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Pressestimmen von Mittwoch, 26. März 2003

zusammengestellt von Bernhard Schatz25. März 2003

Irak-Krieg / Kosten / Medien

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Die Invasion der Alliierten im Irak, die Kosten des Kriegs und die Berichterstattung stehen im Mittelpunkt der Kommentare deutscher Tageszeitungen am Mittwoch.

Zur Kriegskosten-Rechnung schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:
'Vorerst ist schwer zu sagen, was gewagter ist: Die Prognose eines raschen Sieges oder die haushälterische Akrobatik einer Regierung, die es in nur zwei Jahren geschafft hat, Rekordüberschüsse in Rekorddefizite zu verwandeln. Denn es ist ja nicht nur so, dass der Präsident sich vom Kongress die Kriegskasse auffüllen lassen will. Er will auch neue Steuersenkungen überwiegend für Besserverdienende. Wo das Geld herkommen soll? Es gibt erste Ideen. Kürzungen bei Bildung und Gesundheit sind im Gespräch. Auch Programme für Kriegsveteranen sollen zusammengestrichen werden. Das aber hat Zeit. Noch kämpfen die Jungs ja.'

Das Düsseldorfer HANDELSBLATT kommentiert:
'Selbst vielen Parteifreunden des Präsidenten wird angesichts der wachsenden Haushaltsdefizite angst und bange. Die sehr optimistische Kriegskalkulation vergrößert das Loch im Bundesetat auf fast 400 Milliarden Dollar im laufenden Finanzjahr. Das bringt das Defizit in eine ökonomisch problematische Größenordnung von vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und viele viele Ökonomen zweifeln ohnehin daran, dass die Konjunktur nach Kriegsende wieder auf Touren kommt.'

Im Kölner EXPRESS lesen wir:
'Die Generäle waren wohl zu optimistisch. Nach fast einer Woche Krieg kann von einem Spaziergang nach Bagdad nicht mehr die Rede sein. Der Widerstand ist härter als erwartet, und der erhoffte Jubel über die Befreier weit und breit nicht zu hören. Was den Invasoren bleibt, ist die vage Hoffnung auf eine schnelle Entscheidung in Bagdad. Der Diktator wird diesen letzten Akt möglicherweise nicht überleben, aber einen Sieg hat er dennoch schon jetzt errungen. Die arabische Straße feiert den Tyrannen und Verbrecher bereits als neuen Helden des Heiligen Krieges.'

Der BERLINER KURIER sieht es so:
'US-Präsident George W. Bush wollte der Welt weismachen, dass der Krieg im Golf nur einem Ziel und einem Mann gilt. Der Irak sollte entwaffnet, Saddam Hussein aus dem Amt gehebelt werden. Dem Volk im Zweistromland wollte er die Freiheit bringen, kein Leid zufügen. Man muss schon sehr blauäugig sein, um diese Argumentation für bare Münze zu nehmen. Jeden Tag wird sie nun von der Wirklichkeit grausam widerlegt. Das Volk leidet. Es wird für die Iraker sehr schwer werden, die Freiheit zu lieben, die ihnen mit Raketen gebracht wurde.'

Die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven meint:
'Es ist schon erstaunlich, mit welcher Naivität die Amerikaner davon ausgehen, dankbar empfangen zu werden. Richtig ist zwar, dass die Bevölkerung in weiten Teilen des Iraks den Diktator zum Teufel wünscht. Doch sind die USA für viele alles andere als vertrauenswürdige Befreier. So haben die Menschen im Süden Iraks nicht vergessen, dass Washington sie zu Zeiten des vorherigen Golfkriegs erst zum Aufstand ermuntert, dann aber jede Unterstützung verweigert hat. Saddam Hussein konnte an den Aufrührern ungehindert grausam Rache nehmen. Vermutet werden 15.000 Tote.'

Den Krieg und die Berichterstattung kommentiert die NEUE PRESSE aus Coburg so:
'In den USA wurde die Presse seit dem 11. September 2001 mehr oder inder gleichgeschaltet. Kaum eine Zeitung, kaum ein Sender wagte, die so genannte Terror-Abwehr der Bush-Administration zu kritisieren: Dass Amerika den auf Guantanamo gefangenen angeblichen El-Kaida- Kämpfern nicht einmal die geringsten Rechte zugestehen will - kein Problem. Dass die USA mit dem Angriff auf den Irak das Völkerrecht mit Füßen tritt - Amerika wird sich doch wehren dürfen. Dass Washington den internationalen Gerichtshof zur Verfolgung von Kriegsverbrechen nicht anerkennen will - man befindet sich doch im Selbstverteidigungskrieg. Die US-Presse hat unter Bush das Nicken gelernt - immer in der Angst, als unpatriotisch gebrandmarkt zu werden.'

Zum Schluss die SAARBRÜCKER ZEITUNG zu diesem Aspekt:
'Die Medien selbst haben tagtäglich neu zu wägen, was sie ihren Lesern und Zuschauern zeigen können oder nicht. Und da haben es auch die deutschen Medien schwer. Woran sie sich orientieren müssen, ist ihre journalistische Professionalität: Das heißt, die brutale Fratze des Krieges zu zeigen, ohne dem Gewalt-Voyeurismus zu erliegen. Dass sie dafür nicht mit den Truppen ins Bett steigen müssen, wie die neue Spezies der im Panzer mitrollenden «eingebetteten Korrespondenten», versteht sich von selbst.'