1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Freitag, 28. Oktober 2005

Arian Fariborz27. Oktober 2005

Irans Drohungen gegen Israel / EU-Gipfel bei London

https://p.dw.com/p/7NH4

Der Aufruf des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zur Vernichtung Israels und der EU-Krisengipfel zur Bewältigung der Globalisierungsfolgen sind die zentralen Kommentarthemen in den deutschen Tageszeitungen.

Die Äußerungen Ahmadinedschads gegen Israel haben weltweit scharfe Kritik an der iranischen Führung hervorgerufen. Vor dem Hintergrund des seit Monaten schwelenden Konflikts der westlichen Staatengemeinschaft mit Teheran gibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE zu bedenken:

"Die einhellige internationale Empörung über Ahmadineschads Äußerung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man im Ausland noch keine gute Politik für diesen Mann und die Kräfte, die hinter ihm stehen, gefunden hat. Ein Ausschluss Irans aus den Vereinten Nationen, wie ihn Israel jetzt fordert, erscheint unrealistisch und würde kaum etwas bewirken. Die Regierung in Teheran bezieht ihre Stärke aus den Rohstoffvorkommen des Landes, der verfahrenen Lage im Irak und dem Spiel mit den Ängsten des Auslands vor einer iranischen Atombombe. Im Hinblick auf letzteres sollten Ahmadineschads Worte aber all jenen im Westen zu denken geben, die angesichts der verhärteten Fronten im Atomstreit halblaut darüber reden, dass man eine nukleare Bewaffnung Irans vielleicht einfach hinnehmen müsse. Ein Ziel iranischer Raketen wäre Israel."

Zu diesem Schluss kommt auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

"Irans Präsident hat mit seinem Aufruf zur 'Tilgung' Israels nichts weniger als einen Vernichtungskrieg und Genozid gefordert. Man muss angesichts einer derart aggressiven Zielsetzungen nicht lange rätseln, auf welche Ziele die nuklearen Ambitionen Irans ausgerichtet sind. In Israel dürfte Ahmadinedschads Kriegshetze die Entschlossenheit stärken, noch entschiedener den Aufstieg Irans zur Nuklearmacht zu verhindern."


Ein weiteres Thema ist der EU-Gipfel im englischen Hampton Court: Die Europäische Union ist auch nach einem Krisengipfel weit von einer Strategie zur Bewältigung der Globalisierungsfolgen entfernt. Zum Vorschlag eines EU-Fonds für Globalisierungsverlierer bemerkt die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

"Die EU hat ein Imageproblem. In vielen Mitgliedsstaaten wird sie als Erfüllungsgehilfin der Globalisierung wahrgenommen. Diese unsichtbare Macht wiederum wird für den sozialen Abstieg vieler Bürger verantwortlich gemacht. Also hat die EU-Kommission sich etwas einfallen lassen, um ihr Image aufzupolieren und einen Fonds vorgeschlagen, mit dem für jährlich 500 Millionen Euro die 'Schocks der Globalisierung' abgefedert werden. Zu Recht lehnen Deutschland und andere Nettozahler den Fonds ab. Auch, weil die Aufgaben des Fonds - zum Beispiel Umschulungen für Arbeitslose - schon heute aus den Töpfen der EU-Regionalpolitik finanziert werden können."

Dagegen lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT:

"Gegen das allgemeine Krisengerede bewegt sich die Europäische Union, traut man den Signalen des Kurzgipfels bei London, in die richtige Richtung. Der von EU-Kommissionschef Barroso lancierte Milliardenfonds zur Abfederung sogenannter Globalisierungsverlierer wurde vernünftigerweise versenkt. Das Allerletzte, was Europa derzeit braucht, sind neue Umverteilungstöpfe. Es lässt sich kein einheitliches Modell verordnen für einen Kontinent, der sich aus ehrgeizigen Völkern mit Jahrhunderte alten Identitäten und gewachsenen Traditionen zusammensetzt."

In Hinblick auf die Position der deutschen Regierung in der Frage der geforderten Globalisierungsfonds bemerkt abschließend die FRANKFURTER NEUE PRESSE:

"Aus deutscher Sicht ist es positiv, dass die geplante Große Koalition auf EU-Ebene schon ganz gut funktioniert. Die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte in einem Interview an, die Bemühungen der amtierenden Regierung um einen sparsamen EU-Haushalt fortzusetzen. Und Amtsinhaber Gerhard Schröder legte ganz in diesem Sinne sein Veto gegen den von der EU-Kommission und Tony Blairs geforderten Globalisierungsfonds ein, der den Strukturwandel in Krisenregionen abfedern soll. Denn zu dem Milliarden schweren Projekt hätte Nettozahler Deutschland natürlich wieder einmal den größten Beitrag zu leisten."