1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Donnerstag, 5. Januar 2006

Barbara Zwirner4. Januar 2006

Gas-Streit Russland-Ukraine / CSU-Klausur in Wildbad Kreuth

https://p.dw.com/p/7kSk
Russland und die Ukraine haben ihren Gas-Streit mit einem Kompromiss beigelegt. Beide werden künftig mehr zahlen müssen, die Ukraine für Gaslieferungen, Russland für den Transit von Erdgas durch die Ukraine. Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse sehen die Einigung nicht ohne Skepsis.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meint: "Die Einigung ist kein Grund, sich beruhigt zurückzulehnen und im auch künftig gut geheizten Polit-Planungsbüro erleichtert durchzuatmen. Der Konflikt war ein kurzes Wintergewitter. Der Rohstoff-Imperialismus ist aufgeblitzt, wieder einmal. Wer über den fossilen Energie-Rohstoff verfügt, sei er ölig-flüssig oder gasförmig, verfügt über eine scharfe Waffe. Russland hat vorgeführt, wozu sie taugt."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder schreibt:

"Das hörbare Aufatmen in der EU könnte sich als verfrüht erweisen. Die Europäer müssen endlich begreifen, dass es sich bei der Teile-und-Herrsche-Politik Putins nicht allein um ein energiepolitisches, sondern auch um ein außenpolitisches Problem handelt. Von Bundeskanzlerin Merkel war diesbezüglich nichts zu hören. Die Union, die noch im Wahlkampf eine härtere Gangart gegen Russland ankündigte, ist in Regierungsverantwortung schnell auf den von Schröder praktizierten Schmusekurs eingeschwenkt. Der Westen sollte sich nichts vormachen: Allumfassende Kontrolle nach innen und massive Einflussnahme nach außen sind Putins Markenzeichen."

Die in Erfurt erscheinene THÜRINGER ALLGEMEINE kommentiert:

"Die Führungen Russlands und der Ukraine haben ein Einsehen: Sie sägten an dem Ast, auf dem sie sitzen und fanden daher doch noch einen Kompromiss bei ihrem Gasstreit. Durch Mittel- und Westeuropa zuckte der Schreck, dass die Gaslieferungen aus Russland, die selbst im Kalten Krieg als zuverlässig galten, der Willkür nicht sonderlich weitsichtiger Politiker entlang der Pipelines unterliegen. Für die EU war dies ein Signal, weit schneller als bislang beabsichtigt, Alternativen zum Gas aus dem Osten voranzutreiben."

Und schließlich das Düsseldorfer HANDELSBALTT:

"Die Einigung im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland kommt nun doch sehr viel schneller, als man erwarten konnte. Der Kompromiss wird jedoch nur dann von Dauer sein, wenn beide Seiten ihr Verhalten ändern. Die USA und die EU sind gefordert, Moskau und Kiew in einen Dialog über eine sichere Energieversorgung einzubinden. Bisher setzt der Westen jedoch allein Russland unter Druck, sein imperiales Gebaren zu mäßigen. Viele Medien karikieren Wladimir Putin als finsteren Kremldespoten und erhöhen Wiktor Juschtschenko umgekehrt zur demokratischen Lichtgestalt. In Wahrheit verbindet die beiden in ihrem postsowjetischen Politikstil nach wie vor mehr, als sie trennt."


Themenwechsel: Im oberbayerischen Wildbad Kreuth ist die CSU-Landesgruppe im Bundestag zu ihrer traditionellen Winterklausur zusammengekommen. Die Kommentatoren der deutschen Tagespresse interessiert vor allem das Selbstverständis der Partei vor dem Hintergrund ihrer Regierungsbeteiligung.

In der FULDAER ZEITUNG lesen wir:

"Hat die CSU noch nicht gemerkt, dass sie auf Bundesebene nicht mehr in der Opposition ist, sondern zusammen mit CDU und SPD regiert? Oder sind Stoiber und Co. einfach notorische Querulanten, die es für ihre Aufgabe halten, ihren Koalitionspartnern das Leben schwer zu machen? Die Querschüsse aus Bayern sind jedenfalls überflüssig und zeugen von einer gehörigen Portion Beziehungsunfähigkeit. Genau das kann Deutschland im Augenblick überhaupt nicht gebrauchen."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg merkt an:

"Wird es der CSU gelingen, sich zur zwar kleinen, aber richtungsweisenden Kraft in der großen Koalition zu entwickeln? Oder wird sie doch nur das kleine Beiboot neben den beiden Tankern CDU und SPD bleiben? Voraussetzung für eine Schärfung des Profils ist auf alle Fälle die Beendigung innerparteilicher Streitereien. Die Landesgruppe vermied daher in Kreuth eine erneute Diskussion über die Person von Edmund Stoiber. Ein allzu schwacher Parteichef und Ministerpräsident vermindert schließlich auch die Einflussmöglichkeiten der CSU in Berlin."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER stellt fest:

"Die CSU muss als kleinste Partei in der großen Koalition darum kämpfen, nicht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Die sperrigen Formulierungen, mit denen die CSU-Oberen ihre neue Rolle beschreiben, verraten ihre ganze Unsicherheit. 'Scharnier' will man sein, 'Brücke' oder 'Klammer' zwischen den Marktradikalen der CDU und den Sozialromantikern in der SPD. Dabei haben die Christlich- Sozialen selbst noch nicht die Antwort gefunden, wie soziale Sicherheit, unternehmerische Verantwortung und staatliche Fürsorge in Zeiten von Rekordverschuldung, alternder Gesellschaft und Globalisierung zu gestalten sind."

Die 'tz' aus München schließlich nimmt den Parteivorsitzenden in den Blick:

"Alle lieben Stoiber - die Botschaft aus Kreuth ist fast schon zu deutlich, um nicht verdächtig zu wirken. Öffentliche Liebesschwüre wie «Er ist völlig unangefochten» können den Parteichef nicht in der Sicherheit wiegen, dass ihm sein Berliner Hin-und-Her verziehen ist. Tatsächlich wird Stoiber derzeit nur geduldet - mangels Alternativen. Um die bayerische Wiederauferstehungsformel «Bitten, Bereuen und Büßen» kommt er also keinesfalls herum. Zwar deutet eine neue Umfrage an, dass die CSU dank großer Koalition in Berlin wieder im Aufwind ist, Stoiber bleibt in der Wählergunst aber angeschlagen."