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Pressestimmen von Freitag, 12. April 2002

zusammengestellt von Bernhard Schatz11. April 2002

SPD wegen Kölner Spenden-Affäre in Bedrängnis / Bundesverfassungsgericht zu Wehrpflicht für Frauen

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Die deutschen Tageszeitungen kommentieren am Freitag vor allem die Situation der Bundes-SPD nach der Befragung einiger Landespolitiker zu gefälschten Spenden-Quittungen durch den Parteispenden-Ausscshuss des Bundestages. Ein weiteres Thema ist die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Wehrpflicht nur für Männer rechtens ist.

Zur SPD schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Was ist besser als ein Parteifreund? Ein reicher Parteifreund - einer, der so reich ist, dass er einer Reihe von Genossen Geld schenken kann, wenn auch in der Erwartung, dass die Beschenkten das Geschenk an die Partei spenden. In der Wirklichkeit ist der Parteifreund kein gütiger Schenker, sondern die Steigerung von Gegner und Neider. Wer also von einem SPD-Funktionär in Köln Geld entgegengenommen hat, für den gilt die Unschuldsvermutung nicht mehr, denn der wusste von Anfang an genau, dass da ein krummes Ding gedreht wurde. Die Sache war rundum ebenso abgekartet wie durchsichtig. Trotzdem wurde sie mit krimineller Entschlossenheit durchgezogen."

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heisst es:

"Ob Müntefering am 21. März von einem interessanten, aber gewiss nicht entscheidenden Brief eines Wirtschaftsprüfers aus Köln wusste, der am 14. März an die SPD-Schatzmeisterin geschickt wurde, ist für die Wahrheitsfindung zur Köln-Affäre aus heutiger Sicht eher unerheblich. Aber wie auch die Antwort lautet: Die SPD steht nicht gut da. Entweder der Generalsekretär hat den Brief verschwiegen: Dann hat er ein Transparenzproblem, das seine Glaubwürdigkeit berührt. Oder er wusste nichts davon: Dann ist der Vorgang mindestens peinlich und es stellen sich Fragen nach der Kooperation in der SPD-Führung. Deswegen nun gleich mit dem Vorwurf der "Lüge" zu operieren, wie die erfreute CDU es versucht, ist überzogen. Aber die SPD ist an dieser Steilvorlage für die Opposition selbst schuld."

DIE WELT sieht es so:

"Gestern ist das System, mit dem die SPD ihren Spendenskandal abwickeln wollte, durcheinander geraten. Zunächst versuchte man, den Skandal in Köln angesiedelt zu halten, wo sieben Jahre lang Schwarzgeld in die Parteikasse gepumpt und die Finanzämter betrogen wurden. In Düsseldorf fanden SPD-Landesvorsitzende nichts daran, dass ihr chronisch klammer Verband sich so vieler Barspenden erfreuen durfte. Und in Berlin hat niemand, schon gar nicht der frühere Landesvorsitzende Müntefering, etwas gewusst. Damit ist es vorbei. Denn klar ist, dass der von der SPD-Spitze beauftragte Wirtschaftsprüfer wenige Tage nach Bekanntwerden des Skandals detaillierte Kenntnisse über Spender und Beträge in der Berliner Schatzmeisterei ablieferte."

"Ein Skandal erster Güte", meint die OFFENBACH POST und schreibt weiter:

"Damit ist die Schlammlawine in Berlin angekommen. Oder, vorsichtig formuliert: Auch bei der Bundes-SPD wird die Wahrheit offensichtlich brutalstmöglich verbogen. Kirch-Pleite und Wahlkampfgedröhne drängten das Thema - manche mögen meinen: Gott sei Dank - zeitweise aus den Schlagzeilen. Aber es steht weiter auf der Tagesordnung."

Die DITHMARSCHER LANDESZEITUN aus Heide merkt an:

"Münteferings Partei, die den Zeigefinger in Richtung CDU immer ganz hoch reckt, steckt selbst tief im Spendensumpf. Sogar noch tiefer als Kohl, Koch & Co., weil den schwarzen Schafen unter den Roten Korruption nachzuweisen ist. Zu allem Übel taten Müntefering und die SPD-Bundesspitze auch noch nichts ahnend, obwohl ihnen seit einem Monat die Namen der dubiosen Spender vorliegen sollen. Der Heiligenschein des Scheinheiligen Franz ist damit endgültig verblasst."

Themenwechsel. Nach einer Entscheidung der höchsten deutschen Richter ist die Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer verfassungskonform. Der MANNHEIMER MORGEN kommentiert:

"Vorsicht, wenn das "starke Geschlecht" meint, es gebe gute Gründe, die für einen Zwangsdienst auch für Frauen sprächen. Solange dieses Land von einer völligen Gleichberechtigung von Männern und Frauen weit entfernt ist, sollte die Gleichverpflichtung kein Thema sein. Wer die nach wie vor vorhandene Benachteiligung der Frauen verschweigt, der heuchelt besser nicht mehr "Chancengleichheit" bei den Diensten herbei."

Zum Schluss die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zu diesem Thema:

"Eine allgemeine Dienstzeit für beide Geschlechter würde die Frage von Wehr- und Geschlechtergleichheit abschließend beantworten - und sie gleichzeitig in einen weiter gefassten Kontext überführen: Eine von virtuellen Erlebniswelten und wachsender Individualisierung geprägte Gesellschaft muss darüber nachdenken, ob sie ihre nachwachsende Generation auf dem geraden Weg zwischen Schulbank und Arbeitsplatz zu einem Umweg zwingt - zu einem Dienst an der Gemeinschaft also, der unvorhergesehene Lebenserfahrungen beschert, zu Solidarität erzieht, gesellschaftliches Engagement zur selbstverständlichen Pflicht erklärt. Soziales Engagement braucht Übung, warum soll man diese Ungeübten nicht verordnen?"