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Pressestimmen von Freitag, 11. April 2003

Eleonore Uhlich10. April 2003

Steuerkompromiß/Wiederaufbau im Irak

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Die deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Freitag mit dem Kompromiss im Steuerstreit sowie mit dem Aufbau des Iraks nach dem Ende des Krieges. Zunächst zum Steuerstreit.

Die in Rostock erscheinende OSTSEE-ZEITUNG schreibt:

'Na bitte, es geht doch. Der quälende Steuerstreit zwischen Regierung und Länderkammer wurde rascher beigelegt, als man das hätte vermuten können. Herausgekommen ist ein klassischer Kompromiss: Keine Seite hat ihre Maximalpositionen durchbekommen. Aber es wurde auch niemand über den Tisch gezogen. Und, ganz wichtig, jede Seite kann das Ergebnis im Nachhinein als eigenen Sieg verkünden. Die Union, weil sie einige Gift-Zähne in Eichels Steuervergünstigungs-Abbaugesetz hat ziehen können. Und die Regierung, weil etwas mehr Geld in die öffentlichen Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden gespült wird.'

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER führt aus:

'Der partei-übergreifende 'Hunger' nach mehr Geld in der Staatskasse bleibt - und ist nicht nur Hans Eichel eigen. Dafür werden schon die vielen Not leidenden Kommunen sorgen, die von der Teil-Einigung gar nicht profitieren. Und was ist, wenn nach der Steuerschätzung im Mai neue Etat-Löcher vorausgesagt werden? Eichel wird wohl schon bald einen neuen Anlauf nehmen, um die finanzschwachen CDU-Länder doch noch auf seine Seite zu ziehen. Beim Steuer-Poker hat Eichel viel gewollt und wenig bekommen. Die Union hat viel verhindert und wenig gestaltet.'

Der BERLINER KURIER ergänzt:

'So ist das mit Problemen, die nicht gelöst, sondern vor sich hergeschoben werden. Ganz kurz atmeten die Bürger auf, weil der große Steuerhammer gerade an ihnen vorbei ging. Nun schwebt ein neues Damoklesschwert über ihren Köpfen. Spar-Hans muss neue Quellen anzapfen. Er will nicht an der Mehrwertsteuer-Schraube drehen. Wenn es der letzte Ausweg ist, wird er es tun.'

Schließlich noch dazu die Zeitung DIE WELT:

'Hier wird wieder ein grundsätzliches Missverständnis der Bundesregierung deutlich. Wenn weniger Steuern erhöht werden als geplant, erscheint das der SPD so gut wie eine Steuersenkung zu sein. Die Gedanken der Parteien sind vorwiegend darauf gerichtet, Mittel zu finden, um ihre horrenden Ausgaben sichern zu können. Doch gerade in Zeiten der Krise ist das eine unrealistische Vorstellung. Es käme vor allem darauf an, die Bürger und die Wirtschaft nachhaltig zu entlasten, damit sie wieder konsumieren und investieren können. Der Staat muss sich stärker auf seine Kernaufgaben zurückziehen und Ausgaben entschlossen streichen.'

Zu der weiteren Entwicklung im Irak lesen wir im TAGESSPIEGEL aus Berlin:

'Mit dem Fall Bagdads hat die Nachkriegsordnung begonnen. Und damit der Moment der Entscheidung auch für die Bundesregierung. Für den Nahen Osten galt immer die Stabilitäts-Doktrin: Bloß nicht an den Diktaturen rühren, sonst wird alles noch schlimmer. Jetzt gerät mit dem Irak die ganze Region in Bewegung. Und weder Deutschland noch Europa haben ein Konzept, wie sie diesen Prozess beeinflussen wollen. Der Nahe Osten wird nicht mehr sein, was er war. Vor dieser schlichten Einsicht kann Europa die Augen verschließen - oder an der Zukunft mitbauen. Amerikanische Hemdsärmeligkeit und europäische Sensibilität könnten hier eine kreative Allianz eingehen.'

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER aus Hamm beleuchtet die Haltung der USA:

'Eine Nation, die ohne Rückhalt der Vereinten Nationen in den Krieg zog, wird auch danach darauf verzichten, wie und wo es ihr gefällt. Humanitäre Hilfe beim Wiederaufbau dürfte erwünscht, im finanziellen Bereich hoch willkommen sein; mehr nicht. Mit dem unerwartet schnellen Sturz des irakischen Regimes strafen die USA viele Skeptiker aus der Vorkriegszeit Lügen. Und weisen den Vereinten Nationen eine Rolle zu, der künftig noch schwerer zu widersprechen sein dürfte: Spielt mit - nach unseren Regeln.'

Die in Ludwigshafen erscheinende Zeitung DIE RHEINPFALZ stellt fest:

'Es ist blauäugig anzunehmen, die USA zögen in den Krieg, um die politischen Früchte ihres militärischen Sieges anderen zu überlassen. Die USA werden in Bagdad keine Verwaltung dulden, die ihren Interessen nicht entspricht - zumal, wenn sie weitergehende Pläne für die Neuordnung der gesamten Region haben. Das mag man beklagen, aber es wird so sein.'