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Pressestimmen von Freitag, 08. März 2002

zusammengestellt von Helmut Schmitz7. März 2002

Bundeswehr-Afghanistan/SPD-Spendenskandal

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Hauptthema der Kommentare in den deutschen Tageszeitungen ist am Freitag das Explosionsunglück in Afghanistan, bei dem auch deutsche Soldaten getötet worden sind. Außerdem kommentieren die Zeitungen den Spendenskandal in der Kölner SPD.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München befasst sich mit den Folgen für die Bundeswehr nach dem Unglück von Kabul:
Deutsche Spezial-Soldaten sind nach unmissverständlichen Aussagen amerikanischer Quellen bei den Kämpfen sehr weit vorne mit dabei. Es herrscht eine berechtigte Sorge um das Leben dieser Kommando-Soldaten. Es sollten aber nicht die ums Leben gekommenen Soldaten eines Kampfmittelbeseitigungstrupps zu Nationalhelden stilisiert werden. Es sind keine Soldaten in den Höhlen von Gardez ums Leben gekommen, es sind auch keine Patrouillen auf Streife von einem aufgebrachten Mob umgebracht worden. Es ist ein Unfall passiert. Kein quasi-ziviler, wie es ein Autounfall wäre, sondern ein militärischer. Aber ein Unfall - ein Arbeitsunfall.

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER schreibt:
Die Risiken für deutsche Soldaten haben sich mit jeder Auslandsmission sukzessive erhöht. Afghanistan ist ein neuer Gradmesser für das, was Militärs gerne Leistungsfähigkeit und Professionalität nennen. Selbst bei bester Vorbereitung sind die Gefahren in einem entstaatlichten Land wie Afghanistan zu hoch, um nicht doch einen tragischen Unfall wie den von Kabul miteinkalkulieren zu müssen. Diese Abwägung haben die politische und die militärische Führung getroffen, bevor sie den Marschbefehl gegeben haben. Die Entscheidung ist letztlich eine politische, das persönliche Risiko tragen die Soldaten, weil es ihr Beruf ist. Und dieses Risiko ist nicht länger abstrakt.

In der MITTELBAYERISCHEN ZEITUNG aus Regensburg heißt es dazu:
Gibt es eine Alternative zu den lebensgefährlichen Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan, auf dem Balkan oder vielleicht demnächst in Somalia oder dem Irak? Leider nein. Denn mit der deutschen Einheit und der voll wiedererlangten staatlichen Souveränität wurde Deutschland 1990 in die Rolle einer europäischen Großmacht mit weltpolitischem Gewicht katapultiert. Seitdem sind die seligen Zeiten weitgehender außenpolitischer Verantwortungslosigkeit vorbei. 'Wirtschaftlicher Riese - politischer Zwerg', das beliebte Motto der alten Bundesrepublik, gilt nicht mehr.

Mit der Spendenaffäre in Köln beschäftigt sich die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG:
Der Knackpunkt der Kölner Spendenaffäre (...) geht weit über die Domstadt hinaus, auch wenn in Köln mit seinem filzartigen Klüngelsystem das Prinzip der einen Hand, die die andere wäscht, zu einer gewissen Perfektion gebracht wurde. Von größerer Bedeutung ist, dass der Skandal - nach der CDU-Spendenaffäre - die Erosion des Rechtsbewusstseins vorantreibt. Schamlose Vorteilssicherung dieser Art wurde bisher von westlichen Moralpredigern überwiegend in Staaten mit hohem Sonnenstand lokalisiert - in Afrika beispielsweise. Doch in der Bundesrepublik ist es längst Zeit, den Besen vor der eigenen Haustür zu benutzen - es hat sich genug Dreck angesammelt.

Der MANNHEIMER MORGEN meint:
Es brennt lichterloh am Dach der SPD. Mit der Durchsuchung von Parteibüros durch die Staatsanwaltschaft hat die Kölner Spenden-Affäre dramatische Ausmaße angenommen. Jetzt sind auch die Sozialdemokraten in einen Spendenskandal verwickelt. Mit der gut halben Million Mark aus der Privatschatulle eines Kölner Müll-Unternehmers, die nicht im Rechenschaftsbericht der Partei auftauchen, steht nicht nur der Ruf der Schröder-Partei auf dem Spiel. Auch Schröders Wahlchancen sind ernsthaft gefährdet. DerBürger wendet sich wieder einmal mit Grausen ab von der politischen Szene.

Abschließend die BERLINER MORGENPOST zu diesem Thema:
Man kann nur ahnen, mit welcher Genugtuung Helmut Kohl dieser Tage in den Zeitungen blättert: Eben jene, die den Alt-Kanzler gnadenlos jagten, stehen plötzlich selbst in der Schusslinie. Allen voran Franz Müntefering. Schröders General, der die größten Steine in Richtung Union warf, sitzt selbst im Glashaus. Das rächt sich jetzt.Der Kölner Spenden-Sumpf hat endgültig Berlin erreicht. Wer sollte der Union verdenken, dass sie im Wahljahr aus dem Skandal Kapital zu schlagen versucht? Schließlich nutzte einst auch Rot-Grün die Krise der CDU weidlich aus. Jetzt haben sich die Rollen vertauscht: Die einen stoßen Verdächtigungen aus, die anderen versprechen brutalst mögliche Aufklärung. Der Wähler schaut dem Treiben sprachlos zu.