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Pressestimmen von Mittwoch, 29. September 2004

Herbert Peckmann28. September 2004

Deutschland liefert Transportpanzer an Bagdad / CDU will Kündigungsschutz weiter lockern / Harter Sanierungskurs bei Karstadt-Quelle

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen befassen sich unter anderem mit der geplanten Lieferung von 'Fuchs'-Transportpanzern an den Irak, den CDU-Reformplänen zum Kündigungsschutz und mit dem Umbau des Karstadt-Quelle-Konzerns.

Zur Ankündigung der Bundesregierung, 20 'Fuchs'-Transportpanzer an den Irak zu liefern, fragt die Zeitung DIE WELT:

"Verliert die rot-grüne Regierung jetzt ihre rüstungsexportpolitische Unschuld? Die geplante Lieferung von 20 Transportpanzern in das irakische Kriegsgebiet könnte so gesehen werden. ... Sicher ist ..., dass dieses Panzerfahrzeug nicht für den Transport der Fußballmannschaft von Bagdad, sondern für die sichere Passage schwer Bewaffneter durch von Heckenschützen und Sprengfallen gefährdetes Territorium gedacht ist. Der Fuchs ist originäres Kriegsgerät ... . So spielt die Regierung ein seltsam doppeltes Spiel: Die gleichen Fahrzeuge, die nicht an Israel gehen durften, weil sie dort gegen aufständische Palästinenser hätten genutzt werden können, sollen nun im Irak rollen."

Zur Innenpolitik. Die Absicht der CDU, für den Fall einer Regierungsübernahme den Kündigungsschutz zu lockern, um mehr Wachstum und Arbeit zu erreichen, beschäftigt die Zeitung TZ aus München:

"Angela Merkel hat ohne Zweifel Probleme. Um dem Vorwurf ihrer Gegner zu entkräften, sie grenze sich nicht deutlich genug von Schröders Reform-Kurs ab, legt Merkel jetzt eine Radikal-Kur vor, die weit übers Ziel hinaus schießt: Arbeiten praktisch ohne Zeitlimit, Mitbestimmung weg, Recht auf Teilzeit-Jobs weg. Das Ärgerlichste an all diesen schönen arbeitgeberfreundlichen Ideen ist, dass sie keine neuen Stellen schaffen werden, aber viele neue Probleme."

Die Tageszeitung TAZ aus Berlin hält die Vorschläge der CDU für uninteressant. Das Blatt schreibt:

"Es ist gut, wie sich die Union gerade öffentlich streitet, zu Personal- und Strategiedebatten sind Oppositionszeiten da. Doch das Publikum, von der Regierung nicht verwöhnt, wartet vergeblich auf interessante Vorschläge. Es bekommt stattdessen die derzeit populäre Mischung aus Abbau von Arbeitnehmerrechten und Sozialleistungen serviert, gewürzt mit überholter Technik. Was sie von solcher Kost halten, haben die Bürger in den vergangenen Wochen demonstriert und sind bei Wahlen schlicht zu Hause geblieben."

Auch das HANDELSBLATT vermisst ein gesellschaftliches, politisches und wirtschaftliches Generalrezept von CDU und CSU. Dort heißt es:

"In diesen Wochen entscheidet sich, ob der Union doch noch ein großer Wurf gelingt: Sie führt gegenwärtig einen der großen Richtungskämpfe in der deutschen Parteiengeschichte. Man kann seine Bedeutung gar nicht überschätzen, auch wenn es vordergründig nur um Reformdetails geht: Jetzt fällt die Vorentscheidung darüber, ob sich die CDU/CSU zur Bundestagswahl als ordnungspolitische Alternative zur rot-grünen Regierung positioniert."

Nochmals Themenwechsel. Zum neuen harten Sanierungskurs bei Karstadt-Quelle meint die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

"Es ist der große Befreiungsschlag, den Karstadt-Quelle-Chef Christoph Achenbach nun wagt. Aber wird er das Unternehmen wirklich befreien? Achenbach und viel mehr noch Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff setzen auf ein radikales Sanierungskonzept. Alle kleineren Häuser mit weniger als 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen verschwinden. Auch vom Textilkaufhaus Sinn-Leffers, Runners Point und seiner Starbucks-Beteiligung will sich das Unternehmen trennen. Vermutlich werden Tausende von Arbeitsplätzen wegfallen. All dies ist angesichts der desolaten Lage des Konzerns unvermeidlich."

Auch der MANNHEIMER MORGEN sieht den neuen Kurs bei Karstadt-Quelle skeptisch. Das Blatt analysiert:

"Alle großen deutschen Handelskonzerne 'überleben' angesichts der schwachen Binnenkonjunktur mithilfe ihrer lukrativen Engagements im Ausland, hier hat Karstadt heftigen Nachholbedarf. Doch die interessantere Frage ist nun: Wie sieht es mit den Perspektiven des Unternehmens aus? Die Antwort ist schwer: Das Warenhausgeschäft bleibt auch nach der geplanten Abgabe von rund der Hälfte der Filialen äußerst schwierig. Man kann nur hoffen, dass die Bereiche Versand und Touristik Karstadt die Einnahmen bescheren, die das Unternehmen braucht, um die traditionsreichen 'Konsumtempel' mit durchzuziehen."