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Pressestimmen von Freitag, 28. September 2007

Reinhard Kleber27. September 2007

Arbeitslose in Deutschland

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Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist auf den niedrigsten Stand seit zwölf Jahren gefallen. Im September waren nur noch 3,54 Millionen Menschen ohne Job, rund 162.000 weniger als im August. Als Ursache für den starken Rückgang sieht die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit die besonders starke Herbstbelebung. Die BA rechnet zudem trotz der Krise an den Finanzmärkten damit, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt. Der Themenkomplex motivierte die Kommentatoren der deutschen Tagespresse zu einigen analytischen Anstrengungen.

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU lesen wir:

"So robust ist die Erholung am Arbeitsmarkt, dass tief sitzende Vorurteile ins Wanken geraten. Dem lieb gewonnenen Irrglauben zufolge kann sich Deutschland abstrampeln wie es will: Die Arbeitslosigkeit steigt von Aufschwung zu Aufschwung. Das vermeintliche Naturgesetz vom unvermeidlichen Abstieg Deutschlands existiert nur in der Fantasie weltfremder Pessimisten. Natürlich zeigen sich konjunkturelle Störungen am Arbeitsmarkt mit Verzögerung. ... Die US- Wirtschaft trudelt, der Ölpreis klettert auf Rekordniveau, der Dollar schwächelt, die Finanzmärkte kriseln Gründe für Sorgen gibt es genug. Um so schöner ist die Gewissheit: Dieser Aufschwung am Arbeitsmarkt ist nicht das Ergebnis eines konjunkturellen Strohfeuers."

Deutlich skeptischer gibt sich das BADISCHES TAGBLATT aus Baden-Baden:

"Wenn sich die Spitzen der großen Koalition jetzt zufrieden auf die Schultern klopfen oder gar von geradezu sensationellen Erfolgen sprechen, wie CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, dann haben sie die Realitäten verkannt. Der sensationelle Erfolg ist zurückzuführen auf einen Boom bei der Leiharbeit, neue Stellen im sogenannten Niedriglohnsektor und immer mehr Mini-Jobber, denen die Einkünfte nur selten ausreichen, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Sicherlich haben die Reformen oder besser Reförmchen der Berliner Bundesregierung mit dazu beigetragen, ein positives wirtschaftliches Klima zu schaffen. Letztlich aber sind es vorausschauende, investitionsfreudige Unternehmer und fleißige, motivierte Mitarbeiter, die den vor allem vom Export getragenen Aufschwung herbeigeführt haben."

Der TAGESSPIEGEL aus Berlin meint in diesem Zusammenhang:

"Es wird noch schöner: Im nächsten Monat dürfte es sogar deutlich weniger Erwerbslose geben. Das ist dann wirklich eine beeindruckende Leistungen der Verantwortlichen in der Politik und den Arbeitsagenturen. Oder doch nicht? Schaut man genau hin, wird deutlich, dass in den zurückliegenden Monaten überwiegend diejenigen wieder eine Beschäftigung fanden, die noch gar nicht so lange ohne waren. Nur rund ein Fünftel der Langzeitarbeitslosen hat einen richtigen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden. Für den Rest sieht es ziemlich düster aus. Das wird auch so bleiben, wenn die Politik nicht endlich einsieht, dass es sich langfristig lohnt, Geld in die Qualifizierung von Langzeitarbeitlosen zu stecken, statt sie mit Hartz IV abzuspeisen."

Stichwort Qualifizierung - hierzu meint die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld:

"Auf keinen Fall dürfen Regierung und Parlament darauf vertrauen, dass die jetzige Entwicklung ohne weiteres Zutun anhält. Bevor Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit zu Beitragssenkungen genutzt werden, muss mehr für die Weiterbildung getan werden, damit auch die eine Chance erhalten, an denen der Aufschwung bislang vorbei gegangen ist. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der vorausschauenden Vernunft. Schon jetzt lässt sich spüren, dass aufgrund der demografischen Entwicklung nicht so viele Fachkräfte auf dem Markt sind, wie in der Wirtschaft gebraucht werden. Die Politik muss auch dafür sorgen, dass jeder, der einen Job hat und voll arbeitet, davon auch leben kann."

Zum Schluss lassen wir das HANDELBLATT aus Düsseldorf zu Wort kommen, das auf Gefahren für die konjunkturelle Entwicklung hinweist.

"Klar ist: Ein schwacher Dollar, eine restriktivere Kreditvergabe an Investoren und eine insgesamt größerePlanungsunsicherheit sind eine Mixtur aus Risikofaktoren, die besonders der bislang so exportstarken deutschenInvestitionsgüterindustrie ins Kontor schlagen können. Noch ist es nicht so weit, und es besteht durchaus eine Chance, dass die Aufschwungkräfte noch eine Weile robust bleiben. Ein Problem der Politik liegt aber darin, dass der Arbeitsmarkt stets verzögert auf solche Umschwünge reagiert."