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Pressestimmen von Freitag, 14. Dezember 2001

zusammengestellt von Hanns E. Petrik. 13. Dezember 2001

Die Lage in Nahost / ABM-Vertragskündigung / Parteispenden

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Schwerpunkte der Kommentare in den deutschen Zeitungen am Freitag sind die angespannte Lage im Nahen Osten, die Kündigung des ABM-Vertrages über die Raketenabwehr sowie erneut die Parteispenden-Affäre. Zunächst in den Nahen Osten.

Die Münchener ABENDZEITUNG bemerkt dazu:

"Die Israelis tun derzeit alles, um Arafat jeden Einfluss zu rauben. Wie kann Scharon erwarten, dass Arafat Terroristen verhaftet, wenn Israels Kampfjets Polizeistationen, Ämter und Radiosender zerstören und damit die Funktion der Palästinenser-Verwaltung praktisch lahm legen? Das ist Rache, aber keine Politik. Scharon sagt, Arafat spiele keine Rolle mehr. Es bleibt die Frage, mit wem Israel dann sprechen will. Dazu wird es irgendwann kommen müssen. Denn so illusorisch Arafats Traum von einer Palästinenser-Hauptstadt Jerusalem ist, so wirklichkeitsfern ist Scharons Traum von einem Nahen Osten ohne Palästinenser."

Die BERLINER ZEITUNG sieht es so:

"Arafat hat durch seine Feigheit und Unentschlossenheit, rechtzeitig gegen die Extremisten in den eigenen Reihen vorzugehen, Scharon nicht nur einen Vorwand für seinen «Krieg gegen den Terror», sondern auch einen Triumph geliefert. Die EU und die USA haben sich widerwillig hinter ihn gestellt. Damit sind alle Hoffnungen auf eine politische Lösung, die sich seit dem Abkommen von Oslo vor knapp zehn Jahren hartnäckig gehalten haben, für lange Zeit begraben. Nun droht ein furchtbares Chaos auszubrechen, bei dem viele Menschen auf beiden Seiten ihr Leben verlieren werden. ... Sollte sich ... die Hamas durchsetzen, könnte der Nahe Osten bis dahin in Flammen aufgehen und als erstes größeres Opfer Jordanien fordern. Auch Scharon bleibt ein Risiko für den Frieden."

Schliesslich der Bonner GENERAL-ANZEIGER zu Nahost:

"Mit Arafat werde man nicht mehr reden, hat Scharon erklärt. Mit wem aber sonst? Dazu hat die israelische Regierung beredt geschwiegen.
Es liegt in der traurigen Logik einer solchen Politik, dass (der Anfang ist ja bereits gemacht) die palästinensischen Gebiete wieder völlig zum Protektorat Israels werden. Israelische Soldaten und Polizisten würden dann dort die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen, ohne allerdings - es wäre naiv, etwas anderes anzunehmen - diese Sicherheit schaffen zu können. Damit wären die Palästinenser von ihrem Ziel, dem eigenen Staat, weiter entfernt, denn je."

Themawechsel und ein Kommentar der FRANKFURTER RUNDSCHAU zur Kündigung des ABM-Vertrages durch die USA:

"Die Gelegenheit war zu günstig. George W. Bush hat den politischen Vorteil aus den tragischen Ereignissen des 11. September rücksichtslos ausgenutzt. Mit der Kündigung des historischen ABM-Vertrages hat der US-Präsident jetzt seinerseits Geschichte geschrieben, wenn auch in einem Akt der unrühmlichsten Art. Der 1972 zwischen den USA und der Sowjetunion ausgehandelte Abrüstungsvertrag war mit seinem Verbot einer landesweiten Raketenabwehr nicht mehr Zeitgemäß. Veränderungen, vielleicht sogar sein Ersatz, waren überfällig. ... die konventionelle Attacke auf das World Trade Center hat nicht die Argumente für Bushs Raketenabwehr gestärkt, sondern allein die Chance ihrer Durchsetzbarkeit."

Zum Abschluss das Thema Parteispenden mit Ex-Kanzler Kohls jüngster Befragung im Bundestags-Ausschuss. Dazu der MANNHEIMER MORGEN:

"Auch in seiner vierten Vernehmung hat Kohl die Namen für sich behalten. Trotzdem war die Arbeit des Gremiums nicht «für die Katz"». In dem Ausschuss wurden viele Details der illegalen CDU-Spendenpraxis offen gelegt. Die konspirative Übergabe von einer Million Mark auf einem Schweizer Parkplatz, die Million unter der Bettdecke eines Züricher Luxushotels, die Stiftungsgelder in Liechtenstein und die falschen Erbschaften der Hessen-CDU - kein Mensch hätte davon je erfahren, wenn der Ausschuss nicht immer wieder beharrlich nachgebohrt hätte. Auch die milliardenschwere Beteiligung der SPD an Medien-Unternehmen wäre ohne die Hinweise der CDU weiterhin nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten bekannt gewesen. Der Ausschuss hat also viel Stoff geliefert. Weniger für die Strafgerichte, eher für Steuerfahnder, für Krimi-Autoren und jene, die an Neufassungen des Parteiengesetzes arbeiten, um Ähnliches in Zukunft zu verhindern."

Und die SAARBRÜCKER ZEITUNG meint:

"Einen respektablen Grund für eine stolz geschwellte Brust haben CDU und CSU wahrlich nicht. Einmal ist der Verdacht nicht ausgeräumt, dass es etwa bei den Panzerverkäufen nach Saudi-Arabien oder dem Leuna-Minol-Geschäft nicht immer mit rechten Dingen zuging. Auch präsentierte sich Kohl gestern erneut als ungeläuterter Sünder, der sein Ehrenwort höher einstuft als die Gesetze der Republik. Auch wenn man dem verdienstvollen Einheitskanzler mehr Nachsicht zubilligen möchte als normalen Delinquenten: Korrekt ist Kohls Verhalten nicht."