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Pressestimmen von Freitag, 12. März 2004

Helmut Schmitz11. März 2004

Terroranschlag in Madrid / Rentenreform im Bundestag

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Herausragendes Thema in den Kommentaren der deutschen Tageszeitungen ist an diesem Freitag der Terroranschlag in Madrid. Kommentiert wird auch die Verabschiedung der Rentenreform durch den Bundestag.

Zum Anschlag in Spanien schreibt DIE WELT aus Berlin:

'Wie sich die Bilder gleichen! Fast 200 Tote, Hunderte von Verletzten und eine Stadt im Chaos: Hat Spanien nun seinen eigenen 11. September? Nie zuvor war der Terror auf dem Kontinent derart verheerend. Auf brutale Weise offenbart er, wie wenig es uns gelingt, uns und unsere Städte vor dem Terror, dieser asymmetrischen Art der Kriegführung, zu schützen. Wer hinter der Gewalt steht, lässt sich noch nicht sagen. Al Qaida schwirrt genauso im Raum wie die Eta. Beide Terrorgruppen könnten für die Tat verantwortlich sein.'

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT heißt es:

'Wir sehen die Bilder, aber wirklich verstehen können wir es nicht: Ein Terroranschlag mit nahezu 200 Toten, aber nicht in Bagdad, sondern mitten in einer europäischen Metropole. Verübt nicht von islamistischen Fanatikern, sondern von Spaniern, Mitgliedern der Terrororganisation Eta. Der Sympathisantenkreis von Eta reicht von Linksradikalen bis zu konservativen Katholiken. Sie treffen sich in einer vormodernen Blut-und Boden-Ideologie, streben ein "ethnisch reines" Baskenland an. Spanien braucht Unterstützung bei der Bekämpfung des Terrorismus. Alle europäischen Regierungen sollten aber auch viel klarer als in der Vergangenheit zeigen, dass die EU die Zersplitterung eines ihrer Mitgliedstaaten durch Separatisten nicht tolerieren wird.'

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN meinen:

'In ganz Europa ist der abscheuliche Anschlag als Angriff auf die Fundamente der Demokratie verstanden und verurteilt worden: Mit vollem Recht: Terror ist immer auch eine Absage an Menschenrechte, an das Prinzip der Toleranz, an die Charta der Vereinten Nationen, die alle Völker dazu verpflichtet, ihre Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen. Eine Volksgruppe (oder ihre selbst ernannte Führung), die zu Bomben greift, um ihre Unabhängigkeit gewaltsam zu erzwingen, kann nicht mit der Solidarität der europäischen Staaten rechnen. Sie stellt sich außerhalb der Rechtsordnung.'

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regenburg kommentiert:

'Indem Hunderte völlig unschuldiger und ahnungsloser Menschen zu Opfern werden, wollen die skrupellosen Täter vor allem das Sicherheitsgefühl der Bürger in den westlichen Demokratien unterhöhlen. So grauenerregend das Blutbad von Madrid auch sein mag, die mit hoher krimineller Intelligenz ausgestatteten Terroristen wissen ganz genau, dass sie einen funktionierenden demokratischen Staat mit Sprengsätzen in Zügen nicht einfach wegbomben können. Sie zielen vielmehr auf die Psyche der Bürger. Sie wollen möglichst weit verbreitet Angst schüren. Trifft es morgen schon London oder Paris, Berlin oder München?'

Themenwechsel: Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befasst sich mit der Rentenreform, die der Bundestag mit der Mehrheit der Regierungskoalition verabschiedet hat.

'Das Gesetz stellt mit einer neuen Anpassungsformel die Weichen für die langfristige Stabilisierung der Beitragssätze bei 22 Prozent. Der Preis dafür ist hoch: Er besteht im Abschied von der lebensstandardsichernden Funktion der Rente und in der Beschneidung des Leistungsniveaus um ein Fünftel. Das ist ganz schön mutig für eine Koalition im Umfragetief. Dass die SPD zur innerparteilichen Seelenmassage die Härte des Einschnitts zu kaschieren sucht, mag man unehrlich finden. An den Fakten ändert es wenig.'

Abschließend die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

'Dieses Gesetz ist eine Lachnummer. Und wer ihm traut, ein Narr. Quasi per Regierungsanweisung wurde gestern festgelegt, dass bis zum Jahr 2030 (!) das Mindest-Rentenniveau nicht unter 46 Prozent sinken darf. Genau so gut hätte das britische Oberhaus 1912 vor dem Auslaufen der "Titanic" verfügen können, dass das Schiff nicht unterzugehen habe. Die Koalition hat den Bürgern Sand in die Augen gestreut und ihnen weisgemacht, dass ihre Rente trotz radikaler Kürzungen im Alter noch ausreichend ist. Dabei weiß die Schröder-Crew längst, dass der Generationenvertrag aus der Bismarck-Ära tot ist.'