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Pressestimmen von Donnerstag, 29. Mai 2003

zusammengestellt von Reinhard Kleber 28. Mai 2003

Koalitionskrise in Nordrhein-Westfalen / Ökumenischer Kirchentag in Berlin / Spekulationen über Rentenkürzung

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen befassen sich vor allem mit der Krise der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen. Weitere Themen sind der Ökumenische Kirchentag in Berlin und die jüngsten Spekulationen über eine drohende Rentenkürzung.

Zur brüchigen Koalition zwischen SPD und Grünen an Rhein und Ruhr lesen wir im Kölner EXPRESS:

'Peer Steinbrück - den Namen kannten vor Wochen nur wenige Bürger im Lande, obwohl der Mann seit 6. November 2002 als Ministerpräsident des größten deutschen Bundeslandes in Düsseldorf residiert. Doch mit einem Paukenschlag wurde der bislang farblose SPD-Politiker plötzlich bekannt wie ein bunter Hund, weil er gegen seinen grünen Koalitionspartner einen Streit vom Zaun gebrochen hat, den kaum ein Wähler versteht. Was hat er nur? Was will er nur? So richtig Klartext hat Steinbrück bisher dazu noch nicht geredet. Sicher, in der Koalition mit den Grünen gibt es immer wieder Streit um Fragen der Verkehrs- und Umweltpolitik. Das war jedoch unter Steinbrücks Vorgängern Johannes Rau und Wolfgang Clement nicht viel anders.'

Zur vorgezogenen Unterredung zwischen Steinbrück und Kanzler Schröder meint die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf:

'Das Ergebnis des Treffens ist ein für diese bleiernen Tage typischer Formelkompromiss, der die Landesregierung des größten Bundeslandes nicht aus ihrer selbst verschuldeten Lähmung befreit. Der Kanzler hat dabei erreicht, dass die Debatte über die Zukunftsfähigkeit von Rot-Grün vorerst nicht auf Berlin überschwappt. Peer Steinbrück kann dagegen für sich reklamieren, dass er jederzeit vor der Sommerpause aus der Koalition mit den Grünen aussteigen kann, von der er offenbar nicht mehr weiß, warum er sie überhaupt anführt. Eine Regierungskrise auf Wiedervorlage: Was für ein Ergebnis.'

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN-ZEITUNG aus Essen meint zum gleichen Thema:

'Das von vielen bereits als Krisengipfel apostrophierte Treffen in Berlin war also eine Aktion Gesichtswahrung und der Versuch, endlich den Dampf aus dem schon mächtig pfeifenden Kessel zu lassen. Das ist fürs Erste gelungen. Das konstruktive Element scheint sich gegen das destruktive durchgesetzt zu haben. Steinbrück wurde gebremst, aber nicht ausgebremst. Geklärt wurde zwar nichts, man hat aber Zeit gewonnen, und die SPD kann den Disziplinierungsdruck auf die Grünen aufrecht erhalten. Ergebnisoffen heißt das Zauberwort. Spätestens dann aber, wenn es im Sommer in die Etatberatungen geht, wo es so gut wie nichts zu verteilen gibt, wird man sehen, wie ernst es den Sozialdemokraten im Lande ist, an der ermatteten und um Luft ringenden Koalition festzuhalten.'

Mit Blick auf den ersten ökumenischen Kirchentag in Berlin schreibt der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg, die Kirchen seien zur Ökumene geradezu 'verdammt' und führt aus:

'Der Berliner Kirchentag mit seinen 200.000 Teilnehmern wirkt da wie eine Abstimmung mit den Füßen - die Basis der Kirchen geht längst aufeinander zu. Ob dies schon der «Vorhof zur Einheit der Kirchen» sein kann, wie die evangelische Kirchentags-Präsidentin Elisabeth Raiser hoffnungsfroh anmerkte, wird wohl noch einige Zeit abzuwarten sein. Rom wurde bekanntlich nicht an einem Tag erbaut; es wird auch nicht an einem Tag umgebaut werden können.'

Zum Schluss zitieren wir die RECKLINGHÄUSER ZEITUNG aus Marl zu den jüngsten Spekulationen über die Zukunft der Renten:

'Nun ist es raus, das Tabuwort, das die Regierung offiziell meidet wie der Teufel das Weihwasser: RENTENKÜRZUNG. Noch will Bundeskonkursverwalter Hans Eichel nichts gesagt haben, noch geistert es als ihm indirekt zugeschriebene Äußerung durch die Medien. Die deutschen Sozialsysteme, auf die wir Jahrzehnte lang so stolz waren, sind am Ende. Die Arbeitslosenhilfe abgeschrieben. Die Krankenversicherung ein Patient im Sterbebett. Die Pflegeversicherung gerade geboren, schon selbst pflegebedürftig. Und die Alterssicherung wird zur Lotterie. Aber wo ist die Alternative zur augenblicklichen Flickschusterei? Union und Liberale hatten in ihren langen Oppositionsjahren eigentlich genug Zeit für die schonungslos ehrliche auch selbstkritische Bestandsaufnahme, den großen, vielleicht schmerzhaften, aber gerechten Zukunftsentwurf... Wo ist er???'