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Pressestimmen von Mittwoch, 23. Juni 2004

22. Juni 2004

Haushaltsentwurf / Inguschetien / Dutroux

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Mittwoch vor allem mit drei Themen: mit dem Haushaltsentwurf von Finanzminister Hans Eichel, mit den Anschlägen in der südrussischen Kaukasus-Republik Inguschetien und schließlich mit der Verurteilung des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux.

Zum Haushaltsentwurf schreibt die WELT aus Hamburg:

"Finanzminister Hans Eichel treibt die nackte Not. Nur durch einen Trick kann er sich von Aktien der Post und Telekom so schnell trennen, wie er das Geld braucht. Voraussichtlich wird es nach bewährtem Muster laufen: Ein Großteil der Papiere verkauft der Bund an die staatseigene KfW-Bankengruppe. Allein dadurch kann es Eichel - wenn überhaupt - gelingen, einen verfassungskonformen Etat vorzulegen. So könnte sich Eichel vielleicht bis ins Jahr 2006 hinüberretten."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München meint dazu:

"Letztlich hat es diese Regierung verpasst, in den zwei Jahren des wirtschaftlichen Booms, die ihr bis 2001 vergönnt waren, die nötigen Reformen anzupacken. Doch damals machte sich rund ums Kanzleramt eine Haltung breit, die ein Regierungsmitglied in die drei Worte packte: "Zurücklehnen und genießen." Damals wären die Einschnitte, die nun erfolgen müssen, nicht so schmerzhaft gewesen. Der Umbau der Sozialversicherungen und des Arbeitsmarkts wären als Maßnahmen verstanden worden, die langfristig Wachstum und den Wohlstand sichern, und nicht als Notoperationen. Jetzt bleibt dem Kanzler nur noch das Prinzip Hoffnung."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert die Angriffe in südrussischen Kaukasus-Republik Inguschetien:

"... Umfang und Koordination der Angriffe deuten denn auch darauf hin, dass nicht Tschetschenen allein dahinterstehen, sondern dass nordkaukasische Kräfte mitwirken, die auch anderswo - etwa in Nord- Ossetien - endgültig von Russland loswollen. In ihren Reihen stehen auch Muslime nicht-kaukasischer Herkunft. Sie wollen nicht nur die Tschetschenen, sondern alle Muslime der Region, von russischer Herrschaft befreien. ... Erschwert wird die Lage noch dadurch, dass die weniger fanatischen Tschetschenen längst eine Geisel ihrer Extremisten geworden sind. Diese wenden sich gegen die verhassten Russen im Namen einer islamistischen Ideologie, welche die meisten ablehnen; doch sie können sich "ihrer" Extremisten nicht erwehren. Das kaukasische Dilemma hat viele Facetten."

In der NÜRNBERGER ZEITUNG heißt es dazu:

"Die Rebellen fühlen sich nicht nur sicher, sondern stark. Schon in der vergangenen Woche hatte der untergetauchte tschetschenische Ex- Präsident Aslan Maschadow eine Offensive angekündigt. Aus diesen Worten spricht ein erstaunliches Selbstbewusstsein, vielleicht sogar Überheblichkeit. Der Zusammenhang mit dem kaum unabsichtlich gewählten Zeitpunkt des Überfalls in Inguschetien - es ist der 62. Jahrestag des deutschen Angriffs auf Sowjetrussland - lässt sogar den Schluss zu, dass die tschetschenischen Rebellen "Größeres" vorhaben: Eine islamistische Brandstiftung im gesamten Nordkaukasus."

Die WETZLAER NEUE ZEITUNG beschäftigt sich mit dem Urteil für den belgischen Kinderschänder Marc Dutroux:

"Beunruhigen muss die Erkenntnis, dass extrem gestörte Menschen wie Marc Dutroux jederzeit und an jedem Ort der Welt ihr Unheil anrichten können. Dann kann man sich nur wünschen, dass ein Staat ihnen früher das Handwerk legt als Belgiens Polizei und Justiz dem Kindermörder Dutroux. Auch dazu ist der seine Bürger schützende Staat - neben einem gerechten Gerichtsverfahren - verpflichtet."

Abschließend schreibt die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld:

"Das Wort Höchststrafe klingt am Ende dieses spektakulärsten Prozesses der belgischen Nachkriegsgeschichte zynisch. Zynisch ist auch die uneinsichtige Haltung, die Dutroux selbst demonstriert hat. Der belgische Staat insgesamt hat unter dem Damoklesschwert des Falles Dutroux gelitten. Die zwölf Geschworenen und der gestrige Richterspruch haben einen juristischen Schlussstrich gezogen. In Vergessenheit geraten darf der Fall Dutroux nie."

Zusammengestellt von Annamaria Sigrist.