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Pressestimmen von Mittwoch, 28. Februar 2007

Herbert Peckmann27. Februar 2007

Verfassungsgericht stärkt Pressefreiheit

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Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall des Magazins CICERO steht im Mittelpunkt der deutschen Zeitungskommentare. Die einhellige Meinung: Mit der Entscheidung wurde die Pressefreiheit in Deutschland gestärkt. Für einen Durchsuchungsbefehl reiche also nicht der bloße Verdacht, dass ein Journalist Beihilfe zum Geheimnisverrat geleistet haben könnte.

Die LANDSHUTER ZEITUNG stellt fest:

"Jetzt ist es höchstrichterlich klargestellt: die Pressefreiheit darf nicht angetastet, nur weil der Staat seine Beamten nicht im Griff hat. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, nach dem die Razzia bei CICERO gegen das Grundgesetz verstoßen hat, ist der Garant dafür, dass Journalisten wieder angemessen arbeiten können."

Die Berliner TAZ meint:

"Staatliche Skandale können meist nur unter Missachtung von Geheimhaltungsvorschriften aufgeklärt werden. Dazu braucht die Presse Informanten im Apparat, und die Beziehungen der Informanten zur Presse müssen geschützt werden. Diesen Informantenschutz hat das Bundesverfassungsgericht gestern erhöht. Das ist erfreulich. Aber es gibt keine absolute Sicherheit: Im Prinzip können sich Journalisten auch weiter der Beihilfe zum Geheimnisverrat schuldig machen."

Die AACHENER ZEITUNG verweist auf den grundsätzlichen Charakter des Urteils:

"Die Pressefreiheit hat ihre Bedeutung wieder erlangt, die Arbeit der Journalisten wird abgesichert. ... Informanten können wieder leichter Vertrauen in Journalisten fassen. Warum das wichtig ist? Weil es im Interesse der Bürger liegt, dass Skandale aufgedeckt, korrupte Machenschaften enttarnt werden, kurzum, dass Unrecht angeklagt wird. Diese Funktion nimmt die Presse gerne wahr, allerdings muss sie sich auf eine rechtliche Absicherung verlassen können."

Auch DER TAGESSPIEGEL aus Berlin meint:

"Karlsruhe hat dem recherchierenden, dem investigativen Journalismus den Rücken gestärkt. Mehr noch, das Verhältnis von Pressemacht und Staatsgewalt wurde neu justiert. ... Der Staat, jeder Staat hat sein schützenswertes Arkanum (Geheimnis), gewiss, die Presse hat das ihre. Der große Raum dazwischen heißt Öffentlichkeit. ... Das Karlsruher Urteil signalisiert nun, dass das Informationsinteresse der Allgemeinheit bedeutender ist als das Geheimhaltungsinteresse der Verwaltung."

Ähnlich sieht es die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt:

"Die Richter in Karlsruhe haben ein deutliches Wort gesprochen. ... Es mag in anderen Ländern anders sein, in Deutschland dürfen ermittelnde Behörden selbst mit dem Verweis auf die zunehmende Gefahr durch den Terrorismus nicht alles."

Die Zeitung DIE WELT verweist auf die Haltung des ehemaligen Innenministers Schily -SPD-, der das Vorgehen der Strafverfolger im Fall Cicero gebilligt habe. Zitat:

"Nun ist es zweifellos eine zentrale Aufgabe des Rechtsstaats, für die Sicherheit seiner Bürger Sorge zu tragen. Die zentrale Botschaft des Verfassungsgerichtes gestern aber lautete: Bei der nötigen Austarierung des Spannungsverhältnisses zwischen Sicherheit und Freiheit dürfen die Grundrechte nicht ins Hintertreffen geraten. Sie sind der Maßstab, für den Gesetzgeber ebenso wie für die Strafverfolger."

Die STUTTGARTER ZEITUNG denkt über die Verantwortung in den Redaktionen nach. Das Blatt meint:

"Jetzt ... liegt es auch an den Medien selbst, wieder verstärkt über die Grenzen einer verantwortungsvollen Nutzung der eigenen Freiheit zu streiten. Die Medien haben ihre Vorrechte nämlich nicht bekommen, um mit Sensationshascherei den eigenen Profit zu steigern. Zeitungen sind kein Produkt wie alle anderen auch. Sie haben sich der besonderen Verpflichtung zu stellen, die sich aus den ihnen gewährten Rechten ergibt."

Hier stellt die FRANKFURTER RUNDSCHAU die Frage:

"Warum all das nicht nur Medienleute interessieren sollte? Weil der Schutz der Pressefreiheit allen nutzt. Im Alltag mag das zwischen all den Geschichtchen und Geschichten der Medien nicht auffallen. Aber schon das Wissen in Politik und Wirtschaft, dass ihr Handeln an die Öffentlichkeit gelangen könnte, bietet einen gewissen Schutz vor Willkür."

So kommentiert auch das HANDELSBLATT:

"Mit der Karlsruher Entscheidung herrscht endlich Rechtssicherheit. Doch die Pressefreiheit ist weiter bedroht. Denn in den Stuben der Bürokraten werden ständig neue Überwachungsmechanismen erdacht und geplant. Warum sind beispielsweise Telefongespräche von Journalisten nicht ähnlich wie bei Anwälten oder Pfarrern vor Überwachung geschützt? ... Es gibt noch viel zu tun, damit die Pressefreiheit auch weiterhin gesichert bleibt. Die Entscheidung der Verfassungsrichter unterstreicht, wie wichtig freie Medien für das Wohl der Demokratie sind."

Zum Schluss die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG:

"Ohne Freiheit für Journalisten ist Demokratie undenkbar. ... Dabei ist die Pressefreiheit so gefährdet wie nie, nicht nur vom Staat, sondern auch in den Medien selber, in denen manche Manager für einen Taler mehr in der Bilanz auf die Demokratie pfeifen schon dramatisch in den USA, immer öfter auch bei uns. Gegen die Willkür des Staates hilft das Verfassungsgericht als verlässlicher Begleiter eines unabhängigen Journalismus, gegen den Ausverkauf in den Medien helfen nur Menschen mit Verantwortungsgefühl, für die Leser und die Demokratie."