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Pressestimmen von Freitag, 28. Juli 2006

Hans Ziegler27. Juli 2006

Kinderarmut in Deutschland / Tour-Sieger unter Doping-Verdacht

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Der Deutsche Kinderschutzbund hat auf einen wachsenden Anteil verarmter Kinder in Deutschland hingewiesen. Inzwischen würden mehr als 2,5 Millionen Kinder auf Sozialhilfeniveau leben - eine Entwicklung, die in den Kommentaren der Tagespresse Beachtung findet. Kommentiert wird außerdem der Doping-Verdacht, in den Tour-Sieger Floyd Landis geraten ist. Zunächst zur Kinderarmut in Deutschland. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:

'Kluge Integrationspolitik muss Ressort übergreifend allen Kindern helfen, gleichgültig ob ausländischen oder deutschen. Wenn es in diesem immer noch reichen Land 2,5 Millionen arme Kinder gibt, dann hat die Politik versagt, sie hat das Grundgesetz mit seinem Sozialstaatsgebot missachtet und die UN-Charta für die Rechte der Kinder. Und sollte sich nichts ändern, dann besteht die Gefahr, dass sich diese Kinder ohne Perspektiven später einfach das nehmen, was ihnen die Gesellschaft vorenthalten hat. Die Kinderarmut von heute ist der soziale Sprengstoff von morgen.'

Auch die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder sieht in der Kinderarmut eine Gefahr für die Zukunft:

'Die Zahl von 2,5 Millionen minderjährigen Sozialhilfeempfängern beleuchtet auf erschreckende Weise, was Deutschland seiner jungen Generation und damit seiner Zukunft zumutet. Hier zu Lande wachsen immer mehr Kinder auf, denen ein Broterwerb der Eltern gar nicht mehr vorgelebt wird. Es ist im ureigenen Interesse des Staates, dass er nicht sein künftiges Potenzial wegwirft. Doch nur den Staat verantwortlich zu machen, ist zu billig.'

Das sieht die WETZLARER ZEITUNG etwas anders. Im Kommentar heißt es, Staat und Politik seien in der Pflicht:

'Die finanzielle Last, die der Staat und damit jeder einzelne schultern muss, wird sich weiter erhöhen. Diese Entwicklung muss aufgehalten werden. Die Kinder brauchen eine Chance, damit sei eine Zukunft haben. Bund und Länder sind gefordert, jetzt die Weichen zu stellen. Eine kinderfreundliche Politik muss zum Beispiel Betreuungsmöglichkeiten für alle Kinder sicherstellen. Gebührenfreie Kindertagesstätten und Bildungseinrichtungen gehören genauso zu einer kinderfreundlichen Politik wie der Ausbau von Ganztagsschulen.'

Abschließend die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz, diese mit einer gehörigen Portion Misstrauen gegenüber den Eltern:

'Die entscheidende Frage im Kampf gegen die Kinderarmut ist: Was kommt von dem, was Eltern bekommen, bei den Kindern tatsächlich an? Wer sagt denn, dass Eltern zusätzliches Geld wirklich für das Wohlergehen ihrer Kinder, ihre Gesundheit und auch ihre Bildung einsetzen? Geld für die Eltern alleine reicht nicht. Familien brauchen vor allem ein Betreuungs- und Förderangebot. Das muss und sollte sich der Staat etwas kosten lassen.'


Themenwechsel: zum unter Doping-Verdacht geratenen Tour-Sieger Landis, bei dem extrem hohe Testosteron-Werte nachgewiesen wurden. In den Kommentaren der deutschen Tagespresse wird der Fall Landis nahezu durchgängig fast als Todesstoß für den Radsport gewertet. Die BERLINER MORGENPOST meint:

'Wirklich überraschen kann die Nachricht nur die Gutgläubigen. Die, die leicht naiv hofften, dass nach dem Ausschluss der Topfavoriten wie Jan Ullrich und Ivan Basso der Rest des Feldes endlich sauber sei. Die Tour de France verlangt denen, die gewinnen wollen, übermenschliche Leistungen ab. Und weil es im Profisport in erster Linie ums Gewinnen und Geldverdienen geht, tun manche Fahrer alles für den Sieg - koste es, was es wolle. Der Radsport ist nicht nur krank, er ist dem Tode geweiht'

Ähnlich der Kommentar der LANDESZEITUNG aus Lüneburg:

'Die positive Dopingprobe von Tour-de-France-Sieger Floyd Landis wirft nicht nur einen großen Schatten auf den Sportler selbst, sie drängt eine ganze Sportart an den Abgrund. Nachdem mit Jan Ullrich und Ivan Basso schon vor der Tour zwei Stars suspendiert worden waren, hätte dem Radsport jetzt nichts Schlimmeres passieren können als ein - vorbehaltlich der B-Probe - gedopter Tour-Sieger. Die Glaubwürdigkeit dieser Sportart tendiert gegen Null.'

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU ruft noch einmal die Etappe in Erinnerung, in der Landis den Grundstein für seinen jetzt in Zweifel gerateten Sieg legte:

'Es war eine unglaubliche Auferstehung, als Landis auf der 17. Etappe nach einer 140 Kilometer langen Alleinfahrt über die Alpenpässse seine Konkurrenten in Grund und Boden fuhr. Natürlich dachten viele Beobachter nach dieser unerklärbaren Vorstellung sofort an die Zuhilfenahme unerlaubter Mittel. Aber so naiv konnte Landis doch nicht sein. Zumndest nicht so dumm, sich erwischen zu lassen. War er aber wohl. Wenn die B-Probe - wer mag es glauben - ihn nicht entlastet, ist der Radsport um ein dunkles Kapitel reicher.'

Abschließend die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle:

'Dem Gipfelsturm folgte der tiefe Dopingabsturz. Gerade drei Tage konnte sich der US-Amerikaner in seinem Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt sonnen. Es sei ein Glas Bier gewesen, das ihn nur einen Tag nach seinem fürchterlichen Einbruch in den Bergen wieder flott gemacht habe, gaukelte er allen vor. Dem Radsport ist ein düsteres Kapitel hinzu gefügt worden.'