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Pressestimmen von Donnerstag, 29. Juli 2004

Arian Fariborz28. Juli 2004

Konjunkturlage in Deutschland/Neues Energiewirtschaftsgesetz /Abzug von 'Ärzte ohne Grenzen' aus Afghanistan

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Die Konjunkturaussichten in Deutschland, die Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes sowie der Rückzug der Hilfsorganisation 'Ärzte ohne Grenzen' aus Afghanistan sind die beherrschenden Themen der Kommentare in deutschen Tageszeitungen.

Über das Wirtschaftswachstum in Deutschland urteilt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Die allmählich anspringende Konjunktur kann über die 'strukturelle', im wesentlichen politisch bedingte Wachstumsschwäche des Euro-Raums nicht hinwegtäuschen. (...) Immerhin mehren sich jetzt die Signale, dass die Regierenden erkannt haben, dass und wo sich etwas ändern muss. Nach der deutschen stellt nun auch die französische Regierung die 35-Stunden-Woche in Frage, in Italien wird die Haushaltskonsolidierung mit größerem Ernst betrieben. Es bewegt sich also etwas; für sich genommen ist das Anlass zur Hoffnung. Dass sich aber beispielsweise die Wochenarbeitszeit nicht von heute auf morgen ändern wird, ist schon deshalb klar, weil diese Frage nicht einfach per Regierungsbeschluss entschieden werden kann. Immerhin dürfte die Arbeitszeitdiskussion jetzt an Dynamik gewinnen."

Und in Hinblick auf die anhaltende Konsumflaute kommt die THÜRINGER ALLGEMEINE zu dem Schluß:

"Wolfgang Clement bejubelt die zaghaften Anzeichen als wäre der ersehnte Aufschwung nur noch eine Frage der Zeit. Angesichts der Querelen um das Arbeitslosengeld II dürften viele Verbraucher sich jedoch weiter in Zurückhaltung üben. Das ist das eigentliche Problem: So lange die Binnennachfrage zu schwach ist, kommt die Konjunktur nicht, wie erhofft, in Gang. Steuersenkungen zu Jahresbeginn werden durch Belastungen an anderer Stelle zunichte gemacht. Praxisgebühr. Höhere Zuzahlungen. Steigende Benzinpreise. Hinzu kommt, dass jene, die Geld ausgeben könnten, verunsichert sind und lieber sparen. Viele hingegen können weder das eine noch das andere so recht."

Ähnlich kritisch urteilt die Tageszeitung NEUES DEUTSCHLAND:

"Die Deutschen haben immer weniger Lust zum Einkaufen. Zu groß ist die Verunsicherung im Gefolge der rot-grünen Reformitis. Erst mussten die Bürger für ihre medizinische Versorgung tiefer in die eigene Tasche greifen. Jetzt winken teure Zusatzversicherungen. Und auf dem Arbeitsmarkt kommt es knüppeldick. Hartz IV wird viele Arbeitslose in Armut stürzen. Dass diese jeden Cent für die absehbar miserablen Zeiten zurückhalten, ist klar."

Zu der Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes meint die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND:

"Wolfgang Clement hat eine gute Nachricht: Die Strompreise in Deutschland werden sinken, dank des neuen Energiewirtschaftsgesetzes, das das Kabinett gestern verabschiedet hat. Die frohe Botschaft des Wirtschaftsministers lässt sich aber auch anders lesen. Zum Beispiel so: Eben weil die Bundesregierung dieses Gesetz erst jetzt einbringt, haben Deutschlands Verbraucher - private wie kommerzielle - in den vergangenen vier Jahren rund 24 Mrd. Euro zu viel für Strom und Gas gezahlt. Auch Clements wohlklingendes Versprechen kann nicht kaschieren, dass dieses Gesetz ein Ärgernis ist: Es kommt zu spät und setzt falsch an."

Themawechsel: Über den Abzug der Hilfsorganisation 'Ärzte ohne Grenzen' schreibt das HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"Dass eine anerkannte und respektierte Hilfsorganisation wie 'Ärzte ohne Grenzen' ihre Arbeit in Afghanistan einstellt, ist bereits bedauerlich. Doch dass sie das Ende eines 24 Jahre währenden Engagements vor allem mit krassen Fehlern von Regierung und Besatzern begründet, ist alarmierend. So hat ein offensichtlicher Unwille der afghanischen Politik und der Sicherheitskräfte bislang verhindert, die Mörder von fünf Mitarbeitern der 'Ärzte ohne Grenzen' zu finden. Und eine gefährliche Verquickung von Militär und Hilfe hat dazu geführt, dass Helfer mancherorts nur noch als verlängerter Arm der Invasionstruppen betrachtet werden. Dass dies tödlich sein kann, mussten die Ärzte bei dem Anschlag Anfang Juni erkennen. In einem Schreiben der Taliban wurde zwischen humanitären und militärischen Absichten gar nicht mehr unterschieden."