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Pressestimmen von Mittwoch, 12. November 2003

Christina Pannhausen11. November 2003

Ausbildungsplatzabgabe / Hohmanns Ausschluss / Chodorkowski

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Sowohl die von der SPD-Fraktion geplante Ausbildungsplatzabgabe als auch die Zustimmung der CDU zum Ausschluss des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus Partei und Fraktion beschäftigen an diesem Mittwoch die Kommentatoren der deutschen Tagespresse. Ein weiteres Thema ist die vom Gericht beschlossene Fortsetzung der Inhaftierung des früheren Chefs des Yuko-Ölkonzerns, Michail Chodorkowski.

Die SPD-Fraktion hat sich mit großer Mehrheit für eine Ausbildungsplatz-Abgabe entschieden. Dazu schreibt der BERLINER KURIER:

"Noch sträubt sich SPD-Arbeitsminister Wolfgang Clement. Doch der Kanzler hat 'Basta' gesagt - und so wird die SPD-geführte Regierung die 'Ausbildungsplatzabgabe' einführen. Es ist eine gute Idee. Denn nicht alles, was der Markt regeln sollte, regelt er auch. Wenn der Markt Lehrstellen nicht schaffen will - so ist es heute -, dann muss die Politik nachhelfen. Das ist aktive Sozialpolitik - und eine Fürsorgepflicht gegenüber den Jugendlichen."

Auch DIE RHEINPFALZ aus Ludwigshafen bewertet die Entscheidung der SPD positiv:

"Die Bauwirtschaft hat schon in den 70er Jahren den Weg eingeschlagen, mit einer tarifvertraglich vereinbarten Umlage alle an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen. Trotz jahrelanger Krise kann die Branche eine überdurchschnittliche Ausbildungsquote und sogar einen Zuwachs bei den neuen Ausbildungsverträgen melden. Gewerkschaften und Arbeitgeber anderer Branchen müssen die Frage beantworten, warum sie diesem Beispiel nicht gefolgt sind und nun die Politik zum Handeln zwingen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hält dagegen:

"Mit welchem Recht will der Staat seinen Unternehmern – den Handwerkern wie den Automobilkonzernen - die Lehrlingsausbildung, noch dazu bestimmte Quotierungen, vorschreiben? Das ist nichts anderes als ein Eingriff in das Privateigentum, den sich eine Soziale Marktwirtschaft nicht bieten lassen muss. Denn in einer Marktwirtschaft werden Unternehmen von alleine daran interessiert sein, auszubilden. Besser als Strafmaßnahmen zu verhängen, wäre es allemal, über die Verbesserung der Anreize zur Lehrlingsausbildung nachzudenken."

Zum baldigen Ausschluss Martin Hohmanns aus der CDU meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Merkel handelte in Not und unter starkem Druck. Der Trennungsbeschluss war weder geplant noch verabredet und ist aus der Sache selbst, dem Verhalten Martin Hohmanns nämlich, jetzt nicht zu rechtfertigen. Der hat sich an die Verabredung von vergangener Woche gehalten, die ihm bei Verzicht auf neue krude Äußerungen den Verbleib in der Koalition garantierte. Warum Hohmann vor einer Woche noch bleiben durfte, jetzt aber gehen soll, obwohl er selbst keinerlei neuen Anlass dazu bot, müsste man eigentlich erklären. Das aber gelingt der CDU-Spitze nicht. Die Führungsriege von Merkel abwärts stottert sich durch gewundene Erklärungen, weil ihr der Mut fehlt, die einfache Wahrheit zu sagen: Dass man die Scheidung von Hohmann nicht aus tieferer innerer Einsicht vollzog, sonder dazu getrieben wurde."

Die Stuttgarter Nachrichten konstatieren:

"Auch stramm-konservative Parlamentarier werden Hohmanns Ausschluss abnicken. Aus ureigenem Interesse. CDU-Generalsekretär Meyer nennt ihre Beweggründe - und das strategische Kalkül der Parteispitze - offen beim Namen. Die CDU müsse weiter 'dem konservativen Gedankengut innerhalb der Partei auch innerhalb der Wählerschaft Platz geben'. Das heißt: Die Union muss verhindern, dass ihre konservative Themenpalette in Folge der Hohmann-Affäre unter den Generalverdacht rechtsradikalen Gedankenguts gestellt wird."

Abschließend äußert sich die BERLINER ZEITUNG zur Fortsetzung der Inhaftierung des Ölmagnaten, Michail Chodorkowski:

"Putins Eigentumsbegriff hat sehr wenig mit der Herkunft des Präsidenten und seiner Mannschaft aus der sozialistischen Nomenklatura zu tun. Er ist in viel weiter zurückreichenden russischen Traditionen verwurzelt. Ein Kern zaristischen Machtverständnisses wirkt fort. Putin will keine Verstaatlichung. Aber das Eigentum ist für ihn lediglich eine Konzession, die vom Machthaber erteilt wird, die dieser aber auch jederzeit und mit vollem Recht wieder zurückziehen kann. So entzieht er jetzt den Ölkonzern Yukos der Kontrolle Chodorkowskis."