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Pressestimmen von Mittwoch, 19.Juni 2002

Herbert Peckmann. 18. Juni 2002

Kanzlerkanditat Stoiber beim CDU-Parteitag/Terror in Israel

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Die Rede von Unions-Kanzlerkanditat Edmund Stoiber auf dem CDU-Parteitag in Frankfurt am Main steht im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tageszeitungen. Ein weiteres Thema ist das Selbstmord-Attentat auf einen vollbesetzten israelischen Linienbus.

Zunächst zum CDU-Parteitag. DIE WELT schreibt:

"Edmund Stoiber hat eine große Rede gehalten. Vielleicht die beste seines bisherigen politischen Lebens. Dass er angreifen wird und den Anspruch auf die Kanzlerschaft erhebt, war absehbar. Unerwartet dagegen war, wie persönlich und ohne die bekannten Umschweife er die Bundestagswahl auch zur Abstimmung über sich selbst machte. Kein abstraktes Wir, kein Verschanzen hinter Wahlprogrammen und
Kompetenzmannschaften. Seine Botschaft hieß: 'Ich bin der Bessere'. Und in dieser Haltung ließ er keine Unklarheiten aufkommen. ... Stoibers Rede war eine ganz persönliche, und dieses Persönliche war auch ihre leitende Idee. ... Seine Rede zeigte einen neuen, mitfühlenden Konservativismus, dem Freiheit und Fürsorge keine Gegensätze sind. Es war mehr als eine Kandidatenrede. Stoiber ist auf dem Weg zu einer Vision."

Kritischer sieht es der BERLINER KURIER:

"Die Union hat sich einmütig hinter beiden eingereiht. Doch
Parteitage sind das Eine, der Straßen-Wahlkampf das Andere. Und der beginnt nach den Sommerferien. Und erst dann wird sich zeigen, wer der Bessere ist und als Sieger aus der Wahl am 22. September hervor geht. In diesem Wahlkampf geht es jedoch nicht um Programme oder um
eine neue Politik. Beide Parteiprogramme unterscheiden sich nicht wesentlich. Wer immer Kanzler sein wird, muss sparen."

Das meint auch die MÄRKISCHE ODERZEITUNG. Das Blatt schreibt:

"Wer sich den Zustand der öffentlichen Haushalte anschaut, muss ehrlich eingestehen, dass Vieles derzeit nicht geht. Es sei denn, woanders wird heftig gekürzt oder die Konjunktur zieht spürbar an. Kurzum: Das Programm ist in weiten Teilen auf dem Prinzip Hoffnung aufgebaut. Doch auch unter einem Kanzler Stoiber gelten die Grundrechenarten. Hier sollte die Union die Wähler nicht unterschätzen."

Die BREMER NACHRICHTEN sind mit dem Verlauf des Parteitages zufrieden:

"Der Wahl-Parteitag der CDU ist nach einem perfekten Plan
abgelaufen. Der krönende Abschluss einer an Partei-Disziplin kaum zu übertreffenden Veranstaltung war dem Hoffnungsträger Edmund Stoiber vorbehalten. Und auch der tat genau das, was von ihm erwartet wurde.
Die Christdemokraten fahren mit dem Gefühl nach Hause, dass sie es am 22. September packen können. Packen werden."

Analytisch sieht es die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Dort heißt es:

"Wahlkampf ist Psychologie, Stimmung und Gefühl. In allen drei Kategorien führt die Union deutlich vor der SPD. Das beste Beispiel dafür ist die erstaunliche Rede des Kanidaten Stoiber. ... Seit 1998 gab es keinen Parteitag von CDU oder SPD, auf dem der Hauptredner beim Publikum eine solche Wirkung erzielt hat wie der eigentlich durchschnittliche, oft auch schwache Redner Edmund Stoiber am Dienstag in Frankfurt. In diesem Sinne ist Stoiber über sich
hinausgewachsen und daraus entsteht große Gefahr für Schröder."

Soweit die Kommentare zum CDU-Parteitag. - Zum Selbstmord-Attentat auf einen vollbesetzten israelischen Linienbus meint der MANNHEIMER MORGEN:

"Israels Premierminister Scharon wird wieder seine Panzer
ausschicken, um Terroristen-Verstecke zerstören zu lassen. Aber jede militärische Operation, alle Zerstörungen, Repressionen und Kontrollen haben bislang nicht verhindern können, dass fanatisierte Selbstmörder ahnungslose Menschen mit in den Tod reißen. Selbst der Bau eines Anti-Terror-Zauns wird diesen Wahnsinn kaum stoppen können. ... Friedensdiplomatie hat derzeit im Nahen Osten keine
Hochkonjunktur, stattdessen regiert Gewalt. Und jedes Blutbad lässt nicht nur Zäune, sondern auch Mauer und Stacheldraht in den Köpfen der Menschen weiter wachsen."

Zum Schluss noch die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG:

"Historisierende Betrachtungen über den Kern des Konflikts und die ständige Wiederholung gegenseitiger Schuldzuweisungen führen nicht weiter. Entscheidend wäre, dass Israel und die Palästinenser sich der Einsicht fügten, dass die bewaffnete Auseinandersetzung nur tiefes Leid zur Folge hat, jenen furchtbaren Nährboden für Hass, der
schließlich in perverser Umkehr der Ursachen zu einer Legitimation der Gewalt als Selbstzweck wird. Damit lässt sich die Zukunft nicht gewinnen, nur verspielen. Dies ist eine bittere Bilanz angesichts der Tatsache, dass Israel und die Palästinenser einem Ausgleich schon einmal sehr nahe waren: bei den Verhandlungen in Camp David."