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Pressestimmen von Freitag, 18.Januar 2002

Michael Wehling18. Januar 2002

Arbeitsmarkt und Konjunktur in Deutschland/ Tarifforderung der IG Metall

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Die ausgewählten Zeitungs-Kommentare befassen sich an diesem Freitag mit dem Streit um das Bündnis für Arbeit vor dem Hintergrund der konjunturellen Etnwicklung sowie mit der Tarifforderung der IG Metall. Stimmen zu den Turbulenzen bei der Wahl des rot-roten Senats im Berliner Abgeordnetenhaus konnten aus technischen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kritisiert die Arbeitsmarkt- Politik der Bundesregierung:

'Nichts von dem, was die Regierung unter den Stichwörtern
'Arbeitsmarkt' und 'Arbeitswelt' als politische Happen in der Gegend herumwirft, hat auch nur das Geringste mit einer Therapie der miserablen Beschäftigungssituation zu tun. ... Ein 'Bündnis für Arbeit', in dem die Gewerkschaften es nicht erlauben, über den Zusammenhang von Tarifpolitik, Konjunktur und Beschäftigung auch nur zu sprechen, darf im Ernst nicht zu den institutionellen Arrangements der Wirtschaftspolitik gehören.'


Die BERLINER MORGENPOST bemerkt zum 'Bündnis für Arbeit':

'Die Luft ist raus. ... Das beste was der Kanzler jetzt noch für das Gremium tun kann, ist entgegen den Ankündigungen doch noch mit den Gewerkschaften über die kommende Tarifrunde zu reden. Zwar gehört das da nicht hinein. Angesichts einer Regierung, die im Wahljahr keine großen Entscheidungen mehr treffen will, hätte über alles andere zu sprechen aber noch weniger Sinn.'

Im HANDELSBLATT, es erscheint in Düsseldorf, heißt es:

'Am Ende ist der Arbeitsmarkt noch immer zur Schicksalsfrage jedes Bundeskanzlers geworden. Gerhard Schröder wusste das, als er sein Amt antrat. Deshalb hatte er das Bündnis für Arbeit zum zentralen Instrument seiner Regierungsarbeit erkoren. Es ist vielleicht sein größter politischer Patzer, dass er, einmal im Amt, diese Lehre der Geschichte aus den Augen verlor. Denn nach nicht einmal vier Jahren ist Schröder dort angekommen, wo sein Vorgänger Helmut Kohl nach 16 Jahren aufgehört hat - beim Verlust der politischen Handlungsfähigkeit in den zentralen Fragen des Arbeitsmarkts.'

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU erläutert:

'Welche Konsequenzen die konjunkturelle Abschwächung nach sich zieht, haben die rot-grüne Regierung und die Bürger längst gemerkt: weniger Beschäftigung und mehr Arbeitslose, weniger Steuereinnahmen und höhere Schulden. Doch die Rezepte, aus diesem Teufelskreis herauszukommen, sind rar. Staatliche Ankurbelungsprogramme, wie sie von so genannten linken Ökonomen immer wieder gefordert werden, drohen bei der gegenwärtigen Investitionsunlust der Unternehmen zu verpuffen.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt zu den Besorgnissen der EU-Kommission wegen des Staatsdefizits in Deutschland:

'Dass ausgerechnet die Deutschen, die einstigen Oberlehrer
finanzpolitischer Stabilität, nun als miserable Schüler am Pranger stehen, mag einigen EU-Partnern klammheimliche Freude bereiten. Zu oft mussten Holländer, Spanier oder Briten erleben, wie Berlin - zusammen mit Paris - just jene lästigen Reformen verzögerte, die Europas Wirtschaft mehr Wachstum und also Jobs bescheren sollten. Das begann schon unter Helmut Kohl, das wurde unter Gerhard Schröder nicht anders. Dafür bekommen die Deutschen nun die Quittung.'

Themenwechsel. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kritisiert die Lohnforderung der IG Metall:

'Die Konjunkturerwartungen gehen immer weiter nach unten, doch in den Gewerkschaften nimmt man dies nicht zur Kenntnis. Diese Ignoranz ist erschreckend. Die gestrigen Beschlüsse der IG Metall, mit Forderungen nach 6,5 Prozent mehr Lohn in die Verhandlungen zu gehen, sind Gift für die Wirtschaftsentwicklung und damit auch für den Arbeitsmarkt. Es ist irrational, ausgerechnet in einer Krise die höchste Forderung seit Jahren zu stellen.'

Ähnlich sehen es die NÜRNBERGER NACHRICHTEN:

'Übersteigerte Lohnforderungen in einer ausgeprägten konjunkturellen Schwächephase werden viele Betriebe ... heillos überfordern und eher zum Auf- als zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Dass dies die Wahlchancen des SPD-Kanzlers Schröder nicht fördert und ein massiver Tarifkonflikt mit lautstarkem Säbelrasseln und Streiks eher dem ungeliebten Herausforderer Stoiber in die Hände spielt, ist den Funktionären der IG-Metall bewusst.'