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Pressestimmen von Freitag, 04. April 2003

Reinhard Kleber3. April 2003

Regierungserklärung des Kanzlers zu Irak / Arbeitslosenzahlen für März

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Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Irak-Krieg und den Folgen steht im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tagespresse. Ein weiteres Thema sind die jüngsten enttäuschenden Zahlen zum Arbeitsmarkt.

Zu den Darlegungen des Kanzlers im Bundestag schreibt die Berliner Tageszeitung DIE WELT:

"Nicht an Zielen, wohl aber an Konzepten ist der Kanzler einiges schuldig geblieben: EU, Nato, Uno stärken, gut und schön. Aber wie? Sich allein nach der alten multilateralen Welt zurückzusehnen, wird nicht reichen, weil es den Amerikanern nicht reichen wird. Es hat seinen Preis, den so nötigen wie berechtigten Einfluss auf Washington zurückzugewinnen. Zu zahlen ist er Form von Veränderungen des Völkerrechts und der handfesten Stärkung der EU-Außenpolitik samt militärischer Einsätze. Das ist deutsches Interesse. Um Europa so weit zu bekommen, wird ein Kern von ernsthaft entschlossenen Mitgliedsstaaten den Anfang machen müssen."

Zum gleichen Thema merkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU an:

"Statt die USA direkt anzugehen, was den Konflikt unnötig verschärfen und zudem Ansätzen zu plattem Anti-Amerikanismus Vorschub leisten würde, umwirbt der Kanzler den irritierten US-Waffenbruder Großbritannien. Das ist für Schröders Verhältnisse sensationell subtil. Und richtig ist es auch: Ob Europa aus dem diplomatischen Desaster Irak letztlich gestärkt hervorgeht, hängt entscheidend davon ab, dass sich die Briten der Vorzüge alter Selbstverständlichkeiten erinnern."

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock richtet ihren Blick auf die Überlegungen zum Nachkriegsszenario im Irak.

"Statt über die US-Intervention im Schmollwinkel zu verharren, bot Schröder Grundzüge einer Nachkriegsentwicklung an. Motto: Der Krach mit den Amerikanern war gestern, nun heißt es, die Ärmel aufzukrempeln für den Wideraufbau. Schröder hat Bush die Hand ausgestreckt. Im Kern geht es dem Kanzler um die Frage, ob nach dem Krieg die USA, gestützt auf ihre Militärmacht, die Entwicklung diktieren oder ob die internationale Gemeinschaft, UNO und EU, maßgeblich daran beteiligt werden. Und parteipolitisch ging es gestern um die Frage, ob man auch einmal vom Kurs des großen Bündnispartners jenseits des Atlantik abrücken darf oder ob man zu allem Ja und Amen sagen muss. Schröder steht für das eine, Merkel für das andere."

Dagegen beleuchtet die BERLINER ZEITUNG die Debatte über den Wiederaufbau des Irak:

"Europas Politiker sollten sich bemühen, die USA für die internationale Zusammenarbeit zurückzugewinnen. Gerade weil es in der Macht der Amerikaner liegt, die EU in ihren Grundfesten zu zerstören, müssen die Europäer ihr Bestes tun, sie davon abzubringen. Das wichtigste Instrument dafür sind die Vereinten Nationen; der beste Anlass der Wiederaufbau des Irak. Schwierig und mühselig dürfte das werden, ein Erfolg ist in keiner Weise garantiert. Aber an diesem Donnerstag mehrten sich die Hoffnungszeichen. Nach Wochen des eisigen Schweigens reiste US-Außenminister Powell nach Brüssel, um mit Nato und EU über den Wiederaufbau zu sprechen. Denn auch für die US-Regierung wird das Geld knapp."

Themenwechsel. Angesichts der jüngsten Arbeitlosenbilanz lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München:

"Nur gut, dass die Arbeitlosenzahlen aus diesmal nicht angenehm überrascht haben. Dass die Wirtschaft weiter lahmt und sich niemand darauf berufen kann, es werde alles bald wieder besser werden. Sonst könnte die Regierung am Ende doch wieder unter der schützenden Bettdecke verschwinden und friedlich weiter schlummern. Diesen Bewegungsspielraum aber hat sie nicht. Noch kann Schröder beweisen, dass er den Problemen gewachsen ist. Dann wird weder die eine noch die andere Lobby für einen heißen Mai sorgen, sondern die Regierung selbst."

In den BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe heißt es dazu:

"Auch ohne den Irakkrieg, der Investoren und Verbraucher weltweit verunsichert, gingen die Arbeitslosenzahlen unaufhörlich in die Höhe. Anstatt gleich nach der Bundestagswahl mit einem ausgefeilten Reformkonzept ins Rennen um Zustimmung in der Bevölkerung zu gehen, wurde viel Zeit vertan. Jetzt will der Kanzler in einem Gewaltakt nachholen, was er besser gleich nach der gewonnenen Parlamentswahl auf den Weg gebracht hätte."