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Pressestimmen von Freitag, 30. Mai 2003

Hans Ziegler29. Mai 2003

Renten-Diskussion/ Kirchentag/ Nachkriegs-Irak

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In der deutschen Tagespresse ist an diesem Freitag die Diskussion um eine mögliche Kürzung der Renten Kommentarthema Nummer Eins. Daneben findet der Kirchentag Beachtung und schließlich ist auch die Lage im
Nachkriegs-Irak ein Thema der Kommentare. Zunächst zur
Rentendiskussion.

Die Berliner WELT schreibt:

'Die Staatspleite schlägt auf die Rente durch. Hans Eichel will die Bundeszuschüsse drastisch kürzen. Damit zerschlägt er den letzten Pfeiler der rot-grünen Rentenpolitik. Denn die immer höheren Bundeszuschüsse hatten es ja richten sollen, hatten Beiträge und Renten stabil halten, die Ostrenten sichern und die stärkere Anrechnung von Kindererziehungszeiten ermöglichen sollen. Doch nun erweist sich dieses System als Luftnummer: Kollabiert der Steuerstaat, kollabiert die Rente mit. Vermutlich wird auch dieser Kollaps kaschiert werden.'

Das Kölner Boulevard-Blatt EXPRESS meint:

'Nullrunden, Kürzungen für Rentner oder Abstriche bei der
Riester-Rente - all das ist in der Tombola der notorisch klammen Kanzler-Truppe, der es nur noch um reine Geldbeschaffung zu gehen scheint. Wo sind eigentlich die Ökosteuer-Milliarden versickert, die die Rentenbeiträge stabilisieren sollten? Um es vorwegzunehmen: Eine Rentenreform kann nicht tabu sein - aber bitte nicht mit dem
Rasenmäher. Die Reform darf z. B. Beamte und Politiker nicht länger verschonen.'

In der OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock lesen wir:

'Egal, an welchem Zipfel der immer kürzer werdenden Bundesfinanzdecke Hans Eichel auch zieht, ein ohrenbetäubendes Wehklagen in deutschen Landen ist sicher. Packt der Finanzminister gar die Rentenseite an, wird der Unmut übermächtig. Der Handlungsspielraum der Bundesregierung schmilzt wie Eis in der Sonne. Generelle Nullrunden für alle der mehr als neun Millionen Rentenempfänger und die große Gruppe der Pensionsbezieher wären fatal. Vor allem den so genannten Kleinrentner sind weitere Belastungen kaum zuzumuten. Andererseits existiert eine große Gruppe, die in einem überschaubaren Zeitraum mit derartigen Einsparungen gut leben könnte.'

Themenwechsel und zum Kirchentag, der vor allem durch ein gemeinsames Abendmahl von Protestanten und Katholiken außerhalb des offiziellen Programms für Aufmerksamkeit sorgt.

DIE RHEINPFALZ zeigt Sympathie für die von der Katholischen Kirche strikt abgelehnte Abendmahlsfeier:

'Der erste ökumenische Kirchentag ist - an der Teilnehmerzahl gemessen - schon jetzt ein Erfolg: Knapp 200.000 Gläubige beider Konfessionen demonstrieren ihren Wunsch nach noch mehr Gemeinsamkeit. Gleichzeitig ist die Kirchenbasis ungeduldig: Ihr geht die Einheit der Christen zu schleppend voran. Sie will nicht länger auf eine Abendmahlsgemeinschaft verzichten. Die Tendenz verstärkt sich: Theologie und Traditionen werden zugunsten von Harmonie und Liebesmahl beiseite geschoben. In einer Gesellschaft, in der die Kirchen an Bedeutung verlieren, wollen die Christen bewusst enger zusammenrücken.'

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE kommentiert:

'Nachdem der soziale Rechtsstaat viele Formen öffentlicher Hilfe garantiert und Bedürftige vom Mitleid privater Wohltäter unabhängig gemacht hat, ist heute trotzdem offenkundig, dass die Kapazität des Staates erschöpft ist. Er kann nicht mehr die Last der Vorsorge für alle Lebensrisiken allein tragen. Die Kirchen sind prädestiniert, auf diese unbequeme Wahrheit aufmerksam zu machen, weil sie wie Inseln sind, in denen sich die Bereitschaft, Verantwortung für andere zu übernehmen, besser erhalten hat.'

Abschließend die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, die sich nochmals der Situation im Nachkriegs-Irak widmet und dabei mit Kritik an den USA nicht spart:

'Offenkundig hat sich die Regierung Bush gescheut, ihre eigentliche Absicht offen und offensiv in das Zentrum der Diskussion zu tragen: die Stilllegung des nahöstlichen Krisen- und Gewaltpotentials und die Neuordnung der mittelöstlichen Region durch den Einsatz amerikanischer Macht. Niemand lässt sich von einer mittelöstlichen Scheinstabilität blenden, deren inneres Wesen Terrorismus, Fundamentalismus, Diktatur und Gewalt sind. Will Washington das ändern, sollte es seine Interessen offen legen und seine Partner nicht für dumm verkaufen. Denn das unterhöhlt beides: Glaubwürdigkeit und Legitimität. Ohne die aber kommt auch eine imperiale Macht nicht aus.'