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Pressestimmen von Freitag, 07. März 2003

Reinhard Kleber10. März 2003

Irak-Krise / Anstieg der Arbeitlosigkeit / EZB senkt Leitzinsen

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen richten ihren Blick abermals auf die jüngste Entwicklung im Irak-Konflikt. Weitere Themen sind die neuen Arbeitslosenzahlen und die Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank.

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen wir zur Irakpolitik der USA:

"Amerika wie auch die Europäer und Kanada fordern die Abrüstung, sie benennen konkret Waffensysteme, sie wollen eine Frist setzen. Theoretisch ließe sich die Kluft in ein paar Verhandlungsrunden überbrücken, die neue Forderung in Worte gießen und per Resolution ein letztes Mal Saddam Hussein vor die Füße legen. Theoretisch. Tatsächlich ist die Causa Saddam ohne den Subtext nicht mehr zu lesen. Es geht eben auch um den Regimewechsel und die Neuordnung der arabischen Welt, es geht um die Idee der Prävention und die Fortschreibung des Völkerrechts, es geht um die Anpassung der internationalen Systeme an die neuen Machtverhältnisse auf der Welt. Am Ende ist dies zu viel Ballast, als dass sich der Konflikt mit einer Resolution und kühlem Verstand lösen ließe. Denn der kühle Verstand scheint Washington verloren gegangen."

Das Berliner Blatt DIE WELT beleuchtet dagegen die Haltung der britischen Regierung:

"Der britische Premier ist ein Politprofi. Insofern weiß Tony Blair auch ganz genau, worum es für ihn bei der Frage um Krieg und Frieden im Irak geht: Es geht um nicht weniger als sein politisches Überleben, weil die Briten diesen Krieg ohne UN-Mandat mehrheitlich ablehnen. Deshalb braucht er das UN-Plazet für einen Angriff nötiger als sein Partner in Washington. Und deshalb ringt vor allem er um eine Kompromissformel, die auch die bisher widerstrebenden Veto-Mächte im Rat akzeptieren können. Danach aber sieht es zurzeit nicht aus: Moskau, Paris und Peking sträuben sich und drohen offen mit ihrem Nein. Aber wer von ihnen wird es wirklich auf eine verbissene Konfrontation mit der Supermacht ankommen lassen?"

Die Debatte über den Anstieg der Arbeitslosenzahlen veranlasst die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz zu folgender Stellungnahme:

"Phrasen und gegenseitige Schuldzuweisungen sind nichts anderes als vergeudete Kraft. Jedes Quäntchen Energie wird indes ganz dringend für die Lösung der drei großen Probleme benötigt: die Lohnnebenkosten sind zu hoch, die Kaufkraft zu gering und das Arbeitsrecht zu unflexibel. Wenn Kanzler Schröder hier nicht endlich energisch handelt und sich von falscher Rücksichtnahme verabschiedet, werden immer weniger Menschen den Staat mit Lohnsteuer unterstützen - ganz und gar unfreiwillig."

In der HEILBRONNER STIMME heißt es zum gleichen Thema:

"Bewegt er sich doch noch, der deutsche Arbeitsmarkt? Die Unruhe bei den Tarifpartnern und bei der Bundesregierung erinnert derzeit allzu sehr an das Rudern einer Schildkröte, die auf dem Rücken liegt. Zu viele Sachzwänge behindern die Handlungsfreiheit, zu groß ist die Abhängigkeit von der Weltwirtschaft. Doch der Umbau der Deutschland AG steht an. Jetzt muss sich das Land bewegen. Sonst kommt es auch dann nicht von der Stelle, wenn es die Füße wieder auf dem Boden hat."

Angesichts der Senkung der Leitzinsen durch die Zentralbank merkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU an:

"Diesen Beschluss hätten sich die EZB-Vertreter sparen können. Mit Verlaub: Den Leitzins um einen Viertel Punkt zu senken, ist Firlefanz und dem Ernst der Lage völlig unangemessen. Was muss eigenlich noch passieren, damit die Damen und Herren in ihren monetären Elfenbeintürmen aufwachen und begreifen, was draußen in der Welt vorgeht? Haben sie noch nicht mitbekommen, dass die Wirtschaft am Rande einer Rezession steht?"

Zum Schluss lassen wir die KÖLNISCHE RUNDSCHAU zu Wort kommen:

"Die Wirtschaft wird nach immer weiteren Zinssenkungen verlangen, deren Wirkung so lange verpuffen, so lange Investoren und Verbraucher nicht auf höhere Einkommen hoffen können. Das aber kann nicht Geldpolitik bewirken, das geht an tiefere Strukturen der Volkswirtschaften. Hier müssen die Regierungen mit ihrer Politik für bessere Bedingungen des Wirtschaftens sorgen. Das weiß auch die Notenbank. Nicht umsonst mahnt Wim Duisenberg die Regierungen ständig zu Strukturreformen. Solange diese tiefer liegenden Ursachen nicht beseitigt werden, solange wird sich die Wirtschaft nicht
nachhaltig erholen."