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Pressestimmen von Mittwoch, 12. Dezember 2001

12. Dezember 2001

Friedenstruppe-Afghanistan/Sicherheitspaket/PISA-Studie

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Herausragendes Thema der Kommentare in deutschen Tageszeitungen ist an diesem Mittwoch die bevorstehende Entscheidung über eine mögliche deutsche Beteiligung an einer Friedenstruppe in Afghanistan. Kommentiert werden auch die geplante Beratung des Sicherheitspaketes von Innenminister Otto Schily im Bundestag sowie erneut die so genannte PISA-Studie, die deutschen Schülern im internationalen Leistungsvergleich schlechte Noten erteilt.

Der BERLINER KURIER befasst sich zunächst mit dem Friedenseinsatz in Afghanistan:

Wenn der Kampflärm in Afghanistan verstummt, sollen auch deutsche Friedenssoldaten dafür sorgen, dass es (wenigstens in der Hauptstadt Kabul) ruhig im Bürgerkriegsland bleibt. Kanzler Schröder muss dies mal nicht vor einer Vertrauensfrage im Bundestag zittern, wenn er um Zustimmung bittet. Quer durch alle Fraktionen wird zum Einsatz genickt werden. Sogar die PDS wird sich nicht entziehen. Schon das Wort Friedenstruppe verbietet ein Nein. Und jene, die dem Kriegseinsatz noch schweren Herzens ihr Okay gaben, werden nach dem A nun leicht auch B sagen. Von dieser Seite hat der Kanzler nichts zu befürchten. Deutschland hat auf dem Petersberg eine tragende
diplomatische Rolle bei der Bewältigung des Afghanistan-Krieges gespielt. Es wäre ein politischer Witz, nun Theaterdonner um eine Friedensmission zu inszenieren. Doch warum hält sich der Kanzler so bedeckt, wenn es um die Übernahme von Verantwortung geht? Nur reine Bescheidenheit scheint das nicht zu sein...

In den DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN heißt es zur Führungsrolle, die eventuell Deutschland bei dem Friedenseinsatz übernehmen sollte:

US-Außenminister Powell hat diskret Deutschland ins Gespräch gebracht und ebenso diskret eine dankende Ablehnung erhalten. Zurecht. Vieles spricht auf dem Papier zwar für eine prononcierte deutsche Rolle: das historisch unbelastete Engagement in Afghanistan, das Fehlen geostrategischer Interessen in der Region wie auch der
finanzielle Beitrag innerhalb der Geberkonferenz. Aber in der rauen Realität spricht eben auch vieles dagegen: die Angst vor einer Überlastung, vor den Gefahren der Mission, nicht zuletzt die Schwierigkeiten, die derzeitige Kriegsoperation mit dem Kapitel 7 der Charta der Vereinten Nationen in Einklang zu bringen. Zudem ist noch nicht ausgemacht, ob der Beginn der UN-Mission in Afghanistan ein neues Kapitel internationaler Krisenbewältigung aufschlägt oder nur zu einer weiteren Instrumentalisierung gerät. Diese Zweifel sind keineswegs ehrlose Motive, sondern unumgängliche Fragen über Umfang und Risiken der deutschen Beteiligung...

Das Anti-Terror-Gesetz kommentiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

An der Verabschiedung des Gesetzespaketes noch vor Weihnachten misst der Minister seine exekutive Kraft. Wenn er sich am Heiligen Abend das Sicherheitspaket unter den Weihnachtsbaum legt, dann kann er stolz von sich sagen, dass noch kein Innenminister der Bundesrepublik Gesetzesänderungen von dieser Dimension in so kurzer
Zeit durchgesetzt hat. Verglichen damit sind selbst die
Verschärfungen der RAF-Zeit pointilistischer Natur: Sie waren zwar sehr tief greifend, beschränkten sich aber auf wenige Punkte. Das Schily-Paket dagegen sieht aus wie ein gigantisches Fresspaket nach einem Streifzug durch einen rechtspolitischen Supermarkt.

Themenwechsel: Kommentarthema ist auch noch einmal die PISA-Studie. Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg schreibt:

Was zu erwarten war: die Politik bemächtigt sich der PISA-Studie. Die hat ja den deutschen Schulen im internationalen
Leistungsvergleich durchwegs mangelhafte Noten ausgestellt. Der Bayerische Landtag debattierte gestern nach gehabtem Muster: jeder klaubt sich aus dem Ergebnisbündel das, was ihm passt, um es als Munition gegen den politischen Gegner verwenden zu können. So werden die Schlachten von gestern geschlagen. Und morgen kann die nächste Sau durchs Dorf geprügelt werden.

Abschließend die WETZLARER NEUE ZEITUNG dazu:

Die Probleme liegen schon lange auf der Hand: Die Ausstattung der Schulen mit Lehrern und Sachmitteln ist mangelhaft. Bis heute gibt es keine Antwort darauf, wie Unterricht in Klassen funktionieren soll, in denen jeder zweite Schüler aus Migranten-Haushalten so gut wie kein Deutsch spricht. Blaue Briefe müssten darum zunächst einmal die
deutschen Bildungspolitiker erhalten, weil sie über Jahrzehnte hinweg ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Sie sind in erster Linie die Blamierten, nicht die angeblich doofen Schüler oder faulen Lehrer, über die so gerne geschimpft wird.

Zusammengestellt von Helmut Schmitz