte Land geht.'

Der Bonner GENERAL-ANZEITER stellt schließlich fest:

'Das Nein des türkischen Parlamentes zur Stationierung von US-Truppen für den Irak-Krieg sollte den USA zu denken geben. Einer der treuesten Verbündeten Washingtons, der auch noch finanziell völlig von den Amerikanern abhängig ist, hat den USA die kalte Schulter gezeigt. Die Türkei fürchtet sich vor dem Irak-Krieg mehr als vor dem Irak.'


Themenwechsel: Zur Festnahme des mutmaßlichen El-Kaida Terroristen meint die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus DÜSSELDORF:

'In Zeiten, in denen der Beginn eines weiteren Irak-Krieges leider nur noch eine Frage von Wochen zu sein scheint, ist dies endlich eine gute Nachricht und letztlich auch ein Signal. Zeigt die Festnahme doch, dass der vom US-Präsidenten begonnene Kampf gegen den Terror nicht zwingend mit militärischen Mitteln geführt werden muss. Vielmehr genügt manchmal die perfekte internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste, der Gerechtigkeit Genüge zu tun.'

Auch die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen betont die Bedeutung der Geheimdienste:

'Es ist gut zu sehen, dass neben den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner die Arbeit von FBI und Geheimdiensten nicht zu kurz kommt. Wer den Terror bekämpfen will, muss die Anführer der Terroristen finden, und er muss ihnen einen fairen Prozess machen. Er muss sich aber auch um die Ursachen von Terror kümmern und darf dabei nicht nur an der Oberfläche fischen. Noch sinnieren die USA über Präventivschläge. Doch das stärkt die, die es zu schwächen gilt.'

Und schließlich ist die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG der Ansicht:

'Der in Afghanistan noch davongekommene El-Kaida-Chef wird mit der Verhaftung seines Gefolgsmannes ein Stück mehr unter Druck gesetzt. Die Schlinge um seinen Hals wird enger. Wenn Fahndungsdruck und millionenschweres Kopfgeld bereits die Nummer Drei in der El-Kaida-Hierarchie zur Strecke bringen, warum sollte das nicht auch bei der Nummer Eins gelingen?'

Das war die Presseschau.