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Pressestimmen von Mittwoch, 17.April 2002

zusammengestellt von Helmut Schmitz. 16. April 2002

Djerba-Ermittlungen/Terroristen-Prozess/Niederlande-Regierungsrücktritt

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Beherrschendes Thema der Kommentare in den deutschen Tageszeitungen sind an diesem Mittwoch die Bemühungen um die Aufklärung des mutmaßlichen Anschlags auf der tunesischen Ferieninsel Djerba.
Außerdem ist der Rücktritt der niederländischen Regierung ein Thema.

Zunächst zum Geschehen in Djerba. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE schreibt:

'Nun soll auch in Zusammenhang mit der Explosion vor der Synagoge La Ghriba auf Djerba eine der Spuren nach Deutschland führen. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, so wäre das ein Beleg dafür, daß es Islamisten in Deutschland trotz Rasterfahndung und hohen
Sicherheitsvorkehrungen weiterhin gelingt, unerkannt als Teil eines weltweiten islamistischen Netzes zu leben...Jene, die das Terrornetz längst zerschlagen wähnten, werden in diesen Tagen eines Besseren belehrt. Die Strukturen des Terrors sind intakt'.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint dazu:

'In Djerba wurde der Tod von Touristen nicht nur billigend in Kauf genommen. Eine Gasbombe zu dieser Tageszeit an dieser Stelle zu zünden, bedeutet: Hier war nicht nur das Gemäuer einer Synagoge das Ziel. Es war auch ein Anschlag auf den westlichen Tourismus in arabischen Ländern. Nach dem Ende der Illusion, der schnelle Bombenkrieg in Afghanistan habe das Terrorismusproblem erst einmal
gelöst, bleibt einerseits kriminalistische Aufklärungsarbeit zu tun.Da sind, auch in diesem Fall, voreilige Schuldzuordnungen fehl am Platz. Ob wirklich Bin Ladens El-Kaida am Werk war, muss sich erst zeigen. Umso wichtiger aber wird jenseits von Aufklärung und Tätersuche, dass die Rückkehr des Terrors mit einer Rückkehr der Politik beantwortet wird'.

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER verbindet das Geschehen auf Djerba mit dem Prozess gegen fünf Islamisten, der in Frankfurt begonnen hat:

'Der Anschlag auf Djerba hat endgültig gezeigt, dass der israelisch-palästinensische Konflikt längst internationalisiert ist. Deutschland könnte dabei eine gefährliche Rolle zufallen. In Frankfurt begann gestern der Prozess gegen fünf mutmaßliche El-Kaida-Terroristen, die am Main eine Terrorzelle gegründet haben sollen. Der Prozess wird es
erweisen. In einer freiheitlichen Gesellschaft und in einem Land mit weitgehend offenen Grenzen ist Derartiges nicht auszuschließen'.

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München heißt es:

'Es gilt etwas zu beweisen im Terroristenprozess zu Frankfurt am Main. Es gilt zu beweisen, dass es ohne Guantanamo-Methoden geht - ohne die US-amerikanische Willkür bei Verfolgung und Bestrafung islamistischer Terroristen also, ohne ein Sonderrecht, welches das Recht aufhebt. Der Strafprozess gegen Angeklagte, die ein Attentat auf den Straßburger Weihnachtsmarkt geplant haben sollen, ist ein
bedeutender Prozess, einer, der auch der globalen Gewaltprävention dient. Dieses Verfahren kann und soll zeigen: Der Rechtsstaat ist in der Lage, mit klassischen Mitteln islamistischen Terrorismus zu verfolgen - und damit all die zu widerlegen, die gerne und schnell davon reden, dass die Instrumente des Rechtsstaates zu stumpf seien.'

Themenwechsel: Den Rücktritt der niederländischen Regierung kommentiert die BERLINER ZEITUNG so:

'Mit ihrem Rücktritt hat die niederländische Regierung gestern die Verrechtlichung des Krieges beschleunigt. Sie hat mit ihrer Demission - nicht offiziell, doch faktisch - eine politische Frage mit Hilfe einer juristischen Figur beantwortet, die an und für sich allein im Strafrecht gilt - die Garantenhaftung. Danach wird bestraft, wer eine Rechtspflicht zum Handeln trägt, gleichwohl im entscheidenden Augenblick nicht tätig wird und damit einen anderen schädigt.Juristen bezeichnen das als Unterlassungsdelikt - nichts anderes war der Abzug der niederländischen Blauhelm-Soldaten aus der UN-Schutzzone Srebrenica.'

Abschließend die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt zu diesem Thema:

'Der Bericht über die Ursachen des Versagens der Blauhelme
verweist auf generelle Schwachpunkte des Eingreifens in
Krisengebieten. Das betrifft nicht nur die Niederländer. Mangelnde Vorbereitung, fehlende Ausrüstung und einen unklaren Auftrag bemängeln die Historiker zu recht. Damit kann das, was den Niederländern geschehen ist, jedermann unterlaufen. Den Deutschen im Kosovo oder Afghanistan ebenfalls.'