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Pressestimmen von Freitag, 9. November 2007

Herbert Peckmann8. November 2007

Georgien

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In Georgien haben die tagelangen massiven Proteste der Opposition Wirkung gezeigt. Präsident Michail Saakaschwili setzte für den 5. Januar überraschend eine Präsidentschaftswahl an, kombiniert mit einer Volksbefragung über den Termin der Parlaments-Neuwahl. Saakaschwili kommt damit der Opposition entgegen, die vor allem auf einer Parlaments-Neuwahl im Frühjahr 2008 besteht. Die Entwicklung spiegelt sich kritisch in den Kommentaren der deutschen Tagespresse:

Die BERLINER ZEITUNG analysiert:

'Entgegen den hochgesteckten Erwartungen ist aus Georgien nach der Rosenrevolution leider kein Leuchtturm der Demokratie geworden. Was als breite Volksbewegung begann, mündete in einem bloßen Austausch der herrschenden Familienclans. Was wirklich wichtig ist, vollzieht sich außerhalb der demokratischen Instanzen und oftmals im Gegensatz zu den offiziell deklarierten und angeblich für alle geltenden Regeln.“

Die TAGESZEITUNG aus der Hauptstadt – kurz TAZ – listet die Probleme von Saakaschwili auf. Das Blatt schreibt:

'Der georgische Präsident brachte dem Land Verbesserungen, doch beging er viele derselben Fehler, über die sein Vorgänger Schewardnadse vor vier Jahren stürzte: Amtsmissbrauch, Korruption und Selbstherrlichkeit. Im Unterschied zum Vorgänger hat sich Saakaschwili indes mehr zu schulden kommen lassen. Den Einsatz von Gewalt und die Verhängung des Ausnahmezustands werden ihm die Georgier nicht verzeihen. … Und im Westen dürfte der 'Leuchtturm der Demokratie' wie ihn US-Präsident Bush einst nannte, nun auch nicht mehr leuchten.'

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND beleuchtet Georgiens Verhältnis zu Russland:

'Die heikle Lage Georgiens muss natürlich anerkannt werden: Russland ist verärgert über die Abkehr der früheren Sowjetrepublik und nutzt unter anderem die Konflikte in Abchasien und Südossetien, zwei abtrünnigen georgischen Gebieten, um Tiflis Daumenschrauben anzulegen. Ein Ausgleich zwischen beiden Staaten wäre dringend nötig, scheitert derzeit aber schon daran, dass die Verhältnisse in Russland vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Schwebe sind.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt fest:

'Den demokratischen Kompass hat Georgiens Präsident Michail Saakaschwili in den Polizeikasernen deponiert. ... Seit Mittwoch ist der Wegweiser zur Demokratie und zu den Zielen der friedlichen Revolution unauffindbar. Es sei denn, die Opposition hätte ihn gefunden. Das ist angesichts ihrer erlauchten Vertreter zweifelhaft.'

Schließlich die STUTTGARTER NACHRICHTEN:

'Gewiss, Georgien ist ein kleines Land mit nicht einmal fünf Millionen Einwohnern, doch der Welt dürfen die Ereignisse dort nicht gleichgültig sein: Es ist ein strategisch wichtiger Pufferstaat zwischen dem Nato-Land Türkei und Russland, zudem ein bedeutendes Transitland für Öllieferungen. Die EU und die Nato haben allen Grund, sich ... besorgt zu zeigen. Vermutlich ist diese Wortwahl noch ziemlich untertrieben.'