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Pressestimmen von Mittwoch, 24. Dezember 2003

23. Dezember 2003

Weihnachten/ Reformen/ Europäische Marsmission

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Das Thema Weihnachten, ein Rück- oder Ausblick auf die Reformen in Deutschland und die Europäische Mars-Mission beschäftigen an diesem Mittwoch die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München macht sich grundsätzliche Gedanken zum Weihnachtsfest:

"Wann ist er eigentlich lieb, der liebe Gott? Offensichtlich an Weihnachten. Da ist er das liebe Christkind, da ist er klein, unkompliziert, unschuldig, possierlich. Da ist er Kind, Gott in nuce sozusagen, entwicklungsfähig, aber noch nicht strafmündig. Dieses Kind kann man also nicht anklagen, nicht haftbar machen, man kann es nur anhimmeln - und die Probleme, die man mit dem großen Gott hat, hat man mit dem kleinen in der Krippe nicht. Weihnachten ist das Fest, in dem sich Gott klein macht, auf dass die Menschen verstehen, dass sie das Überwinden der von ihnen angerichteten Katastrophen nicht Gott dem Herrn überlassen können. So gesehen ist Weihnachten gar nicht so possierlich. Es verlangt ziemlich viel: orare et laborare - beten und arbeiten an einer besseren Welt."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder wirft einen Blick auf die Weltlage:

"Weihnachten 2003, haben Umfragen ergeben, wird von den Deutschen wieder besinnlicher gefeiert als in den Jahren zuvor; weniger Hektik, weniger Kommerz, mehr Ruhe. Das wird so sein - in unsicheren Zeiten wird Halt und Trost gesucht in der Gemeinschaft. Und die Zeiten sind unsicher: Der Weltfriede ist bedrohter denn je, weil die Sieger des Krieges gegen Saddam Hussein den Frieden nicht gewonnen haben, und weil irrationaler Hass den Terror schlimmer denn je beflügelt."

Die NEUE WESTFÄLISCHE richtet ihr Augenmerk auf die deutsche Gesellschaft:

"Kinder, Alte und Kranke benötigen unseren Zuspruch. Arbeitslose brauchen Arbeit. Das sind wir, die Gesellschaft, ihnen schuldig. Gerechtigkeit ist ein hohes Gut, wenigstens möchte man dran glauben, dass es sie gibt. Deshalb hat der Bundestagspräsident Recht, wenn er in diesen Tagen die Erhöhung ohnehin gigantisch hoher Gehälter von Unternehmensvorständen als 'obszönen Vorgang' geißelt. Dabei geht es nicht darum, ob Unternehmenslenker verdienen, was sie bekommen, sondern es geht um das Gespür für Befindlichkeiten in der Bevölkerung."

Weihnachten ist für die FRANKFURTER RUNDSCHAU Anlass sich mit der Reformfähigkeit Deutschlands zu befassen:

"Verunsichert, zukunftsängstlich, zu großen Teilen verdrossen verlieren wir die Lust selbst an dem, wovon man uns lange Zeit die Befriedigung aller Bedürfnisse versprach: dem Konsum. Trotzdem scheinen wir, verunsichert durch die Zumutungen des ökonomischen Wandels, die übliche Begleitmusik, die Hektik und die schönen Werbe-Versprechen zu brauchen. Die Wohlstands-Gesellschaft verabschiedet sich mit einer Party zu Dumping-Preisen. Es wäre ihr zu wünschen, dass sie nach dem Kater die Ruhe findet, darüber nachzudenken, was sie sich noch leisten kann und will. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit."

Die NEUE RUHR/ NEUE RHEIN-ZEITUNG aus Essen meint zum gleichen Thema:

"Unsere Reformdebatte hat zum einen die Verlustängste der Menschen zu berücksichtigen. Sie muss zum anderen einer Politik den Weg ebnen, die gerechtere Bildungszugänge schafft, ein gerechteres Steuersystem, einen gerechteren Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern und - mit Blick auf die Chancen künftiger Generationen - auch ein gerechteres Sozialsystem. 'Gerechtigkeit erhöht ein Volk', heißt es in den Sprüchen, 14,34. Das Bibelwort gilt es zu beherzigen. Nicht nur zu Weihnachten."

Für die STUTTGARTER ZEITUNG hat selbst die europäische Mars-Mission noch einen Bezug zu Weihnachten:

"Gebannt blicken wir wieder gen Himmel, fliegen und bohren in der Fantasie mit und hoffen auf irgendwie erlösende Zeichen. Denn eben daraus rührt die Spannung: Was Beagle ergründen soll, hat mit jenen Menschheitsfragen zu tun, die weit über die Welt, wie sie nun einmal ist, hinausreichen. Im Kern kann man sie religiös nennen, auch wenn sie sich noch so säkular drapieren. Woher kommen wir, wohin gehen wir die Frage aller Fragen meint nichts anderes als die Suche nach Gott."

Zusammengestellt von Gerhard M Friese.