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Pressestimmen von Mittwoch, 02. April 2003

zusammengestellt von Bernhard Schatz1. April 2003

Irak-Krieg / Schröders Reformpläne

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Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse befassen sich am Mittwoch erneut mit dem Irak-Krieg. Ein weiteres Thema sind die -von den Gewerkschaften heftig kritisierten- Reformvorhaben von Bundeskanzler Schröder.

Zum Krieg schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG:

'Der Krieg wird jeden Tag brutaler und grausamer. Amerikanische Soldaten erschießen Frauen und Kinder. Die Soldaten hatten befürchtet, ein Selbstmordkommando fahre auf sie zu. In dem Bus aber saßen keine Selbstmordattentäter, sondern Frauen und Kinder. Die Darstellungen über den Ablauf gehen weit auseinander. Wir wissen wirklich wenig über diesen Krieg. Aber die Bilder entfalten ihre Wirkung. Amerika ist im Begriff, diesen Krieg politisch zu verlieren.'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sieht es so:

'Die Alliierten klagen darüber, dass ihnen Saddam Hussein mit seiner Guerrilla-Taktik, mit Todesschwadronen zur Einschüchterung der eigenen Leute und mit Selbstmordattentätern einen 'schmutzigen Krieg' aufzwinge. Hatten die militärischen Planer erwartet, dass der Diktator seine Divisionen im freien Gelände aufstellen werde, damit sie, wie schon einmal vor zwölf Jahren, von der alliierten Luftwaffe zerschmettert werden könnten? Oder hatten ausgerechnet diejenigen, die vor dem Krieg den terroristischen Charakter des Regimes und die persönliche Grausamkeit des Diktators eindrücklich beschrieben hatten, danach geglaubt, der Bösewicht werde einen militärisch fairen Kampf führen und sich an die Genfer Konventionen halten?'

Im BERLINER KURIER heißt es:

'Den höchsten Preis für den Krieg zahlen in Irak die Wehrlosesten. Im Krieg verlieren sie alles - ihre Eltern, ihre Kindheit, ihre Zukunft. Die Kinder von Bagdad oder Basra werden die furchtbaren Dinge, die sie sehen müssen, ihr ganzes Leben lang mit sich herumschleppen. Doch nun geht es für sie erst einmal nur um den nächsten Tag. Hunger, Durst und Krankheiten bedrohen das Leben von Hunderttausenden Jungen und Mädchen auch dann noch, wenn schon nicht mehr geschossen wird. Ein trauriger Frieden kommt.'

Die Münchener ABENDZEITUNG kommentiert:

'Jubel? Offene Arme? Die Erwartung der US-Armee, im Irak als Befreier empfangen zu werden, hat sich als grandioser Irrtum herausgestellt. Im besten Fall sind es Angst und Misstrauen, die den US-Soldaten entgegenschlagen - im schlimmsten Wut und Hass. Und durch Vorfälle wie gestern, bei denen US-Soldaten mindestens sieben unbewaffnete Kinder und Frauen erschießen, wird die explosive Stimmung weiter angeheizt.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befasst sich mit der Reise von US-Außenminister Powell zur Europäischen Union und zur NATO - dem ersten offiziellen Kontakt seit Kriegsanfang:

'Colin Powell wird zumindest eine Ponton-Brücke über den transatlantischen Graben errichten müssen, sonst werden die USA nach dem Krieg gegen Saddam Hussein allein für den Frieden kämpfen. Die Frage ist, ob einer, der sich an Frankreich so schwer verschätzt und der von der Türkei so wenig verstanden hat, dieser Aufgabe gewachsen ist. Zweifel sind hier erlaubt.'

Themenwechsel, und damit zu den -von den Gewerkschaften heftig attackierten- Reformen des Kanzlers. Dazu die BERLINER ZEITUNG:

'Wer die Senkung der so genannten Lohnnebenkosten zum wesentlichen Politikziel erklärt, müsste ehrlicherweise aussprechen, dass es ihm um eine Senkung der Arbeitskosten und damit um eine Senkung der Löhne geht. Und wer zugleich 'betriebliche Bündnisse für Arbeit' notfalls per Gesetz durchsetzen würde, wie der Kanzler neuerdings androht, müsste ehrlicherweise sagen, dass er den Gewerkschaften ihre Macht, den Flächentarifvertrag, aus der Hand schlagen möchte.'

Zum Schluss die HEILBRONNER STIMME zu diesem Thema:

'Schröders Reformvorhaben im Sozialbereich kommen aus Gewerkschaftssicht einem Seitensprung gleich. Doch die enttäuschte Partnerin entpuppt sich als vielstimmiger Harem: Die eine schimpft über die Absenkung des Arbeitslosengeldes auf Sozialhilfeniveau, die andere ist gegen die Kürzung der Sozialhilfe bei Arbeitsfähigen. Wiederum einer anderen passt die ganze Richtung nicht. Doch die Aufregung ist verständlich. Eine sinnvolle Reform der Sozialsysteme darf nicht nur für die Schwachen mit Einschnitten verbunden sein.'