1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 8. Juni 2005

zusammengestellt von Reinhard Kleber 7. Juni 2005

Urteil des Verfassungsgerichs zu Unterhaltspflicht / 50 Jahre Bundeswehr / Ausstieg von Siemens aus dem Handy-Geschäft

https://p.dw.com/p/6kKD

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur begrenzten Unterhaltspflicht von Kindern ist das häufigste Kommentarthema der deutschen Tagespresse. Die Leitartikler befassen sich außerdem mit dem 50-Jahre-Jubiläum der Bundeswehr und dem Ausstieg von Siemens aus dem defizitären Handy-Geschäft.

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen wir zum Urteil aus Karlsruhe:

"Viele Sozialämter haben jahrelang versucht, das vierte Gebot neu zu schreiben. Darin steht bekanntlich, dass man Vater und Mutter ehren soll. Die Sozialämter machten, angesichts ihrer leeren Kassen, ein neues Gebot daraus. Es lautete so: Du sollst für Vater und Mutter bezahlen, so lange du lebest, auch wenn du selber kein Geld hast. Du sollst dann, wenn Vater und Mutter ins Pflegeheim kommen, notfalls ein Darlehen aufnehmen, um das zu finanzieren. Der Staat versucht so, sich aus der Sozialhilfe hinauszuschleichen, er ließ sich die Kosten von den Kindern refinanzieren. Das Bundesverfassungsgericht hat nun diesen Versuch des Staates beendet, die Sozialhilfe zu privatisieren."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU gibt Folgendes zu bedenken:

"Das Urteil stellt klar, dass die nachfolgende Generation zunächst für sich und ihre eigenen Kinder sorgen darf, bevor sie zusätzlich für ihre Eltern aufkommen muss. Allerdings bedeutet die Beseitigung von Unrecht nicht, dass nun allenthalben Gerechtigkeit beim Elternunterhalt herrscht. Noch immer pflegen viele Kinder ihre Eltern selbst, und sie ersparen der Allgemeinheit hohe Zuzahlungen. Sie selbst bekommen dafür, wenn überhaupt, Pflegeversicherungsgeld in vergleichsweise überschaubarer Höhe."

Zum Bundeswehr-Jubiläum schreibt die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

"Aus der einstigen Verteidigungswehr, die auf vorderstem Posten gegen die Armeen des Warschauer Paktes stand und nach der ostdeutschen Wende zehntausende NVA-Soldaten integrierte, ist längst eine weltweit einsetzbare Friedenstruppe geworden. Mit all den Problemen jedoch, die die neuen Aufgaben politisch, militärisch und finanziell mit sich bringen. (...) Von der Ausrüstung hier ist die Bundeswehr nur bedingt einsatzfähig. Die Auslandseinsätze binden einen Großteil der Kräfte. Und die von Peter Struck verfügten umfangreichen Standortschließungen folgen vor allem dem Diktat der leeren Staatskasse. Zum unbeschwerten Feiern besteht vor diesem Hintergrund eigentlich kein Anlass."

Der WIESBADENER KURIER beleuchtet anlässlich des Jubiläums den erhöhten Risiko-Faktor:

"Die Missionen im Kosovo-Krieg und in Afghanistan waren nur Vorboten künftiger regulärer Aufgaben. Vor allem der Verteidigungsminister hat das klar benannt und den Soldaten als Geburtstagsgruß sozusagen mitgegeben, dass sie in Zukunft mit Gefallenen bei Kriegseinsätzen in aller Welt zu rechnen haben. Die Sicherheitsinteressen des Landes werden von jeder möglichen neuen Regierung entsprechend global definiert."

Und nun zum Fall Siemens. Das COBURGER TAGEBLATT merkt an:

"Siemens-Aktionären mag ein Stein vom Herzen fallen, wenn der Verlustbringer Handy nun bereinigt wird und künftig nicht mehr auf das Ergebnis drückt. Doch das Verscherbeln dieses Produktbereiches nach Taiwan kann nicht zufrieden stellen. Warum nur hat der große Konzern, wenn es um die kleinen Drahtlosen ging, einen so schlechten Job gemacht? Bedenklich stimmt, dass nicht die Produktionskosten den Ausschlag gaben, sondern der mangelnde Erfindungsgeist der Entwickler den Handy-Hersteller immer weiter zurückwarf."

Weit kritischer äußert sich die WESTDEUTSCHe ALLGEMEINE ZEITUNG aus Essen:

"Siemens war angetreten, um zumindest die Nummer drei hinter Nokia und Motorola zu werden. Stattdessen fielen die Münchner bei einem Produkt, das jedes Kind kennt und somit Signalwirkung für das gesamte Image hat, immer mehr zurück. Bei Siemens ist jetzt zu hören, dass der neue Eigentümer aus Taiwan mehr Erfahrung beim Mobiltelefon habe. Wie bitte? Wer ist denn seit 150 Jahren im Elektrogeschäft tätig? Wer zählt sich - zu Recht übrigens - zu den Wegbereitern auch der Telefonbranche? Sicher sind die Kosten in Deutschland ein Problem, aber Missmanagement ist es ebenso. Für Siemens, eine der Hauptschlagadern der deutschen Industrie, ist es ein sang- und klangloser Rückzug."