1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 8. Juli 2005

zusammengestellt von Gerd Winkelmann 7. Juli 2005

Der Terror-Schock von London

https://p.dw.com/p/6tSZ

Auf Busse und U-Bahnen sind in der britischen Hauptstadt nahezu gleichzeitig vier Terroranschläge verübt worden. Wieder starben Dutzende von unschuldigen Menschen oder wurden schwer verletzt. Die bislang unbekannte Gruppe 'El Kaida in Europa' rühmte sich im Internet der Tat. Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse schließen sich an diesem Freitag der weltweiten Verachtung an:

Der MANNHEIMER MORGEN schreibt:

'Ohne jede Rücksicht ist erneut Trauer, Wut und Verzweiflung in völlig unbeteiligte Familien getragen worden. Es ist diese Mischung aus Hass und Gefühlskälte, die viele Menschen in tiefer Fassungslosigkeit zurücklässt. Dank moderner Kommunikationstechnik sind die Bilder des Grauens blitzschnell in alle Welt verbreitet worden. Auch deshalb wird die Gefahr, so einmal mehr die bittere Lektion, von vielen Menschen als allgegenwärtig empfunden. Und sie lässt sich niemals mit Sicherheit abwenden, wenn blindwütige, indoktrinierte und zu allem entschlossene Fanatiker, die selbst auf ihr eigenes Leben keinerlei Rücksicht nehmen, Tod und Vernichtung in die Reihen von Unbeteiligten tragen.'

Der NORDBAYERISCHE KURIER vertritt folgende Meinung:

'Der fragilen Architektur westlicher Industriegesellschaften fügen Terrorschläge wie der in London erheblichen Schaden zu. Da sind vor allem die Opfer und ihre Angehörigen, die von einer Sekunde zur nächsten mit Angst, Schrecken und schlimmstenfalls mit dem Tod konfrontiert werden. Nein, Demokratien sind islamistischen oder anderen Gewalttätern nicht wehrlos ausgeliefert. Doch der Preis, den der Terror immer wieder einfordert, ist erschreckend hoch.'

In der OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock lesen wir:

'Gerade die uns so vertrauten Freiheiten des vereinten Europas sind es, die diesen Verbrechern zu Gute kommen: Reisen über offene Grenzen hinweg und der weitgehende Wegfall des Visazwangs. Den Mördern von London und Madrid geht es nicht nur um Widerstand gegen den US- amerikanischen Einfluss in der Welt. Es geht ihnen nicht allein darum, die islamische Welt und deren Heiligtümer von den «neuen Kreuzrittern» zu befreien. Was sie antreibt, ist Hass - Hass auf die technologische, wirtschaftliche und soziale Überlegenheit sowie die demokratischen Freiheiten des Westens.'

Der Kommentar in der Lüneburger LANDESZEITUNG meint:

'Die Strategie der gotteslästerlichen Gotteskrieger zielt auf größtmögliche Medienwirkung ab. Die Anschläge von London sollten Bushs treuen Vasallen Tony Blair treffen, den G-8-Mächtigen ihre Ohnmacht demonstrieren und Angst in der künftigen Olympiastadt verbreiten. Fragwürdig ist, ob Kriege gegen Staaten das richtige Mittel sind, um Terror zu bekämpfen. Polizeiliche Mittel scheinen angebrachter zu sein. Die Islamisten wollten die «Kreuzfahrerstaaten» einschüchtern, die sich im Irak und in Afghanistan militärisch engagieren. Damit rückt auch Deutschland ein Jahr vor der Fußball-WM ins Visier der Mörder.'

Über mögliche Konsequenzen räsoniert die STUTTGARTER ZEITUNG:

'Wer wie so viele Politiker in Washington und auch in London nur in militärischen Kategorien denkt, der wird jetzt nach noch größeren Militäretats, nach noch mehr Soldaten rufen. Aber diese nutzen nichts. Und es bringt auch nichts, Israel nachzuahmen und Mauern zu bauen, um sich von der Außenwelt abzuschließen. Der Westen lebt von seiner Offenheit und seiner Freiheit. Wenn die Terroristen es erreichten, dass der Westen seine Liberalität aufgäbe und in Ängsten versänke, hätten sie ihren Krieg gewonnen.'

Zu guter Letzt noch ein Blick die EßLINGER ZEITUNG:

'Dass nun allseits Forderungen zur verstärkten internationalen Zusammenarbeit im Anti-Terror-Kampf laut werden, gehört zu den Ritualen und ist auch Ausdruck von Hilflosigkeit. Selbstverständlich muss alles Menschenmögliche unternommen werden, um Gewalttätern entgegenzutreten. Selbstverständlich muss alles getan werden, um die Wurzeln der Gewalt zu beseitigen. Das wird kein vernünftiger Mensch leugnen. Nur Illusionen sollte sich keiner machen. Terrorismus ist so alt wie die Menschheit. Menschen, die das Leben anderer oder ihr eigenes bedenkenlos zur Durchsetzung ihrer wie auch immer nebulös begründeten Ziele einsetzen, sind kaum zu stoppen.'