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Pressestimmen von Freitag, 5. April 2002

(Gerhard M Friese) 4. April 2002

Nahost-Mission der Europäischen Union/Staatsbürgschaften für Bundesliga

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Die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen beschäftigen sich an diesem Freitag vor allem mit zwei Themen: der Nahost-Mission der Europäischen Union und den von der Bundesregierung und einigen Ländern angekündigten Staatsbürgschaften für Vereine der Fußball-Bundesliga, die von der möglichen Kirch-Pleite betroffen wären.

Zur Nahost-Mission der EU meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Solange im Nahen Osten ein Kampf um Leben und Tod tobt, solange ist Europa dort zu einer Nebenrolle verdammt - voll guter Absichten zwar, aber bar wirklicher Macht. Ein Appell aus Brüssel hat derzeit kaum mehr Gewicht als ein Wort aus dem Vatikan, wo der Papst für Frieden zwischen Jerusalem und Bethlehem betet. Frühstens nach einem Waffenstillstand könnte der Kontinent jene Potenziale aufbieten, mit denen sich die EU in der Welt ihren Einfluss verschafft: Etwa als Israels wichtigster Handelspartner, oder als großzügigster Finanzier des palästinensischen Wiederaufbaus."

Die Wirtschaftszeitung HANDELSBLATT schreibt:

"Die EU muss den Druck auf Israel erhöhen, endlich die Uno- Resolutionen umzusetzen. Denn eine Fortsetzung des neuen Nahostkriegs, wie sie offenbar geplant ist, wäre nicht nur eine flagrante Verletzung des Völkerrechts. Sie birgt auch die Gefahr eines Flächenbrandes, unter dessen Konsequenzen Europa zuallererst leiden würde. Wenn der Funke aus dem Westjordanland auf den gesamten Nahen Osten überspringt, droht der EU eine Flüchtlingswelle und womöglich auch ein Export des Terrors. Wie groß die Gefahr der Ansteckung ist, zeigen schon jetzt brennende Synagogen in Marseille und anderswo. Ob Handelssanktionen gegen Israel ein geeignetes Druckmittel sind, wie deutsche Oppositionspolitiker fordern, sei dahingestellt. Fest steht, dass Europa endlich selbstbewusster und konsequenter auftreten muss. Nur wer seinen Worten Taten folgen lässt, wird im Nahen Osten ernst genommen."

Für besondere Aufregung sorgte die Ankündigung von möglichen Staatsgarantien für die Vereine der Fußball-Bundesliga. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert:

"Statt Geld vom Staat zu fordern, sollte die Fußball-Bundesliga endlich erkennen lassen, dass sie das Pokerspiel um Fernseh-Rechte überreizt hat und bereit ist, die unersättlich scheinende Gier ihrer Protagonisten einzudämmen. Die Beschäftigten der jüngsten großen Insolvenzfälle Herlitz, Berlin, und Fairchild-Dornier, Oberpfaffenhofen, verzichten auf Lohn, um ihre Arbeitgeber zu retten. Niemand ist so naiv zu glauben, dass Athleten im globalen Geschäft mit dem Sport elf Freunde sein müssen, wie es ein Buchtitel aus den fünfziger Jahren besingt. Augenmaß bei der Anpassung an die wirtschaftliche Realität aber darf das zahlende Publikum durchaus erwarten."

In der OFFENBACH-POST heißt es:

"Grotesk das Ganze, wenn es denn tatsächlich wahr werden sollte. Ausfallbürgschaften, für die am Ende der Steuerzahler gerade zu stehen hat, damit millionenschwere Fußballdiven auch ohne Kirchs Geld und Gnaden weiter pünktlich ihre Schecks bekommen; immer in den Hals hinein, the show must go on - während von denselben Politikern mittelständischen Firmen oder öffentlichen Einrichtungen - den meisten von uns sowieso - das Wasser abgegraben wird? Kaum zu glauben."

Im Bonner GENERAL-ANZEIGER lesen wir:

"Was Holzmann für Schröder, war Dornier für Stoiber - und wird jetzt Kirch für Clement. Wenn der Medienmann nicht mehr zahlen kann, geht die Fußballbundesliga am Krückstock... Gerhard Schröder hat sich dereinst Gedanken über den staatsmonopolistischen Kapitalismus gemacht nach dem Motto: Die Privaten streichen die Gewinne ein, die Verluste zahlt die öffentliche Hand. Ein bisschen davon erlebt der Steuerzahler zur Zeit: Schließlich ist Wahljahr und jeder zweite Wähler ein potenzieller Fußballfan - da kann der Staat nicht a b s e i t s stehen, zumal es, sagt man, nur um Bürgschaften geht. Schaun' mer mal."

Und die AUGSBURGER ALLGEMEINE resümiert:

"Wer sich sehenden Auges in die totale Abhängigkeit vom Fernsehgeld begibt, der kann jetzt nicht weinerlich klagen, dass er unverschuldet in Not geraten sei. Die Liga-Manager haben krasse Fehlpässe gespielt. Es ist nicht einzusehen, dass der Steuerzahler deshalb Verlierer sein soll."