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Pressestimmen von Freitag, 13.September 2002

zusammengestellt von Bernhard Schatz12. September 2002

Bush-Rede zum Irak / Etat-Debatte im Bundestag

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Die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen beschäftigen sich am Freitag vor allem mit der Rede von US-Präsident Bush vor der UN-Vollversammlung. Ein weiteres Kommentar-Thema: Der Haushalt 2003 im Bundestag.

Zu Bush meint DIE WELT:
'In der Diplomatie ist ein geladenes Gewehr oftmals wirkungsvoller als ein juristischer Schriftsatz. Spätestens Saddam Husseins Weigerung, von Kuwait zu lassen, hat dafür den Beweis angetreten. Elf Jahre hat der Diktator von Bagdad die Weltgemeinschaft an der Nase herumgeführt und sich um keine der viele Resolutionen geschert, die ihn zu Maß und Abbau von Massenvernichtungsmitteln bewegen wollten. Präsident George W. Bush wies in seiner Rede vor den Vereinten Nationen erneut darauf hin. Er will die Gefahr beseitigen, die von Saddam Hussein ausgeht - und das nicht allein, sondern im rechtlichen Rahmen der UNO, genehmigt vom Sicherheitsrat, Seite an Seite mit den Verbündeten... Bald wird sich die Frage stellen, wer einseitig die Beschlüsse der Weltgemeinschaft missachtet - die Vereinigten Staaten oder Deutschland. Womöglich handelt Washington bald internationaler als die sonst so emsigen Musterschüler des Multilateralismus. Die Tage der Gleichgültigkeit sind für den Irak jedenfalls vorbei.'

In der in Ludwigshafen erscheinenden RHEINPFALZ heisst es:
'Die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen steht auf dem Spiel. Mit dieser Botschaft trat US-Präsident Bush gestern vor die Völkergemeinschaft und übertrug ihr die Entscheidung über Krieg und Frieden. Die Supermacht erinnert die UN an ihre Verantwortung. Irak-Resolutionen gibt es genug. Sie werden aber weder befolgt noch durchgesetzt, und das seit fast vier Jahren. Wenn Saddam Hussein weiter mauert und wirksame Inspektionen nicht zulässt, kann die Weltgemeinde dies nicht länger hinnehmen, sondern muss geschlossen gegen ihn vorgehen.'

Kritik an der deutschen Haltung kommt von der BERLINER ZEITUNG:
'Die deutsche Außenpolitik greift in der Sache zu kurz. Und sie vergreift sich im Ton. Unter Freunden seien offene Worte angemessen, sagt Schröder. Aber erstens unterscheidet sich die Sprache der Diplomatie nun einmal von der des Stammtischs. Zweitens heißt eine Freundschaft zu pflegen, miteinander zu reden, nicht übereinander. Zwischen Schröder und Bush herrscht Funkstille. Nicht nur zwischen Schröder und Bush: Was ist aus dem besonderen Verhältnis des Kanzlers zu Tony Blair geworden? Blair steht fest an der Seite Bushs. Was ist aus dem traditionell engen Verhältnis zu Paris geworden? Chirac will Saddam nicht gewähren lassen, sondern ihm ein Ultimatum stellen. Vorerst macht der Kanzler im Wahlkampf Punkte, indem er sich klar von der amerikanischen Politik distanziert und einen eigenen 'deutschen Weg' beschreitet.'

Im NEUEN DEUTSCHLAND lesen wir:
'Nein, ein Ultimatum für die Beteiligung an seinem Feldzug gegen Irak wollte USA-Präsident Bush den Vereinten Nationen nun doch nicht stellen. Aber mal so richtig die Leviten lesen, weil sie sich von Bagdad auf der Nase herumtanzen ließen. Und das von jenem Staat, der die Weltorganisation wie kein anderer geschmäht und durch Geldentzug geschwächt hat. Der längst dabei ist, Völker- durch Faustrecht zu ersetzen. Der die UN-Charta oder Rüstungskontrollverträge vom Tisch wischt, wenn sie den eigenen geostrategischen Zielen entgegenstehen, und ein Recht auf Präventivkriege beansprucht. Allen Warnungen von UN-Generalsekretär Annan vor einem Washingtoner Alleingang zum Trotz hat Bush keinen Zweifel daran gelassen, dass man auch ohne Mandat gegen Bagdad vorgehen würde.'

Die B.Z. in Berlin sieht es so:
'Mit seinem UN-Auftritt hat US-Präsident George Bush ein weiteres Mal alle diejenigen enttäuscht, die in ihm einen schießwütigen Cowboy sehen oder sehen wollen. Klar und nüchtern beschrieb er die vom Irak ausgehenden Gefahren. Zu deren Abwehr reichte Bush der UN-Völkerfamilie die ausgestreckte Hand. Gemeinsam wolle man den Diktator in Bagdad in die Schranken weisen. Der amerikanische Präsident mit kalter und unabweisbarer Logik: Wenn die Resolutionen der UN nicht durchgesetzt werden können, stellt sich die Weltorganisation selbst in Frage.'

Zum Schluss ein Kommentar der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München zum Haushalt 2003, den Finanzminister Eichel im Bundestag vorstellte:

'Eichel hat die ersten Etappen geschafft. Am Ziel ist er noch lange nicht. Bekommt Schröder, mit welchen Koalitionspartner auch immer, ein neues Mandat - der neue Finanzminister wäre wohl der alte. Dann muss Eichel beweisen, dass er genug Puste für die Langstrecke hat. Die Prognose ist wenig gewagt: Im Vergleich zur ablaufenden Legislaturperiode werden in den kommenden Jahren die Probleme weitaus schwerer zu bewältigen sein. Lobbyisten aller Art sind im Abwehrkampf bestens gerüstet.'